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Husslein: "Man hielt Heidi Horten für Mafia-Boss!"

Heute Redaktion
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170 Werke aus 100 Jahren Weltkunst – wir durften die Sensations-Schau von Milliardärin Heidi Horten vorab sehen. Durch's Wiener Leopold Museum führte uns Kuratorin Agnes Husslein-Arco.

Marc Chagall, Ernst Ludwig Kirchner, Paul Klee, Gustav Klimt, August Macke, Franz Marc, Henri Matisse, Joan Miró, Edvard Munch, Pablo Picasso, Egon Schiele, Francis Bacon, Damien Hirst, Alex Katz, Yves Klein, Roy Lichtenstein, Robert Rauschenberg, Gerhard Richter, Mark Rothko, Andy Warhol – ja, mit diesen und noch viel mehr Superstars teilt sich Heidi Goëss-Horten ihr Schloss am Wörthersee.

Affe und Hase: Horten widmet Tieren eigenen Raum

Zum allerersten Mal zeigt die Mäzenin und Milliardärin ihre Schätze der Öffentlichkeit, die Ausstellung „WOW! The Heidi Horten Collection" gilt als eine der bedeutendsten Privatsammlungen Europas. Zu bewundern sind 170 Werke aus 100 Jahren Kunstgeschichte, die Collection bietet zugleich einen individuellen Blick auf das Spektrum an Kunst und Künstlern, das Heidi Goëss-Horten unter einem Dach vereinen konnte. Der deutsche Expressionismus sowie die amerikanische Pop-Art bilden dabei die größten Werkgruppen. Und: Einen eigenen Raum widmet die Tierliebhaberin und mehrfache Hundebesitzerin animalischen Helden.

Husslein über Horten: "Wir waren ein kongeniales Team"

Kuratiert wird die Schau von Ex-Belvedere-Chefin Agnes Husslein-Arco, Vorstands-Mitgleid des Hauses und eine langjährige Wegbegleiterin der Sammlerin. Sie führte uns vorab durch die Räumlichkeiten und erinnerte sich an Anfänge, Höhepunkte und Anekdoten. Husslein über Horten: "Wir waren ein kongeniales Team".

Heidi Goëss-Horten (76) zeigt ihre sensationelle Privatsammlung – 170 Werke vom Expessionismus bis zur Gegenwart mit Exponaten von Paul Klee, Gustav Klimt, Andy Warhol, Marc Chagall, Erwin Wurm und Co. – ab 16.2. erstmals der Öffentlichkeit. Mit 19 lernte die damalige Sekretärin Heidi Jelinek aus Wien den 51-jährigen deutschen "Kaufhaus-König" Helmut Horten an einer Veldener Hotelbar kennen. Als er 1987 starb, erbte sie das gesamte Vermögen, damals etwa eine Milliarde US-Dollar. Ihre Liebe zur Kunst wuchs, in den darauffolgenden Jahrzehnten trug sie eine der bedeutendsten Privatsammlungen Europas zusammen. Kritiker sehen diese allerdings als Ergebnis der in der NS-Zeit erzielten Profite – Helmut Horten erwarb Kaufhäuser von jüdischen Familien, die in die USA emigrieren mussten. Die Milliardärin (Nummer drei der Reichen im Land), die 2015 den Grafen Carl Anton Goëss heiratete, lebt gemeinsam mit ihren Schätzen in einem Schloss am Wörthersee. Eines ihrer größten Anliegen: Kunst für alle zugänglich zu machen.

Interview mit Kuratorin Agnes Husslein

"Heute": 170 Werke aus 100 Jahren Weltkunst. Wo ist Ihr persönlicher WOW-Moment am stärksten?

Agnes Husslein-Arco: In dieser Ausstellung ist alles WOW! Wer hier hereinkommt, dem geht das Herz auf.

"Heute": Sie begleiten Sammlerin Heidi Goëss-Horten seit Jahrzehnten beim Zusammentragen ihrer Schätze. Welcher Kauf war der prägendste?

Husslein: Die meisten Bilder sind bei Auktionen gekauft worden. Ich war ja viele Jahre Geschäftsführerin von Sotheby's in Österreich, Heidi Goess-Horten war damals schon eine gute Bekannte von mir. Natürlich erinnere ich mich an die erste große Auktion, das war 1994 in London. Sie bot am Telefon. Sie war ja immer sehr privat, ist nie in Erscheinung getreten, das war ihr ganz wichtig, diese privacy zu haben. Man sollte nicht wissen, wer diese Bilder sammelt. Ich weiß noch, wir haben damals 34 Bilder auf einmal ersteigert. Und alle haben auf dieses kleine Mädchen aus Österreich geschaut, das ja nicht so bekannt war. Normalerweise sind die Sammler aus den USA oder England oder Frankreich. Aber dass eine Österreicherin da so viel kauft… Da wurden dann die unglaublichsten Geschichte gesponnen. Bis zum Mafiaboss, der alles gekauft hat. Das stand sogar in der "New York Times". Damals kauften wir auch den Chagall. "Les Amoureux" ist das Lieblinsgbild der Sammlerin.

"Heute": Der Mäzenin ist es extrem wichtig, mit der Kunst zu leben – dehalb sind die Werke auch nicht im Sicherheitsdepot verwahrt, sondern schmücken ihr Domizil am Wörthersee. Wissen Sie, welches Bild im Schlafzimmer hängt und welche Skulptur in der Küche thront?

Husslein: Natürlich weiß ich das, sonst hätte ich die Schau ja nicht zusammenstellen können. Ja, es ist ihr ganz, ganz wichtig, mit der Kunst zu leben. Das macht sie glücklich.

Husslein im Talk: "Alle schauten auf das kleine Mädchen aus Österreich"

"Heute": Weißt die Sammlung Trends auf? Oder ist das Wort fehl am Platz, da es implizieren würde, dass sich Frau Horten Modeerscheinungen in der Kunst hingibt?

Husslein: Nein, kein Trend. Das Schöne ist, dass das eine unglaublich qualitätsvolle Sammlung ist, aber eine, die sich aus dem Geschmack der Sammelerin generiert. Sie sagt selber: Jedes Bild wurde von ihr ausgewählt. Ich habe ihr manches empfohlen, aber es war immer ihre Entscheidung. Ich habe ihr auch manches empfohlen, und sie hat es nicht gekauft. Ihr persönlicher Geschmack ist klar manifest, aber es ist eine ergänzte Sammlung. Zum Beispiel der Lichtenstein, "Forest Scene", das repliziert auf ein Werk von Franz Marc. Das Reh, das sich um einen Baum windet. Sie hat zuerst das Lichtenstein-Bild gekauft und dann ein paar Jahre später kaufte sie Marcs "Rote Rehe I". Und: Sie hat ganze Werkblöcke, etwa von Fontana, aus diversen Schaffensphasen. Genau das macht die Profundheit der Sammlung aus.

"Heute": Ist dieser Klimax der Kunst für Sie persönlich auch eine Art Schlussstrich nach den vielen Querelen rund um die "Causa Belvedere" (Husslein wurde 2016 wegen wegen Compliance-Verstößen als Direktorin abgesetzt, die Untreue-Ermittlungen sind mittlerweile aber eingestellt, Anm.)?

Husslein: Natürlich freue ich mich sehr. Es ist schön, die Werke, die ich vor 30 Jahren mit ihr gekauft habe, wie Perlen an einer Schnur nebeneinander zu sehen. Und damit einhergehend natürlich auch die Bestätigung, dass ich schon ein ganz gutes Auge habe, für meine Empfehlungen. Ohne sie wäre das alles hier nicht möglich gewesen. Aber einen kleinen Beitrag habe ich auch geleistet.

HIER gibt's alle Infos zu Schau. Jeden Donnerstag ist sie ab 18 Uhr bei freiem Eintritt zu bestaunen.

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