Wien

Wiener (18): "Ich halte Rekord an Corona-Strafen"

Ein junger Automechaniker gab in der Corona-Krise ordentlich Gas – bei Straßentreffen mit seinen Freunden. Nicht weniger als sechs Corona-Strafen kassierte der Lehrling (18) in den letzten Wochen. In "Heute" spricht er nun über seine Beweggründe.

Clemens Oistric
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Sechs Corona-Strafen fasste Martin B. in Wien aus.<br>
Sechs Corona-Strafen fasste Martin B. in Wien aus.
Picturedesk, privat

Sagen wir so: Ein Lerneffekt war bei Martin B. (Name geändert) bis zum Ende der Ausgangsbeschränkungen nicht erkennbar. Im Gegenteil. Der Mechaniker-Lehrling wurde insgesamt sechs Mal von der Polizei wegen Verstößen gegen die Covid-19-Maßnahmen in Wien angezeigt. "Mittlerweile sind mir vom Magistrat sechs Strafverfügungen zugestellt worden", erzählt der 18-jährige im "Heute"-Gespräch kleinlaut. Nachsatz: "Damit bin ich wohl Wiens Spitzenreiter bei Corona-Strafen."

1.250 Euro sind zu zahlen

Insgesamt soll Martin B. jetzt 1.250 Euro wegen seiner Vergehen überweisen. Diese Beträge wurden in allen sechs Fällen in einem sogenannten "abgekürzten Verfahren" festgesetzt. Auf die Einkommensverhältnisse, dies betont die Magistratsdirektion immer wieder, kann dabei keine Rücksicht genommen werden. Ein Einspruch ist aber möglich.

"Ich traf meine Freunde"

Der junge Wiener versteht dennoch die Welt nicht mehr. "Ich bin nämlich ganz grundsätzlich der Meinung, dass die Polizei in Zeiten der Corona-Krise überreagiert hat. Man kann Menschen doch nicht einfach wochenlang zu Hause einsperren." Wie er immer wieder in Schwierigkeiten geschlittert ist? "Immer, wenn ich es nicht mehr zu Hause ausgehalten habe, habe ich mich auf entlegenen Parkplätzen mit meinen Freunden getroffen."

Anwältin Astrid Wagner: "Ich bin der Meinung, dass die Polizei schon gezielt nach jungen Menschen wie meinem Klienten Ausschau gehalten hat."
Top-Anwältin Astrid Wagner vertritt den Mechaniker-Lehrling.<br>
Top-Anwältin Astrid Wagner vertritt den Mechaniker-Lehrling.
Picturedesk

Der Wiederholungstäter kämpft jetzt mit Top-Anwältin Astrid Wagner gegen die sechs Corona-Strafen an. Wagner zu "Heute": "Ich werde auf Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit plädieren. Die ausgestellten Strafen sind für mich auch weit überhöht. Es ist schon zu hinterfragen, in welcher Gesellschaft wir leben, wenn Lehrlinge, die Freunde treffen, jetzt derart hart vom Magistrat zur Kasse gebeten werden."

Corona-Wiederholungstäter Martin B. (18) mit einem Packen Strafen<br>
Corona-Wiederholungstäter Martin B. (18) mit einem Packen Strafen
privat

Bierkauf "nicht gerechtfertigt"

Die Juristin wird für ihren Klienten Einspruch erheben. "Wir sprechen hier ja nicht von einem Super-Kriminellen." Welche Erklärung hat sie dafür, dass jemand binnen weniger Wochen sechs Mal Schwierigkeiten mit dem Gesetz hat? "Junge Menschen, die noch im Kinderzimmer bei der Mama wohnen, tun sich naturgemäß mit der Einhaltung von Ausgangsbeschränkungen schwerer", so Wagner. "Mein Mandant ist angezeigt worden, da er auf Parkplätzen den 1-Meter-Abstand zu seinen Freunden nicht eingehalten hat oder mit einem Bus zur U6-Station Am Schöpfwerk gefahren ist, um sich eine Dose Bier zu kaufen. Ein Ausflug, der laut den Behörden 'nicht gerechtfertig war'", fasst Wagner zusammen. Und fügt an: "Ich bin der Meinung, dass die Polizei schon gezielt nach jungen Menschen wie meinem Klienten Ausschau gehalten hat. Ein Abstrafen mit voller Härte, ohne jedes Augenmaß, lehne ich aber ab. Wollen wir in einem Polizeistaat leben, der Teenager abstraft, die sich nach Wochen der Einsamkeit ein Bier kaufen?"