Prozess-Showdown

Kurz vs. Schmid – "Dafür ist es jetzt bereits zu spät"

Thomas Schmid belastete am Montag vor Gericht Ex-Kanzler Sebastian Kurz schwer. Ein Experte ordnet ein, wer beim Verfahren bisher punktete.

Newsdesk Heute
Kurz vs. Schmid – "Dafür ist es jetzt bereits zu spät"
Prozessbeobachter und Wirtschaftsjournalist Michael Nikbakhsh in der ORF-"ZIB2".
Screenshot ORF

Ex-Kanzler Sebastian Kurz und seinem ehemaligen Kabinettschef Bernhard Bonelli wird von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft vorgeworfen, sie hätten als Auskunftspersonen vor dem Ibiza-U-Ausschuss insbesondere im Zusammenhang mit der Errichtung der ÖBAG und der Besetzung des Vorstandes und Aufsichtsrates dieser Gesellschaft falsch ausgesagt – drei Jahre Haft drohen. Die eigentlich hauptangeklagte Ex-ÖVP-Vizechefin Bettina Glatz-Kremsner, die zugab, in fünf Punkten rund um politische Hintergründe bei der Casinos-Austria-Vorstandsbestellung die Unwahrheit gesagt zu haben, kam am ersten Verhandlungstag am 18. Oktober mit einer Diversion davon. Sie bezahlte 104.060 Euro – dafür wurde das Verfahren am 28. November rechtskräftig eingestellt.

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    Helmut Graf

    Otto Dietrich, der Anwalt von Sebastian Kurz, hatte im Prozess bereits den Zeugen Thomas Schmid angegriffen. Er hält ihn für nicht glaubwürdig, da Schmid sich vor dem U-Ausschuss fernhielt und sogar eine Beugestrafe in Kauf nahm. "Schmid ist nur sich selbst gegenüber loyal", polterte der Jurist. Außerdem habe der ehemalige Kabinettschef und spätere Generalsekretär im Finanzministerium vor einer Hausdurchsuchung seine mittlerweile berühmten Chats gelöscht. Der Richter muss nun auch klären, wie "Kriegst eh alles was du willst" oder "Ich liebe meinen Kanzler" gegenüber der Aussage von Kurz, nie etwas versprochen zu haben, juristisch zu werten sind. Schmid jedenfalls will den Kronzeugenstatus erhalten und belastete am Montag vor Gericht seinen ehemals Vertrauten Kurz schwer.

    Hartes Nachfragen wurde vermisst

    Doch wer konnte abseits der Show punkten? Das analysierte am späten Montagabend in der ORF-"ZIB2" bei Moderator Armin Wolf der Prozessbeobachter und Wirtschaftsjournalist Michael Nikbakhsh. "Weder noch, ich denke, dass am heutigen Tag niemand einen durchschlagenden Erfolg für sich verbucht hat", so der Experte zum Match Kurz gegen Schmid, für die wie für alle Beteiligten und Genannten die Unschuldsvermutung gilt. "Heraus kam nicht viel mehr als das, was schon bekannt war", so Nikbakhsh. Schmid habe Kurz eine maßgebliche Verantwortung zugeschrieben, aber die Befragung sei "an der Oberfläche geblieben". Der Experte habe da vermisst, dass "hart nachgefragt" werde, es wurde "nur an der Oberfläche gekratzt". Im Wesentlichen seien Chats verlesen und nach Sinn des Inhalts gefragt worden.

    Schmid habe "zentrale Aussagen gemacht", so Nikbakhsh – als Beispiel nannte er, dass nicht vertieft worden sei, inwiefern Kurz und Bonelli angeblich in die ÖBAG-Besetzungen eingebunden waren. "Es gilt natürlich, konzentriert zu bleiben", so der Prozessbeobachter zu der stundenlangen Befragung von Schmid, "aber erst ist standhaft bei seinen Aussagen geblieben". "Ich würde das in die Kategorie Zeugen unglaubwürdig machen so gut es geht verorten", so Nikbakhsh dazu, dass Schmid vorgeworfen worden war, Dinge zu erfinden, um Kronzeuge zu werden. Kurios: Die "Kriegst eh alles"-Nachricht könne in beiden Auslegungsfällen stimmen. Kurz betone ja, er habe damit genervt gemeint, Schmid solle ihn in Ruhe lassen, Schmid wiederum habe die Nachricht ja als Unterstützung von Kurz verstanden. 

    Wofür es für Kurz nun zu spät sei

    Sei es nicht irrelevant, was beim Prozess herauskäme, weil Kurz sich noch immer auf einen Aussagenotstand im U-Ausschuss berufen könnte und deshalb gar nicht die Wahrheit sagen musste, wollte Wolf wissen. "Nach meinem Verständnis ist es dafür zu spät", so der Prozessbeobachter, "die Gelegenheit hätte er zu einem früheren Zeitpunkt im Prozess gehabt, der Richter hat ihn allerdings darauf hingewiesen, um sich auf diesen Aussagenotstand berufen zu können, muss er zuerst einmal die Falschaussage eingestehen. Aber man kann nicht die Wahrheit sagen und trotzdem einen Aussagenotstand in Anspruch nehmen. Ich fürchte, der Konflikt ist nicht leicht aufzulösen", so die Analyse. Bis es Rechtskraft gebe, werde noch einige Zeit vergehen, im ersten Quartal 2024 werde es ein erstinstanzliches Urteil geben, hieß es.

    red
    Akt.