Science
Rätsel gelöst – Erde ähnelt einer "klumpigen Kartoffel"
Die Entstehung des größten Gravitationslochs der Erde im Indischen Ozean stellte die Wissenschaft lange vor ein Rätsel – nun soll es gelöst sein.
Die meisten Menschen stellen sich die Erde gemeinhin als Kugel vor – nur einige verirrte Seelen glauben weiter felsenfest an eine Scheibe. Nimmt man es jedoch genau, liegen beide Gruppen daneben.
"Die Erde ist im Grunde genommen eine klumpige Kartoffel", erklärt Attreyee Ghosh, eine Geophysikerin des Indian Institute of Science. Unser Heimatplanet ist von Bergen und Tälern überzogen, durch die Rotation an den Polen abgeplattet und ihre Masse im Innern ungleich verteilt. Deshalb ist die Erdanziehung nicht überall gleich und die Oberfläche wie eine Kartoffel verbeult.
Das größte dieser "Gravitationslöcher" liegt im Indischen Ozean. Jahrelang stellte dessen Entstehung Wissenschaftler vor ein Rätsel. Nun glaubt laut CNN ein Forschungsteam aus Indien eine glaubwürdige Erklärung gefunden zu haben: Magmaströme im Innern der Erde.
Bewegungen der Erdplatten simuliert
Das "Gravitationsloch" im Indischen Ozean beginnt unmittelbar vor der Südspitze der Indischen Halbinsel und ist etwa doppelt so groß wie die europäische Landmasse. Aufgrund der tieferen Gravitationskraft liegt hier die Meeresoberfläche rund 100 Meter tiefer als in den umliegenden Regionen. Entdeckt wurde es 1948 von dem niederländischen Geophysiker Felix Andries Vening Meinesz während einer Schwerkraftmessung.
Um der Entstehung der verbeulten Oberfläche auf die Spur zu kommen, nutzte ein Forschungsteam des Indian Institute of Science in Bengaluru 19 Computermodelle, um die Bewegung des Erdmantels und der tektonischen Platten vor 140 Millionen Jahren zu simulieren. "Wir haben einige Informationen und eine gewisse Sicherheit darüber, wie die Erde damals aussah", erklärt Geologin Attreyee Ghosh.
Magmasäulen verdrängten dichteres Material
In sechs der 19 Simulationen bildete sich eine Gravitations-Anomalie ähnlich der im Indischen Ozean. All diese Szenarien hatten eins gemeinsam: Säulen von Magma geringer Dichte, das aus dem Erdinnern aufstieg und Material höherer Dichte verdrängte. In der Folge weist ein Teil des Erdmantels nun weniger Masse als das umliegende Gebiet auf. Aus diesem Grund ist auch die Gravitation in diesem Bereich geringer.
Die Magmasäulen seien wiederum durch eine Wanderung der indischen Platte entstanden. "Vor 140 Millionen Jahren befand sich Indien an einer ganz anderen Stelle und zwischen der indischen Platte und Asien gab es einen Ozean", erzählt Ghosh. Als die indische Platte an die eurasische heranrückte, verdrängte sie die tektonische Platte des dazwischenliegenden Ozeans und drückte sie nach unten. So seien die Magmasäulen geringerer Dichte an die Oberfläche geströmt.
Weitere Forschung ist nötig
Das Thema ist jedoch noch längst nicht vollständig erforscht. Die Studie "beschreibe interessante Hypothesen, die zu weiteren Arbeiten anregen", sagt Huw Davies, Professor an der Cardiff University in Großbritannien. Allerdings wurde auch Kritik an der Studie geübt: Sie würde auf umstrittenen Annahmen gründen und einige Dinge außer Acht lassen, heißt es seitens der Kritiker.