Politik

"Gehört der Islam zu Österreich?" - "Nein!"

Heute Redaktion
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Das Doppel-Interview zu 100 Tage Regierung (27. März). Kanzler Sebastian Kurz (VP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FP) über Regierung, Rauchen, Budget – und Energetiker.

„Heute": Herr Kanzler, wie viele Tag gab es, an denen Sie sich gedacht haben, mit der SPÖ wäre es lässiger gewesen?

Sebastian Kurz: Diese Tage gab es nicht, es hat sich diese Frage gar nicht gestellt. Christian Kern hat schon im Wahlkampf gesagt, wenn er die Wahl nicht gewinnt, geht er in Opposition. In den Gesprächen mit Heinz-Christian Strache habe ich gemerkt, dass es einen massiven Willen gibt, zu gestalten, dieses Land zu verändern. In anderen Konstellationen würden wir jetzt gerade über Erbschaftssteuer und Gesamtschule streiten. Nun ist der Kurswechsel eingeleitet.

„Heute": Herr Vizekanzler, gab es bei Ihnen Tage, wo Sie gedacht haben: Opposition war cooler?

Heinz-Christian Strache: Nein, in 13 Jahren als Oppositionschef bin ich oft gegen Wände gelaufen. So gesehen ist man froh, wenn man in Regierungsverantwortung ist und viele freiheitliche Forderungen umsetzen kann. Vorgängerregierungen haben 100 Tage gebraucht, um sich zu finden, die haben da noch gar nicht gearbeitet.

„Heute": Fühlen Sie sich von Teilen der Gesellschaft und der Medien ungerecht behandelt?

Strache: Nein, man freut sich über jede Kritik und über jede Berichterstattung.

„Heute": Wirklich?

Strache: Ja, wirklich, weil die Bürgerinnen und Bürger mündig genug sind, zu definieren, was ist der Unterschied zur Vorgängerregierung. Nicht umsonst sieht die Mehrheit der Bevölkerung in Umfragen den Weg der neuen Regierung positiv.

Kurz: Als Politiker ist man immer wieder in der Situation, dass die Vorhaben, an denen man hart arbeitet, nicht immer gleich im Zentrum der Berichterstattung stehen.

„Heute": Es gab Wochen, in denen mehr über antisemitische oder rassistische Postings von FPÖlern diskutiert wurde als über die Regierungsarbeit. Nervt sie das?

Kurz: Natürlich wäre es wünschenswert, dass vor allem die Arbeit der Regierung, die großen Richtungsentscheidungen, diskutiert werden. Was die Postings betrifft: Wenn es gegen die Gesetze verstößt oder antisemitisch ist, dann hat das keinen Platz und muss auch aufgedeckt, gestoppt und gerichtlich verfolgt werden. Wenn es nur Mutmaßungen und Unterstellungen sind, kann man sich die Debatte darüber sparen.

„Heute": Haben Sie das Thema Rauchen unterschätzt?

Kurz: Nein.

„Heute": Schon 546.000 haben das Volksbegehren unterschrieben. Warum sagen Sie nicht: Okay bei 1 Million machen wir eine Volksabstimmung?

Strache: Grundsätzlich: Wenn wir keine anderen Probleme haben, geht es uns sehr sehr gut. Wir sagen Ja zum Rauchverbot in der Öffentlichkeit, aber Nein zum totalen Rauchverbot in der Gastronomie. Und ja, die direkte Demokratie soll immer der Sieger sein. Wir wollen umsetzen, dass es bei mehr als 900.000 Unterzeichnern eines Volksbegehrens verpflichtend zur Volksabstimmung kommt.

Kurz: Ich hoffe sehr, dass wir dafür die Unterstützung der Opposition finden.

„Heute": Aber wenn 1 Million für das Rauchverbot unterschreiben, sagen Sie nicht automatisch ja zur Volksabstimmung?

Kurz: Der Automatismus muss erst gesetzlich verankert werden. Wir werden das Ergebnis natürlich in der Regierung und im Parlament diskutieren. Ich hoffe, dass diejenigen, die jetzt für die Volksabstimmung sind, auch für diesen Automatismus sind.

„Heute": Sie sprechen von einem „Budget der Veränderung". Halten Sie es auch für mutig?

Kurz: Aus meiner Sicht ist es nicht nur mutig, sondern auch ein Kraftakt. Wir haben mehr als 60 Jahre mehr ausgegeben als eingenommen. Wir sparen im System, in der Verwaltung, im Asylbereich. Wir geben weniger aus als wir einnehmen. Das ist kein Selbstzweck, sondern die einzige Chance, dass wir unseren Sozialstaat nachhaltig finanzieren können.

Strache: Seit 1954, und seitdem hat es viele Hochkonjunktur-Phasen gegeben, hat man es nicht zustande gebracht, keine neuen Schulden zu machen. So sollte man das auch bewerten.

„Heute": Beim Familienbonus erhält mehr, wer jetzt schon mehr hat. Ist das gerecht?

Kurz: Wir haben die Maßnahmen bewusst so gestaltet, dass auch jene, die keine Steuern zahlen oder ganz wenig verdienen, profitieren. Beispiel: Wer 1.750 Euro brutto verdient und ein Kind hat, zahlt in Zukunft 1.500 Euro pro Jahr weniger Steuern. Das richtet sich vor allem an kleine und mittlere Einkommen, was die prozentuelle Entlastung betrifft. Es ist ein sehr gerechtes Modell.

Strache: Wir machen mehr möglich als jede Regierung zuvor. Neuen Schulden wären asozial.

Kurz: Alle steigen besser aus.

Strache: Wenn wir das fortsetzen, kommen wir dort hin, dass jeder einmal ein Monatsgehalt mehr hat an Entlastung. Aber wir haben auch die Verantwortung, dass jene Menschen, die hart gearbeitet und ins System eingezahlt haben. Wir lassen nicht zu, dass jemand, der keine Stunde eingezahlt hat, 840 Euro Mindestsicherung bekommt. Und eine Pensionistin, die 40 Jahre gearbeitet hat, auch nur knapp über 840 Euro Pension erhält. Dort werden wir die 1.200 Euro Mindestpension sicherstellen.

„Heute": Wann passiert das?

Strache: Wir wollen das vor dem Sommer beschließen.

"Heute": Gehört der Islam zu Österreich?

Strache: Nein! Der Islam ist kein Teil Österreichs. Wir haben eine christlich-jüdische Prägung in Mitteleuropa. Bürger mit islamischen Glauben sind aber heute Teil der Gesellschaft.

"Heute": Herr Bundeskanzler, Sie sehen das anders?

Kurz: Rechtlich ist der Islam seit 1912 eine anerkannte Religion. Es herrscht Religionsfreiheit, jeder soll seiner Religion nachgehen – aber es gibt keine Toleranz für radikale Gedanken und politischen Islamismus.

"Heute": Einer „Heute"-Umfrage zufolge machen sich 58 Prozent Sorgen wegen der Vorgänge im BVT. Verstehen Sie das?

Kurz: Ich verstehe, wenn es hier Sorge gibt, denn es werden einige Personen im BVT beschuldigt, Gesetze gebrochen zu haben. Für sie gilt die Unschuldsvermutung. Wichtig ist jetzt eine lückenlose Aufklärung. Ich vertraue voll der Arbeit der unabhängigen Justiz.

„Heute": Die Sorge bezieht sich weniger darauf, dass es Beschuldigte im BVT gibt, sondern wie damit umgegangen wird.

Kurz: Es braucht in allen Fragen volle Aufklärung. Das betrifft die Beschuldigten im BVT, aber auch die Art und Weise, wie die Aufklärung stattgefunden hat. Wenn hier bei Richtern oder Staatsanwälten Fehlentscheidungen getroffen worden sind, wird das die Justiz beurteilen, nicht die Politik.

Strache: Es bereitet schon Sorge, wenn in einem so wichtigen Bereich die Staatsanwalt Ermittlungen begonnen hat, weil es konkrete Verdachtsmomente gibt. Gut, dass wir eine Gewaltenteilung haben, wo nicht politisch entschieden wird.

„Heute": Zum Abschluss: Wie halten Sie es denn mit Energetikern?

Strache: Die SPÖ hat mit dem Wahnsinn beim Krankenhaus Nord den Vogel abgeschossen. Ich halte es für verrückt, diesen Wahnsinn mit Steuergeldern zu bezahlen. Ich glaube nicht an die Wirkung, ich glaube an gute Personal-Trainer und Coaches.

Kurz: Ich bin verblüfft, wie viel Steuergeld man dafür ausgeben kann.

Strache: Jeder soll sich privat einen Energetiker leisten, aber nicht mit Steuergeld.

(red)