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"Pokémon Legenden: Arceus" im Test: Auf zu neuen Ufern

Grafisch hat das Game Luft nach oben: Dennoch ist "Pokémon Legenden: Arceus" durch neue Mechaniken und noch niedlichere Wesen ein Superhit geworden.

Rene Findenig
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Einfach klasse: Die Welt von "Pokémon Legenden: Arceus" wirkt zwar etwas leer, spielerisch ist sie aber brillant.
Einfach klasse: Die Welt von "Pokémon Legenden: Arceus" wirkt zwar etwas leer, spielerisch ist sie aber brillant.
Nintendo

Die Pokémon entwicklen sich in den gleichnamigen Games weiter, trotz hoher Qualität traten die Videospiele aber auf der Stelle. Damit ist nun Schluss! "Pokémon Legenden: Arceus" erfindet die Reihe zwar nicht neu, bringt aber überraschend viele frische Funktionen neu dazu und vergisst gleichzeitig nicht auf die alten "Pokémon"-Stärken. Schon eine Vorschau hat uns hellauf vom Game begeistert, diese Eindrücke dürfen wir nun in unserem großen Test zum neuen Game voll bestätigen. Deswegen hier die erweiterte und ausgebaute Version der Vorschau im Bericht.

Wie erst die jüngsten Neuauflagen für die Nintendo Switch, "Pokémon Leuchtende Perle" und "Strahlender Diamant" spielt auch "Pokémon Legenden: Arceus" in der Sinnoh-Region der Spielwelt, allerdings Jahrhunderte vor den genannten Games – und damals war das Gebiet noch als Hisui-Region bekannt. Neu ist, dass die Spielwelt sich den Switch-Zockern mehr öffnet: Mehrere große abgegrenzte Gebiete sind fast vollkommen frei begeh- und erkundbar, als "Hub" dient das grafisch beeindruckende Jubeldorf mit Haupt- und Nebenquests.

Semi-offene Spielwelt mit jeder Menge zu tun

Außerdem sind in der semi-offenen Spielwelt viele verschiedene Biome mit jeweils anderen Klima- und Wetterbedingungen zu finden, etwa Schneelandschaften, Wüstenstriche, Wasserwelten und Wiesenflächen. In jedem der Biome sind entsprechend andere Pokékon zu finden und zu fangen, von Pflanzen-, über Eis- bis hin zu Feuermonstern. Während die Biome fast frei erkundet werden können, holt man sich die Haupt- und Nebenmissionen der Kampagne im Jubeldorf ab, das auch als Deko-Quartier dient.

Der Spieler kann sich im Dorf mit neuen Kleidungsstücken und Gegenständen ausrüsten, die man auf der Jagd gut brauchen wird können. Auch auf Details wurde geachtet, selbst zum Friseur darf man laufen. Als Spielwährung gilt der Pokédollar, der automatisch mit Fortschreiten in den Missionen verdient wird. Die Handlung selbst: Für einen Forschungstrupp sollen Spieler den ersten Pokédex der Region vervollständigen, also alle Pokémon fangen beziehungsweise sie genau beobachten und die gesammelten Daten dem Forschungsteam im Spiel übergeben, um das Rätsel um das legendäre Pokémon Arceus zu lösen.

Kampf wird dynamischer und kniffliger

Die Pokémon der Spielwelt zeigen sich dem Spieler gegenüber mit gemischten Gefühlen – schließlich spielt das Game in einer Zeit, in der Menschen und Pokémon noch nicht in innigem Kontakt zusammengelebt haben. So flüchten manche Monsterchen schon beim schieren Anblick unserer Spielfigur, andere ignorieren uns beharrlich und wiederum andere gehen sogar auf uns los, wenn wir ihnen zu nahe kommen. Um alles über die Pokémon zu erfahren, muss man da beim Fangen zu einigen Tricks greifen: Tarnen und Täuschen!

Das Zufallsprinzip bei Kämpfen hat übrigens ausgedient, nun entscheiden wir selbst, welche Pokémon wir wann zähmen und fangen wollen. Trifft man das erste Mal auf ein Pokémon, heißt es anfangs mal genau zu beobachten. Bei scheuen Tierchen müssen wir uns geschickt durch hohes Gras anschleichen oder sie mit geworfenem Futter ablenken, um sich ihnen überhaupt nähern zu können. Aggressive Pokémon wiederum, die uns bis zur Bewusstlosigkeit angreifen, können beispielweise mit Items wie Rauchbomben verwirrt werden, um sie der eigenen Sammlung hinzuzufügen.

Viele Details komplett neu in der Spielreihe

Für alle Pokémon gilt: Man muss nicht unbedingt gegen sie in den Kampf gehen, sondern kann auch direkt einen leeren Pokéball auf sie werfen und auf einen Fang hoffen. Gehen wir allerdings davon aus, dass das Pokémon zu wild und stark ist, um sich so einfach einem Fang zu ergeben, schleudern wir stattdessen den Pokéball mit einem unserer Begleiter-Pokémon auf das Monster und gehen in den Kampf. Stärker als jemals zuvor müssen sich Spieler in "Pokémon Legenden: Arceus" mit Items eindecken und diese schlau auf die bevorstehende Jagd ausrichten.

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    Wie erst die jüngsten Neuauflagen für die Nintendo Switch, "Pokémon Leuchtende Perle" und "Strahlender Diamant" spielt auch "Pokékom Legenden: Arceus" in der...
    Wie erst die jüngsten Neuauflagen für die Nintendo Switch, "Pokémon Leuchtende Perle" und "Strahlender Diamant" spielt auch "Pokékom Legenden: Arceus" in der...
    Nintendo

    Klassische Pokémon-Kämpfe mit Runden und vier vorhandenen Attacken gibt es auch weiterhin, dafür kommen nun aber Kampftechniken ins Spiel. Bei Attacken darf der Spieler nun zwischen Stärketechnik und Tempotechnik auswählen. Die Stärketechnik löst massive Attacken aus, die sich allerdings nur langsam wieder aufladen und den Spieler für eine Zeit lang wehrlos zurücklassen. Die Tempotechnik wiederum ermöglich schwächere, aber schnellere Angriffe und lädt gleichzeitig die stärkeren Attacken flotter auf. Im Kampf gegen besonders starke Pokémon ist ein taktisches Vorgehen absolut notwendig.

    Komplett neu sind Ausweichen und Kontern

    "Arceus" offenbart noch viele weitere Neuerungen: So attackieren uns agressive Pokémon nicht nur bereits bevor ein Kampf ausbricht, sondern besiegen uns auch damit direkt – erleidet die Spielfigur zu viel Schaden, fällt sie in Ohnmacht und verliert einen Teil der Ausrüstung. Außerdem muss der Spieler nicht nur die vielen Pokémon fangen, sondern sie auch genau beobachten, denn das Forschungsteam will jede Menge Daten zu Gewicht, Größe, Fressverhalten, Kampfstilen und Co. der Tierchen sammeln. Langweilig wird das nicht – die Missionsgeber begrüßen uns immer mit flotten Sprüchen und Professor Laven belohnt die Zocker mit Spielwährung.

    Der neue Titel lässt Spieler übrigens auch die Welt mithilfe der per Flöte angelockten Pokémon bereisen, etwa mit einer Haltevorrichtung an einem Hisui-Washakwil in den Lüften, am Rücken von Salmagnis durch Wassergebiete oder im Sattel auf Damythir an Land. Mitunter trifft man auch auf starke Monster in Raum-Zeit-Verzerrungen und Elite- oder Alpha-Pokémon mit roten Augen – und auf "Noble Pokémon", die die Könige der Spielwelt sind. Es handelt sich um eine Art Bossgegner, die den Spieler direkt in Echtzeit in der Spielwelt angreifen und deren Angriffen man gezielt ausweichen muss. Das fühlt sich wie eine Mini-Prise "Dark Souls" oder "Monster Hunter" an, auch weil hier der Spieler und nicht das Pokémon kämpfen muss. Kontern kann man mit Pokébällen und Ruhegaben, um die Kreaturen in mehreren Kampfphasen zu bändigen.

    Noch nie so viele Neuerungen auf einmal

    Das neue Pokémon im Cartoon-Look hat auch ein Crafting-System spendiert bekommen, bei dem man selbst Items aus verschiedenen Zutaten herstellen kann, was etwas "The Legend of Zelda: Breath of the Wild" erinnert, aber simpler ausfällt. Schön dafür: Wir laufen nicht nur auf der Suche nach Pokémon durch die Spielwelt, sondern sammeln die Zutaten quasi nebenher ein. Das ist auch gut so, denn es gilt, Forschungsränge aufzusteigen, damit dann auch alle Regionen der Spielkarte betreten werden können. Wie Grind fühlt sich jedoch keine einzige Sekunde an.

    Zweischneidiges Schwert: Die Cartoon-Grafik ist eigentlich ganz schön, die Umgebungen sind aber etwas leer.
    Zweischneidiges Schwert: Die Cartoon-Grafik ist eigentlich ganz schön, die Umgebungen sind aber etwas leer.
    Nintendo

    Technisch gibt es ebenso gute Nachrichten: Das Spiel läuft auf der Switch flüssig ohne Bugs und Ruckler und die Cartoon-Grafik macht bis auf einige verwaschene Untergründe beim Herumlaufen schön etwas her. Besonders die Spielfigur, die NPCs und die Pokemón selbst sehen jedoch fantastisch aus. Ein Eindruck bleibt aber: Teile der Spielwelt wirken etwas karg und leer. Das fällt besonders deshalb auf, weil "Pokémon Legenden: Arceus" uns die Kamera frei bewegen lässt und die erkundbaren Gebiete überraschend weitläufig ausgefallen und abwechslungreich sind, auch in Sachen Flora und Fauna. 

    Einzelspieler-Titel mit Mini-Multiplayer-Elementen

    Grafisch ebenso eine Verbesserung sind neue Animationen bei Kämpfen, man starrt nun nicht mehr zum Dutzendsten Mal auf dieselbe Eröffnungssequenz eines Kampfes. Zu den unterschiedlichen Gebieten kommen übrigens auch wechselnde Tageszeiten, zu denen sich oft nur bestimmte Pokémon in der Welt blicken lassen. Zu einem Warte- und Endlos-Spiel wird der Titel aber nie, denn erstens gibt es immer genug Pokémon, die man studieren oder fangen kann und zweitens läuft man sowieso gern durch die Welt, um Beeren, Honig und andere Items einzustreifen, um Köder und Tränke herzustellen – sogar Pokébälle können nun selbst gebaut werden.

    Im Kampf wiederum lassen sich die vier Attacken gegen neu erlernte tauschen. Das Game setzt zwar auf eine Einzelspieler-Erfahrung, einige Mini-Multiplayer-Elemente sind aber auch zu finden. Andere Spieler können Gegenstände, die wir bei der Bewusstlosigkeit durch angreifende Pokémon verlieren, einsammeln und uns zuschicken lassen – dafür kann man Punkte für Entwicklungen abstauben. Pokémon können auch mit anderen Spielern getauscht werden, lokal oder online. Kämpfe gegen andere Spieler sind allerdings überraschend nicht möglich, haben uns im Test aber auch nicht sonderlich gefehlt.

    Die Evolution, die "Pokémon" gebraucht hat

    Abschließend kann der Soundtrack des Spiels nur in den höchsten Tönen gelobt werden – die klassischen Pokémon-Klänge wurden überarbeitet und modernisiert und zählen nun zum Besten, das die "Pokémon"-Games zu bieten haben. Weiter warten heißt es dagegen auf voll vertonte Sprachausgaben der vielen Figuren. Dafür darf man nun aber über eine weitere Entwicklung staunen, die Welt verändert sich nämlich! Je mehr Daten wir über die Pokémon sammeln, umso mehr NPCs verlieren ihre feindliche Einstellung ihnen gegenüber und leben mit ihnen später sogar zufrieden zusammen.

    "Pokémon Legends: Arceus" macht vieles neu und fast alles richtig. Vor allem ist das neue Game für die Nintendo Switch aber die Evolution, die die Spieleserie gebraucht hat. Besonderen Eindruck hinterlassen die neue Kampfstile für mehr Taktik, die "Monster Hunter"-ähnlichen Kampferlebnisse gegen Boss-Pokémon für mehr Dynamik und die unterschiedlichen Verhaltensweisen der Pokémon für mehr Abwechslung. Der Mut, Neues auszuprobieren, hat sich jedenfalls ausgezahlt, "Pokémon Legenden: Arceus" ist ein fantastisches Game geworden, nicht nur für "Pokémon"-Fans.