Wien

Zwölf Eltern meldeten KiGa-Missbrauch bereits 2020

Der Prüfbericht zum Kindergartenskandal in Penzing ist verheerend. Bereits vor zwei Jahren hatten Eltern Auffälligkeiten bei ihren Kindern gemeldet!

Claus Kramsl
Der Kindergarten in Wien-Penzing
Der Kindergarten in Wien-Penzing
Sabine Hertel

Am Donnerstag legten Kinder- und Jugendanwalt Ercan Nik Nafs und Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) den Prüfbericht zu den Missbrauchsvorwürfen in einem Kindergarten der Stadt in Wien-Penzing vor. Er zeichnet ein desaströses Bild!

Wie berichtet wurden im Mai 2022 mutmaßliche Missbrauchsfälle in einem Kindergarten der Stadt Wien In Penzing bekannt. Nach und nach kam ans Licht, dass die Vorwürfe der Kindergartenleitung und auch der zuständigen MA10 seit langem bekannt waren. Reagiert wurde aber nicht.

Kinder hatten Alpträume, machten ins Bett

Laut dem aktuellen Prüfbericht der Kinder- und Jugendanwaltschaft, hatten zwölf Eltern bereits seit 2020 über Auffälligkeiten bei ihren Kindern berichtet. Diese reichten von Alpträumen und plötzlichem Bettnässen über die permanente Weigerung, in den Kindergarten zu gehen, bis zu Angst vor dem Klo und dem Waschraum im Kindergarten, erläuterte Nik Nafs am Donnerstag. Und führt weiter aus, dass es nicht einmal Aufklärung gegeben habe, "als sich unter den Kindern das Gerücht verbreitete, der betroffene Pädagoge sei an Corona gestorben“. Dabei war dieser versetzt worden. "Die Kommunikation in Richtung Elternschaft war im gegenständlichen Fall von Halb- und Nicht-Information geprägt", so der Prüfbericht.

Kindergarten wartete auf "Entscheidung von oben"

In dem Bericht kritisiert die Kinder- und Jugendanwaltschaft weiter die hierarchischen Strukturen innerhalb der Bildungseinrichtungen und der zuständigen MA10. So seien Eltern von betroffenen Kindern mit der Bitte, auch andere Eltern zu informieren, zurückgewiesen worden. Grund dafür: Man warte zunächst auf eine "Entscheidung von oben". Ercan Nik Nafs ortet weiters eine "mangelnde Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung" und Angst vor Vorgesetzten.

In dem Bericht heißt es wörtlich: "Die hierarchischen Strukturen sowie die internen Informations- und Kommunikationswege erscheinen kompliziert, träge und nicht förderlich, um in der notwendigen Geschwindigkeit Entscheidungen treffen und auf neue Gegebenheiten schnell reagieren zu können. So wurden Eltern direkt be- troffener Kinder mit ihrer oftmals geäußerten Bitte, doch die anderen Eltern der Gruppe zu informieren, mehr als ein Jahr lang hingehalten, dies mit dem Verweis, man müsse auf eine diesbezügliche Entscheidung 'von oben' warten. Und selbst nach dem öffentlichen Bekanntwerden der Vorwürfe gelang es der Abteilung nicht, zeitnah ein für die Elternschaft zufriedenstellendes Krisenmanagement bereitzustellen."

"Problematische Unternehmensstruktur", "Angst vor Vorgesetzten"

Und weiter: "Im Zuge der Erhebungen drängte sich das Bild auf, dass zumindest in Teilen der Organisation eine problematische Unternehmenskultur vorherrscht Diese zeigt sich hinsichtlich Fehlerkultur, autoritärer Führungsstile, Angst vor Vorgesetzten, mangelnder Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung, falscher Zurückhaltung in der Kommunikation mit den Bildungspartner:innen (insbesondere Eltern), mangelndes Verständnis von Partizipation und mangelnde Weitergabe von Informationen innerhalb der Organisation."

Wiederkehr kündigt "großen Aktionsplan Kinderschutz" an

Bildungsstadtrat Wiederkehr betonte am Donnerstag, dass die Frage von Schuld oder Nichtschuld des Pädagogen keine sei, "die ich als Politiker beantworte oder auch der Bericht“. Es gelte die Unschuldsvermutung für die beiden Verdächtigen, die von der Arbeit mit Kindern entbunden sind. Die Staatsanwaltschaft führe Ermittlungen.

Im ersten Schritt richtete die Stadt nun eine Ombudsstelle sowie ein Reporting Tool für Mitarbeiter ein. Weiters sollen verpflichtende Schulungen aller MA10-Mitarbeiter zu Partizipation, Kinderrechte und Kinderschutz durchgeführt werden. Die Ableitungen aus dem Bericht sollen einerseits den Kinderschutz stärken, andererseits das Vertrauen in städtische Bildungseinrichtungen. Der Prüfbericht sei der Startpunkt für einen "großen Aktionsplan Kinderschutz" in der Stadt, so Wiederkehr.

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