Spiele-Test

"Persona 3 Reload" ist das definitive Remake eines Hits

Oft portiert, nun endlich erreicht: "Persona 3 Reload" ist das Remake eine legendären, japanischen Rollenspiels, das im neuen Gewand ein Muss ist.

Rene Findenig
"Persona 3 Reload" ist das definitive Remake eines Hits
Ernste Themen, großartiges Rollenspiel: "Persona 3 Reload" ist das definitive Remake eines Hits.
ATLUS

Vorsicht, zum Auftakt wird es kompliziert, denn kaum eine Spielereihe hat so viele verschiedene Hauptteile, Ableger und Fassungen wie "Persona". Und der ursprünglich 2006 erschienene "Persona 3"-Teil (gleichzeitig der vierte Teil der Hauptreihe) existiert mittlerweile in zahlreichen verschiedene Ausgaben, die miteinander mehr oder weniger zu tun haben. So gab es nach "Persona 3" (2006, PlayStation 2) auch "Persona 3 FES" (2007, eine Art "Director's Cut" mit neuen Inhalten), "Persona 3 Portable" (2009, "FES"-Port für PlayStation Portable) sowie "Persona 3 Portable"-Ports (2023, für Nintendo Switch, PlayStation 4, PC, Xbox One und Series X/S). Das neue "Persona 3 Reload" ist nun wiederum ein komplettes Remake des Original-Games aus 2006 – für PlayStation 4 und 5, PC sowie Xbox One und Series X/S.

Keine Angst, noch komplizierter wird es nicht, denn zahlreiche andere "Persona 3"-Games sind entweder Spin-offs oder in ganz anderen Genres angesiedelt. Was man einzig wissen muss: "Persona 3" war und ist eines der prägendsten Japano-Rollenspiele (JRPG) überhaupt und bekommt nun endlich das Remake, das es verdient. Technisch ist dabei so gut wie alles neu und aufpoliert, in Sachen Story dagegen hält man sich treu an das Original – und spricht damit äußerst ernste und düstere Themen wie Erwachsenwerden, den Sinn des Lebens, die Faszination des Todes, Mobbing, Zweifel und Selbstbewusstsein sowie Depressionen mal hübsch verpackt, mal schonungslos direkt in den Plot eingestreut, an. Trotz fast niedlich wirkender Grafik-Aufmachung bietet "Persona 3 Reload" knallharten und emotionalen Erzählstoff.

Normaler Schüler bei Tag, Monster-Jäger bei Nacht

Vorwissen aus den anderen Teilen braucht es für "Persona 3 Reload" nicht, auch nicht aus den anderen Ports und älteren Games. Während die "Portable"-Version neben dem Protagonisten auch eine Protagonistin spielbar machte, geht es nun wieder wie im Original zurück in die Haut eines namenlosen Protagonisten. Die Hauptfigur kommt neu an die Gekkoukan-Oberschule und lernt dort die "Dark Hour" kennen – in der Menschen zu Särgen werden und Monster das Sagen haben. Die "Schatten" genannten Monster machen zudem für die Dauer der "Dark Hour" Jagd auf Menschen, die unerklärlicherweise nicht der Verwandlung in einen Sarg unterliegen. Und natürlich ist eine der Auserwählten unser Protagonist, der schnell direkt einem der unheimlichen Schatten gegenübersteht und dabei von seiner "Persona" gerettet wird.

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    "Persona 3" war und ist eines der prägendsten Japano-Rollenspiele (JRPG) überhaupt und bekommt nun endlich das Remake, das es verdient. 
    "Persona 3" war und ist eines der prägendsten Japano-Rollenspiele (JRPG) überhaupt und bekommt nun endlich das Remake, das es verdient.
    ATLUS

    Bei den titelgebenden Personas handelt es sich um physische Manifestationen der Seele und Psyche der Spielfiguren, die gegen die dunklen Mächte in den Kampf geschickt werden können. Wie unser Protagonist können auch seine drei Mitbewohner der Schulunterkunft ihre Personas nutzen. Danach geht es Schlag auf Schlag, die mächtige Kirijo Group wird auf unsere Figur aufmerksam. Wenig später finden wir uns als Mitglied der Special Extracurricular Execution Squad (SEES) mit anderen Persona-begabten Kolleginnen und Kollegen wieder und sollen einerseits die Schatten bekämpfen, andererseits die "Dark Hour" erforschen und zu guter Letzt auch noch die Spitze des gigantischen Tartarus-Turms erforschen, der sich Nacht für Nacht aus dem Boden der Oberschule erhebt und als eine Art Dungeon des Spiels fungiert.

    Warnung vor traumatisierenden und brutalen Inhalten

    Dabei verändert sich im Spielverlauf die Zusammensetzung der Gruppe, die Spannungen wachsen und hinter den Kulissen gedeihen die Verschwörungen prächtig. Wer selbst mit psychischen Problemen zu kämpfen hat, sollte vorsichtig beim Spielen von "Persona 3 Reload" sein, denn die Themen sind schwer verdaulich und es gibt viele Szenen, die Betroffene leicht traumatisieren könnten. Etwa, dass sich die Charaktere makaberer Weise einen "Evoker", der aussieht wie eine Schusswaffe, an den Kopf setzen und abdrücken, um ihre Persona zu entfesseln. Die "Persona"-Games wurden und werden wegen ihrer spannenden Story und auch den komplexen Thematiken gefeiert – an einigen Stellen und mit bedenklichen Symboliken wie dem "Kopfschuss" ist man aber manchmal deutlich über das Ziel hinausgeschossen.

    Die Charaktere des Games schaffen es beeindruckend schnell, den Spieler oder die Spielerin emotional an sich zu binden. Jeder Charakter verfügt über eine detaillierte (und besonders tragische) Hintergrundgeschichte und das Spiel ermutigt über sein Beziehungssystem dazu, sich mit den Charakteren anzufreunden und sie besser kennenzulernen. Nachts ist man nämlich Kämpfer und Monster-Jäger, tagsüber aber ein normaler Schüler mit einem fixen Stundenplan und der Möglichkeit der sozialen Interaktion. Geht es dagegen in die "Dark Hour" und damit in die rundenbasierten Schlachten im Tartarus-Turm, in denen man Runde für Runde gegen verschieden starke Schatten antritt, um dann immer mal wieder mächtigen Bossen gegenüberzustehen, artet das teils in einen Marathon aus, denn starkes Aufleveln ist ein Muss.

    Das "normale" Schulleben ist die eigentliche Faszination

    So monoton sich manchmal die Kämpfe spielen, so spannend zockt sich das Schulleben unseres Protagonisten, denn jede noch so kleine Tätigkeit sorgt für Effekte bei unserer Figur, etwa die Erhöhung von Beziehungs- und Statuswerten. Anders als in anderen Rollenspielen führt man hier allerdings die Tätigkeiten wie Essen, in Nebenjobs arbeiten oder sich um einen Freund kümmern nicht aus, um die Werte zu steigern, sondern wird quasi automatisch mit Wertesteigerung belohnt, weil man abwechslungsreichen und durchdachten Aufgaben nachgeht, die man alleine schon aus Interesse sowieso erledigt hätte. Und noch dazu erfährt man spannende und bewegende Geschichten aus dem Leben der Figuren, die zu den besten der Videospielwelt zählen. Spieler sind dabei sehr frei, mit wem sie ihr Spielzeit verbringen.

    Beim kampf dagegen ist gerade anfangs ist die Motivation zum Dauerprügeln nicht so sonderlich groß, denn das Grundprinzip wiederholt sich immer wieder: In sehr ähnlich aussehenden, düsteren Umgebungen pirscht man sich an die Schatten heran und versucht, sie möglichst schnell auszuschalten, indem man sich ihre Schwachstellen einprägt. Das immergleiche Vorgehen und die sich ständig wiederholenden Umgebungen tun dem Spiel dabei keinen Gefallen – vor allem, weil man mehrere Stunden damit beschäftigt sein wird und seine Kampfwerte durch Level-Ups erhöhen muss, um gegen die Bosse eine Chance zu haben. Der Tartarus-Turm ist allerdings gleichzeitig der einzige Ort des Spiels, indem man seinen Charakter in einer Art Iso-Perspektive frei bewegen kann. Am Tag klickt man sich dagegen durch Orte und Dialoge.

    Trotz Original-Treue viele neue und komfortable Funktionen

    Mit den verschiedenen Tätigkeiten darf man drei Attribute der Spielfigur erhöhen, die dann immer weitere Nebentätigkeiten freischalten – Angst vor zu viel Komplexität muss man aber nicht haben, denn im Vergleich zu den späteren "Persona"-Games bietet "Persona 3 Reload" weniger Attribute und noch weniger Aktivitäten. Dennoch ist der Mix zwischen Kampf und Sozialleben gelungen, auch wenn sich bei einer Spielzeit von über 100 Stunden alle Abwechslung am Ende abnutzt. Kurios ist nämlich auch, dass das Game im Vergleich zu späteren Titel abgespeckt wirkt, die Story aber viel mehr in die Länge zieht. Besonders, wer die Teile 4 oder 5 gespielt hat, wird sich über die langsame Entwicklung und die eingeschränkten Möglichkeiten wundern. Dennoch hat das Remake viele neue Komfort-Funktionen spendiert gekriegt.

    So darf man nun auf verkettete Angriffe bei Schwachpunkt-Treffern setzen, kann durch den Tartarus sprinten und auch die Persona-Fähigkeiten schneller und simpler anpassen. Weiter kassiert man nach Kämpfen Erfahrungspunkte, Karten, Personas und Co. ein, um sich zu verstärken. Gigantisch sind indes die optischen Neuerungen auf Basis der Unreal-4-Engine. Zum Abarbeiten der Alltagsaufgaben gibt es ein neues Interface, das an jenes von "Persona 5" erinnert. Gleiches gilt für die Übersichtskarte, die jetzt detaillierter anzeigt, wo noch Aufgaben zu erledigen sind. Die Figuren und die Spielwelt wurden indes komplett überarbeitet und das Spiel bleibt zwar bunt, wirkt aber weniger Cartoon-haft, sondern erwachsener. Gleichzeitig gibt es neue, detailliertere Charaktermodelle, Menüs, Dialoge und sogar frische Videos.

    "Persona 3 Reload" ist das definitive Remake eines Hits

    Ganz auf der Höhe der modernen Spiele ist "Persona 3 Reload" zwar nicht, die Entwickler haben sich aber Mühe gegeben, den Rollenspiel-Klassiker für neue Systeme umfassend zu überarbeiten, ohne dass die ursprüngliche "Persona"-Formel verfälscht wird. Schade ist, dass nicht auch noch die Zusatzmöglichkeiten der anderen "Persona 3"-Fassungen im Remake enthalten sind, etwa ein alternatives Ende oder die Möglichkeit, wahlweise auch eine Protagonistin zu spielen. Ungewohnt, aber gut sind die neuen, englischen Sprecher, auf Wunsch kann man natürlich weiter das Game auch auf Japanisch zocken. Wer beide Sprachen nicht kann, darf sich durch deutsche Untertitel und Dialoge lesen. Stellt sich abschließend die Frage, an wen unter den vielen "Persona"-Fans sich das Remake von "Persona 3" eigentlich genau richtet.

    Ansprechstellen für Krisen-Betroffene
    Telefonseelsorge Österreich: 142
    Kriseninterventionszentrum Wien: 01/40 69 595
    Rat auf Draht: 147
    Weisser Ring - Verbrechensopferhilfe: 0800 / 112 112

    Da es sich inhaltlich streng an das Original hält, werden Kenner zwar ein bekanntes Spiel serviert bekommen, dieses Mal aber nicht nur für neue Konsolen, sondern auch in der "definitiven" Fassung. Auch das Remake bietet ein zugängliches, aber eingeschränktes Kampfsystem, eine fesselnde Geschichte, ausdrucksstarke Charaktere, eine gute Balance zwischen Tages-Schulgeschehen und Nacht-Kämpfen und etwas Rollenspiel-Rost, den man in Hinblick auf ein 18 Jahre altes Original aber gerne übersieht. Wer mit "Persona" generell oder mit "Persona 3" noch gar nicht in Berührung kam und sich für JRPGs erwärmen kann, der sollte schleunigst zugreifen. "Persona 3 Reload" ist wie seine Vorgänger und Nachfolger einfach fantastisch. Bleibt nur der Wunsch, dass bald ein erwartetes "Persona 6" am Horizont erscheint. 

    rfi
    Akt.