Achtung, Betrug!
Kanzler-Aufreger: "Die letzten Worte seiner Karriere"
Cyberkriminelle starten einen neuen Angriff auf die Geldbörsen der Österreicher. Dieses Mal nutzen sie sogar Kanzler Nehammer für ihre Masche.
Internetbetrüger haben kurz vor Weihnachten Hochsaison. YouTube, Facebook und Co werden mit Werbeanzeigen von Internetabzockern regelrecht geflutet. Da bleibt selbst Bundeskanzler Karl Nehammer nicht verschont. "Dies waren die letzten Worte seiner Karriere" und "Enthüllungen aus erster Hand" verspricht ein Sujet in der Optik eines ORF.at-Nachrichtenbeitrags. Dazu ein Bild von Polizisten, als würde der Regierungschef abgeführt.
Nur: Von der Überschrift bis hin zur Aufmachung, ist das alles fake. Auch das verlinkte Webportal ist nur ein teilweise täuschend echt aussehender Nachbau der "blauen Seite" des Rundfunks. In die Welt gesetzt wurde das alles von Cyberkriminellen, die unaufmerksame User abzocken wollen.
Aufhänger
Der Kanzler ist dabei nicht der einzige, dessen Gesicht für solche betrügerischen Kampagnen missbraucht wird. In der Vergangenheit traf es auch schon Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) und einen ganzen Reigen an ORF-Stars. Regelmäßig tauchen ähnliche "Aufdecker-Storys" mit den ZIB2-Moderatoren Armin Wolf und Martin Thür auf, "Mr. Millionen-Show" Armin Assinger wird angeblich von der Nationalbank verklagt.
Aktuell auch sehr häufig im Visier ist "Dancing Stars"-Queen Mirjam Weichselbraun, die angeblich vom "Establishment mundtot" gemacht wurde bzw. "nicht wusste, dass ihr Mikrofon ausgeschaltet war" – ja, die Fake-Schlagzeilen machen nicht immer auch Sinn.
Die Fake-Anzeigen der Betrüger in Bildern:
Es gibt mehrere Aufhänger, die dafür missbrauchten Promis sind quasi austauschbar. Klickt man dann auf den beigefügten Link (nicht nachmachen!) landet man meist auf dem Nachbau einer bekannten Nachrichtenseite. So waren neben ORF.at auch schon "Die Furche", das "Heute"-Partnerportal "20 Minuten" aus der Schweiz oder auch ein anderes Wiener Boulevardblatt dabei. Oft verrät nur ein Blick auf die URL, dass man sich nicht auf dem Original befindet.
In einer häufig gespielten Variante der Abzocke wird auch ORF-Komiker Christoph Grissemann gleich mit hineingezogen. Die Texte geben sich als angebliche Abschrift eines Interviewsegments aus der Donnerstagnachtsendung "Willkommen Österreich" aus. Der geladene Star hätte darin aus reinem Altruismus und Nächstenliebe das Geheimnis schnellen Reichtums verraten. Tausende Euro in kurzer Zeit, ohne etwas tun zu müssen...
Naja, etwas schon, die Cyberkriminellen wollen, dass man sich auf ihrer gar nicht dubiosen Investitionsplattform anmeldet, die dann passiv für die Nutzer ein Vermögen generieren soll. Gegen Mindesteinlage versteht sich. Diese Methode soll einerseits so einfach sein, dass sie jeder nutzen kann, andererseits so geheim, dass die angeblichen Whistleblower-Stars von Rundfunk und Regierung zum Schweigen gebracht werden. Also nur schnell zuschlagen, ehe die genannte Plattform aus dem Netz verschwindet.
Manipulation
Leichtgläubige Leser werden mittels FOMO ("Fear of missing out") und dem schnellen Geldversprechen so manipuliert, dass sie die Narrative am Besten erst gar nicht zu hinterfragen beginnen. Eine streng geheime Plattform, die allen offen steht? Eine Methode, die dir sicher ein (digitales) Vermögen macht, obwohl die Mächte des Staates alles daran setzen, dieselbe zu stoppen? Schnell anmelden und Geld überweisen, nur nicht nachdenken.
Es bleibt aber nicht bei Fake-Werbesujets und statischen Kopien von Nachrichtenseiten, sondern es wird immer kritischer. In jüngerer Vergangenheit konnten wir auch eine zunehmende Zahl an gefälschten Werbespots auf YouTube beobachten. Diese sind sogar noch gefährlicher, weil die Betrüger mittlerweile vorhandene Videoaufnahmen, etwa von echten TV-Interviews der jeweiligen Stars, zusammenschneiden und dann neu vertonen.
In einem Fall mit Armin Assinger war der Stimmenimitator bzw. das genutzte Programm in den ersten paar Sätzen täuschend nah am Original dran, erst im weiteren Verlauf der zwei Minuten dauernden "Enthüllung" wurde die Aussprache deutlich holpriger und gestellter.
Windmühlen
Das Melden der Scam-Werbungen gleicht etwa bei YouTube, das Google gehört, einem Kampf gegen Windmühlen. Im Selbstversuch mit mittlerweile Dutzenden Meldungen erhält man nur auf einen kleinen Teil eine positive Rückmeldung, dass das entsprechende Sujet auch entfernt wird. Allerdings, wenn es wirklich passiert, dann nicht umfassend. Sie tauchten Tage später immer noch auf. In den meisten Fällen erhält man nur die Abfuhr, dass "die Anzeige nicht gegen die Richtlinien von Google verstößt", obwohl diese eindeutig eine Fälschung mit betrügerischer Absicht ist.
Auch den Verantwortlichen irgendwie habhaft zu werden, ist nahezu unmöglich. YouTube weist die "Werbetreibenden" unter jeder Anzeige aus, meistens handelt es sich um nicht weiter registrierte Unternehmen mit Sitz in Hongkong oder Kasachstan. Auch Armin Wolf schilderte in der Vergangenheit die juristische Ohnmacht gegenüber solchen Online-Betrügern. Schlussendlich blieb auch ihm nichts anderes übrig, als die Öffentlichkeit davor zu warnen.
100 Prozent
Am Ende muss sich jeder selbst vor solchen Reinlegern schützen. Darum immer die URL kontrollieren und Inhalte kritisch hinterfragen, im Zweifelsfall keine Links klicken und schon gar nicht wo anmelden und Geld überweisen. Wenn etwas zu gut klingt, um wahr zu sein, ist es das in der Regel auch. Dazu noch ein Börsen-Credo: Je höher die erwartete Rendite, desto höher das Verlustrisiko. Bei den angeblich so sicheren Versprechen der Internet-Abzocker liegt letzteres bei 100 Prozent.