Ohne Strom, Warmwasser
Flüchtlinge hausen in Büro – "schlimmer, als im Krieg"
Unzumutbare Zustände in einem Bürogebäude in der Dresdnerstraße (Brigittenau). 160 Mieter sind ohne Strom und Wasser. Die Stadt hilft.
Ohne warmes Wasser und Strom, teilweise ohne Türen oder Fenster. Auf dem Boden türmt sich Bauschutt, am Gang läuft man Gefahr in Scherben zu treten. Mitten in Wien-Brigittenau müssen 160 Flüchtlinge unter menschenunwürdigen Bedingungen in einem baufälligen Bürogebäude hausen und dafür auch noch überteuerte Mieten (bis zu 1.200 Euro) und illegale Provisionen von bis zu 6.000 Euro hinblättern.
„Es ist schlimmer, als im Krieg“
Beim "Heute"-Lokalaugenschein vor Ort offenbaren sich furchtbare Zustände. Familien kauern in ehemaligen Büros auf Matratzen am Boden. Die kleine Zahra muss ihre Hausaufgaben im Liegen schreiben. "Wir haben nicht mal das Nötigste, um normal zu leben", klagt eine Frau, die im Zuge einer Familienzusammenführung erst vor wenigen Wochen nach Österreich kam. "Es ist hier schlimmer als zu Hause im Krieg. Wie ist das in einer der reichsten Städte der Welt möglich?", fragen sich die vielen Betroffenen.
Illegale Wohnungen in Bürogebäude
Licht am Ende des Tunnels gibt es aktuell nicht: Wegen Gefahr im Verzug wurde nach einer Razzia der Gruppe Sofortmaßnahmen vor mehr als einer Woche der Strom abgedreht, die Zählerkästen sind weg. Das Wasser ist kalt. "Es liegt eine widmungswidrige Weitervermietung vor – es handelt sich um ein Bürogebäude", heißt es.
"Wir sind hier ordnungsgemäß gemeldet, aber bekommen unsere Post nicht", beklagen die Mieter, die hauptsächlich Syrer sind. S wollen weiter in den Wohnungen bleiben, obwohl sie weder Wäsche waschen, noch duschen, noch kochen können. Langsam verlässt sie trotz großem Zusammenhalt der Mut. Denn es scheint festzustehen: Irgendwann wird die Baupolizei – sofern keine Umwidmung in Wohnraum stattfindet – eine Räumung anordnen müssen.
Indes wurde einer der Vermieter bereits festgenommen, auch gegen die Hauseigentümer, die sich hinter Scheinfirmen verstecken, laufen Ermittlungen. "Es handelt sich um einen großangelegten Betrug an den Ärmsten. Die meisten Mieter sind gerade erst eingezogen. Vier Wochen später stehen sie bereits ohne Storm, Heizung und Warmwasser da. Das zeugt von einer besonderen Abgebrühtheit der mutmaßlichen Täter", meint der Wiener Anwalt Gregor Klammer, der zivilrechtlich den Opfern Zugriff auf die Immobile erkämpfen will.
Die Mieterhilfe der Stadt hilft den Mietern, versucht nun vorübergehend eine Versorgung mit Wasser und Strom wiederhergestellt werden kann.
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- In einem baufälligen Bürogebäude in Wien-Brigittenau leben 160 Flüchtlinge unter menschenunwürdigen Bedingungen, ohne Strom, Warmwasser und teilweise ohne Türen oder Fenster
- Sie müssen hohe Mieten und illegale Provisionen zahlen
- Die Stadt ist machtlos, während die Mieter weiterhin in unzumutbaren Zuständen ausharren
- Einer der Vermieter wurde bereits festgenommen und die Stadt sucht nach Lösungen, um zumindest vorübergehend die Versorgung mit Wasser und Strom wiederherzustellen