Österreich

Brutaler Kredithai wollte Mutter und Sohn totfahren

Sogar aus dem Gefängnis wollte Manfred H. noch mit einem Schmuggel-Handy Schulden eintreiben. Dem Mann mit wilden Methoden drohen zehn Jahre Haft.

Heute Redaktion
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"Kredithai" Manfred H. (45) muss sich seit Dienstag wegen Erpressung in Wien vor Gericht verantworten.
"Kredithai" Manfred H. (45) muss sich seit Dienstag wegen Erpressung in Wien vor Gericht verantworten.
Bild: Helmut Graf

"Unersättliche Geldgier und skrupellose Machenschaften", wirft die Staatsanwältin denm Burgenländer Manfred H. vor. Seit Dienstagvormittag muss sich der Kredithai am Wiener Landesgericht verantworten. Die Anklägerin lastet dem 45-Jährigen Erpessung, Körperverletzung, Betrug, Geldwucher und gefährliche Drohung an.

"Sie haben Opfer in Ruin getrieben"

Zumindest 66 hoch verschuldeten Opfern soll der private Geldverleiher "Darlehen" gewährt haben – horrend verzinst. "Sie haben Menschen in Zwangslagen oder mit dem Hang zu Leichtsinn ausgebeutet, um sich selbst zu bereichern und Vermögenslose in den privaten und finanziellen Ruin getrieben", fasste die Staatsanwältin sein kriminelles Geschäftskonzept zusammen. Spitze des Eisberges: Ein Mann nahm sich 1.500 Euro bei Manfred H. auf – und zahlte monatlich 150 Euro Zinsen, fünf Jahre lang. Am Ende war dieses Opfer 9.000 Euro losgeworden.

"Er hat Menschen geholfen"

Menschen, die aufgrund ihrer üblen Bonität nirgendwo sonst mehr einen Kredit erhalten hatten, kamen zu Manfred H. – weil sie Spielschulden hatten, an Drogen wollten, ein neues Auto brauchten oder kurz vor der Zwangsdelogierung standen.

Manfred H. zahlte ihnen den Betrag bar aus, die Schuldner mussten ihm dann monatlich zwischen 10 und 25 Prozent Zinsen überweisen. Diese wurden nicht von vom "Darlehen" abgezogen, die Pleitiers durften die Summe zudem nicht abstottern. Manfred H. verlangte von ihnen, das Geld auf einmal zu retournieren. "Weil er so lange wie möglich überhöhte Zinsen kassieren wollte", ist die Anklägerin sicher. "Er hat den Menschen geholfen, damit sie etwas ihre Wohnung behalten, das hat seinen Preis gehabt", konterte Verteidiger Andreas Reichenbach.

Ob die Opfer gar keinen Vertrag mit Laufzeit und Rückzahlungsmodalitäten forderten, wollte die Richterin wissen. Manfred H.: "Die meisten haben das Geld gesehen und einfach unterschrieben."

Er wollte mit Beißzange Nägel ziehen

Wenn seine "Kunden" nicht (rechtzeitig) bezahlten, soll es kriminell geworden sein. Laut Anklage soll Manfred H. zahlungsunfähige Menschen "eingeschüchtert, bedroht und auch attackiert" haben. "Ich bin mit der slowakischen Mafia verbündet", war einer seiner Sprüche. Gerne zeigte er auch seine Waffe her: "Keine Sorge, die ist echt."

Von einem Schuldner verlangte er etwa, einen anderen zu halten, damit er ihm mit einer Beißzange sämtliche Fingernägel ziehen könne. Einem Mann wurde es zu viel – er versuchte sich, wegen Manfred H. das Leben zu nehmen, doch seine Frau hielt ihn im letzten Moment davon ab.

Junger Mutter Hand gequetscht

Eine junge Mutter, die die Schulden nicht begleichen konnte, nahm sich Manfred H. laut Anklage besonders hart vor. "Wenn du nicht bald zahlen kannst, schick ich dich auf den Strich", soll er gedonnert haben. Sollte sie sich weigern, würde er sie auf der Straße totfahren, wenn sie den kleinen Sohn in den Kindergarten bringt. Um den entsetzlichen Worten Nachdruck zu verleihen, zeigte er der Frau seine Waffe, ein Masser und einen Baseballschläger. Dann wechselte er aber seinen Plan mit der Frau, quetschte ihr im Jänner 2016 brutal die Hand und chauffierte sie dann ins Spital: "Sag, dass es ein Unfall war und du daheim gegen die Tür gelaufen bist", soll er von seinem Opfer verlangt haben – um von der Unfallversicherung 1.458 kassieren zu können.

"Denk dran, dass du Kinder hast"

Als die Kripo gegen ihn längst ermittelte, schüchterte er eine Zeugin massiv ein und verlangte von der Frau 2.000 Euro Strafgebühr für die Aussage bei der Polizei. Sollte sie bei Gericht gegen ihn vorgehen, meinte er: "Denk daran, dass du ein Kind hast." Über die Praktikten seines Mandanten sagte Anwalt Reichenbach: "Das ist eine Branche, wo es härter zugeht."

Die Gangart hat Manfred H. dann kurz vor seiner Verhaftung erhöht. Er heuerte zwei Tschetschenen als Geldeintreiber an. Sogar, als er schon in der Justizanstalt Wien-Josefstadt in Untersuchungshaft saß, ließ er sich ein Handy in den Häf'n schmuggeln, um Schulden eintreiben zu können.

Manfred H. hatte Sparplan

Manfred H. hatte auch eine Erklärung, warum Dutzende Opfer ihn belasten: "Sie hoffen, dass ich lange ins Gefängnis muss und sie mir das Geld nicht zurückgeben müssen." Bei einer Hausdurchsuchung stellte die Kripo seinen "Sparplan" sicher: Bis 1. März 2020 wollte er als "Kredithai" offenbar 450.000 Euro einnehmen.

Acht Prozesstage, bis zu zehn Jahre Haft

Nicht sparsam – zumindest mit Tagsatzungen – ist indes die Justiz: Für den Prozess am Wiener "Landl" sind vorerst acht Verhandlungstage anberaumt – damit sämtliche Opfer als Zeugen gehört werden können. Am Dienstag verantwortete sich der Angeklagte teilgeständig, räumte beispielsweise ein, die "Darlehen" vergeben zu haben, die ihm angelasteten Gewaltorgien bestreitet er. Manfred H. drohen im Falle einer Verurteilung im Sinne der Anklage bis zu zehn Jahre Haft. Für den Burgenländer gilt die Unschuldsvermutung. (coi)