Renaissance der Atomenergie?

Atomgipfel: Kernkraft in Europa auf dem Vormarsch

Mehr als 30 Länder kündigten beim Atomgipfel in Brüssel an, den Ausbau der Kernenergie bis 2050 zu verdreifachen.

Heute For Future
Atomgipfel: Kernkraft in Europa auf dem Vormarsch
Belgien und die Internationale Atomenergiebehörde haben zu einem Atomgipfel in Brüssel geladen.
KENZO TRIBOUILLARD / AFP / picturedesk.com

Die Europäische Union ist bezüglich Atomkraft gespalten. Während viele Länder Kernenergie als zuverlässige Energiequelle betrachten, sehen Kritiker die Atomkraft als absolut ungeeignet an, um die Klimaziele zu erreichen. Investitionen in Atomkraft gelten, wie die Technologie selbst, als hochriskant.

Auf Einladung des aktuellen belgischen EU-Ratsvorsitzes und der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) trafen sich am Donnerstag mehrere Staats- und Regierungschefs und Vertreter aus insgesamt 35 Ländern innerhalb und außerhalb der EU, die bereits Kernenergie nutzen, und solcher, die sie künftig nutzen wollen, zum ersten weltweiten "Atomenergiegipfel" (Nuclear Energy Summit 2024). Das Ziel: Lobbying für die Atomindustrie. Das Hauptargument: der Klimawandel.

Wachsende Allianzen pro Kernkraft

Bei der Weltklimakonferenz COP28 in Dubai im Dezember wurde die Kernenergie zu einem wichtigen Teil der Lösung im internationalen Kampf gegen den Klimawandel erklärt. Die Atomkraft wurde sogar im Abschlussdokument in einem Zug mit erneuerbaren Energien genannt.

Vor rund einem Jahr hatte sich eine Allianz aus anfangs elf europäischen Staaten zusammengetan, um im Bereich der zivilen Nutzung und Forschung der Kernenergie zusammenzuarbeiten. Inzwischen ist die Allianz auf 14 Mitglieder angewachsen. Sie bilden damit eine Mehrheit unter den EU-Staaten.

Renaissance der Atomkraft

Angeführt wird die Allianz von Frankreich, das rund 65 Prozent seines Stroms aus Kernkraft bezieht. Ziel ist es, die in Europa installierte Leistung von Kernkraftwerken bis 2050 auf 150 Gigawatt zu steigern – ein Plus von rund 50 Prozent verglichen mit dem Status Quo.

Insgesamt zwölf der 27 EU-Mitgliedsstaaten betreiben Kernkraftwerke, in zwei Ländern sind Atomkraftwerke aktuell im Bau, in der Slowakei und in Frankreich, das in den kommenden Jahren sechs Anlagen bauen will. Zur Allianz gehören außerdem die Niederlande und Belgien, die ihre ursprünglichen Ausstiegspläne verschoben haben, und eine Reihe osteuropäischer Staaten – darunter Polen, das überhaupt ganz neu in die Atomenergie einsteigt und sich vor allem eine günstige Energiequelle als Alternative zur Kohle erhofft. Bulgarien, Finnland, Rumänien planen weitere Reaktoren, ebenso Schweden.

Deutschland hatte seine letzten drei AKW Mitte April 2023 abgeschaltet. Österreich hat nie eines besessen. Seit der Volksabstimmung über die Inbetriebnahme des AKW Zwentendorfs herrscht in Österreich ein parteiübergreifender Konsens gegen den Einsatz von Atomkraft. Diese Haltung spiegelt sich auch in der öffentlichen Meinung der Bevölkerung wider. So sprechen sich etwa 72 Prozent der Bevölkerung gegen Atomkraft und nur 22 Prozent dafür aus.

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    IMAGO/osnapix; IMAGO/Eibner; IMAGO/BSR Agency

    Auf den Punkt gebracht

    • Mehr als 30 Länder haben beim Atomgipfel in Brüssel angekündigt, den Ausbau der Kernenergie bis 2050 zu verdreifachen, trotz geteilter Ansichten in der Europäischen Union über die Zuverlässigkeit und Risiken der Atomkraft
    • Eine wachsende Allianz von europäischen Staaten plant, die Kernkraft als wichtigen Teil der Lösung im Kampf gegen den Klimawandel zu positionieren, doch Experten warnen vor Nachhaltigkeitssiegeln für Atomkraft und betonen die Risiken und Unsicherheiten dieser Technologie
    red
    Akt.