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Mike Craig: "Steht Bad Boy Lakos wirklich noch am Eis?"

Heute Redaktion
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Bild: GEPA

Meistergrüße aus Kanada! Mike Craig schoss die Vienna Capitals 2005 zum Titel, ist mit 134 Toren und 281 Scorerpunkten noch immer Topscorer der Wiener Eishockey-Cracks. Vor dem heutigen Pick-Round-Heimspiel gegen Bozen (19.15 Uhr) appelliert die 45-jährige Klub-Ikone im "Heute"-Talk: "Seid ein starkes Team und nützt die Titelchance." Und er wundert sich: "Phil Lakos steht noch immer auf dem Eis?" Hier das komplette Interview:

Meistergrüße aus Kanada! Mike Craig schoss die :
"Heute": Die Capitals haben einen starken Grunddurchgang gespielt, die Fans hoffen auf den ersten Titel seit 2005. Überrascht dich, dass es seit deinem Abgang nicht mehr geklappt hat?

Mike Craig: "Sind sie Erster oder Zweiter?"

Den Grunddurchgang haben sie auf Platz eins mit Punkterekord abgeschlossen.

"Oh, das ist großartig zu hören. Dass sie seither keinen Titel geholt haben ist irgendwie überraschend, es sind doch einige Jahre vergangen."

Woran kann das liegen? Und welche Erinnerungen hast du an deine Zeit in Wien?

"Jim Boni hat damals das Team übernommen und an den richtigen Schrauben gedreht, um aus uns eine Gewinner-Mannschaft zu machen. Ich hatte eine großartige Zeit in Wien, rückblickend war es eine große Ehre, hier zu spielen. Vor allem die Fans waren unglaublich. Wien ist eine Weltstadt, hat so viele Angebote: Fußball, Kultur, Freizeiteinrichtungen. Und trotzdem war die Halle immer voll. Das war schon großartig."

Das lag auch an den Cracks. Du bist mit 134 Toren und 281 Punkten noch immer Topscore

"Ehrlich? Das ist schon eine Überraschung. Irgendwann wird wohl jemand kommen und auch diesen Rekord knacken. Ich habe mitbekommen, dass in Wien zuletzt viel investiert wurde und die Halle ausgebaut wurde. Auch bei der Mannschaft werden wieder überragende Spieler kommen."

Also verfolgst du die Spiele in Kanada mit? Bist du noch ein Caps-Fan und kennst du die aktuellen Spieler?

"Über das Internet kann man ja weltweit alle Spiele mitverfolgen. Live sehe ich sie nicht, dazu habe ich hier mit meinem Job als Assistant-Coach auch zu wenig Zeit. Aber ich schaue mir die Ergebnisse an, achte auch darauf, wer bei welchem Klub tätig ist. Und ja, ich halte den Caps noch die Daumen."

Apropos Personalien: Du warst Teil einer legendären Mannschaft mit Darcy Werenka, Bob Wren, Frederic Chabot etc. Hast du noch Kontakt zu deinen alten Kollegen?

"Haha, ja, das war eine tolle Truppe. Spielt Phil Lakos noch bei den Caps?"

Ja, er ist noch immer hier aktiv.

"Er war großartig. Unser Bad Boy. Am meisten Kontakt habe ich eigentlich noch mit Jim Boni, wir haben hin und wieder telefoniert. Sonst haben wir uns etwas aus den Augen verloren. Bei Werenka erinnere ich mich noch an den Namen. Aber die Hockey-Welt ist eine kleine Welt, und ich werde diese Truppe nie vergessen."

Was hat damals den Unterschied gemacht? Wie seid ihr Meister geworden, was müssen die Caps-Cracks heute mitbringen?

"Du darfst keine Truppe von 20 Individualisten haben, musst absolute Teamspieler auf dem Eis haben. Du brauchst einen Top-Goalie wie Chabot, und Verteidiger wie Lakos, die kompromisslos bei der Sache sind und sich für das Team aufreiben. Wir waren eine Einheit, auch abseits von der Eisfläche waren wir oft zusammen unterwegs. Auch ganz wichtig: der richtige Klub-Boss. Ich erinnere mich noch gut an Hans Schmid, seine Leidenschaft für den Klub. Der Präsident ist eine Schlüsselfigur, das darf man auch nicht vergessen."

Jetzt lebst du in Lethbridge in Kanada, einer Stadt mit 83.517 Einwohnern, bist dort Assistant-Coach der Hurricanes. Was ist dort deine Aufgabe, und wie lebt es sich dort verglichen mit Wien?

"Der größte Unterschied: Hier gibt es praktisch keine öffentlichen Verkehrsmittel. Jeder fährt immer mit dem Auto, auch wenn es für zwei Häuserblocks ist. Wir sind eine Mannschaft, die junge Talente von 15-20 Jahren für die NHL entwickeln. Zwar achten wir darauf, dass sie auch sonst eine gute Ausbildung bekommen, aber die NHL ist der wichtigste Faktor. Von uns werden ungeheuer viele Talente gedraftet, das macht mich sehr stolz."

Vermisst du das Leben in der Großstadt ein wenig?

"Naja, ich hatte eine tolle Zeit, habe in Toronto, Wien, Klagenfurt, Villach etc. gespielt. Das war schon super, es hat mir gut gefallen. Jetzt habe ich eine neue Aufgabe übernommen, und es macht auch Spaß, in einer 'Hockey-Stadt' wie Lethbridge zu leben und zu arbeiten."

Worauf muss man heute als junger Spieler achten? Welche Dinge sind nötig, um ein Champion zu werden?

"Das Skating ist noch viel wichtiger geworden, als es das zu meiner Zeit schon war. Und das Spiel 1:1, das Kämpfen um den Puck."

Ist das die Botschaft des Mike Craig an die Capitals im Kampf um den Titel? Hart arbeiten und kämpfen?

"Ja, genau. Und noch etwas ganz wichtiges: Genießt den Erfolg, und nützt die Chance. Seht euch an, wie viel Zeit seit dem letzten Titel und meinem Abgang vergangen ist. Diese Chancen kommen nicht sehr oft im Leben. Das war einer der schönsten Erfolge in meiner Karriere."

Wie sieht es mit deiner persönlichen Zukunft aus? Wird man dich jemals wieder in Wien sehen können?

"Ich habe schon darüber nachgedacht, irgendwann mit meiner Familie in Wien Urlaub zu machen und ihnen die Stadt zu zeigen, in der ich so viel Erfolg hatte. Ehrlich gesagt behalte ich auch die berufliche Situation im Auge. Wer weiß, vielleicht komme ich auch einmal für den Job zurück nach Wien..."

Gerald Richter