Österreich

Mord-Prozess in Wien endet mit Knalleffekt

Heute Redaktion
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Ungewöhnliches Ende eines ungewöhnlichen Mordprozesses am Wiener Landesgericht: Das Urteil wurde ausgesetzt wegen zu vieler Mängel im Verfahren. Alles neu!

Auf acht Geschworene wartete am Wiener Landesgericht eine Herkulesaufgabe: Nach dem mysteriösen Todesschuss vor dem Café „Blanco" in Wien-Donaustadt mussten die Laienrichter über Schuld oder Unschuld des Angeklagten beraten. Am Ende waren sich sich einig: 8:0 für Freispruch. Ein neuer Prozess muss her. Aber alles der Reihe nach.

Wie berichtet, soll Shkelzen D. (28) einen Nebenbuhler zu Ostern im Streit erschossen haben. „Ein Unfall, die Kugel hat sich irrtümlich gelöst, als ich ihm mit der Pistole auf den Kopf schlagen wollte", so der Verdächtige, nachdem er sich wenige Minuten nach der Tat freiwillig (!) bei der Polizei gestellt hatte.

Gutachten macht Causa immer mysteriöser

Der Staatsanwalt verzichtete – völlig atypisch bei einem Schussdelikt – auf ein ballistisches Expertengutachten. Erst als seine Anwälte Werner Tomanek und Philipp Wolm die Mordanklage mittels Privatdossier zerpflückt hatten, beauftragte das Gericht einen Sachverständigen. Seine Expertise liegt "Heute" seit Ende der Vorwoche vor – und sorgte für basses Erstaunen: „Eine Schussauslösung durch einen Schlag ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Es wurden keine Anhaltspunkte für eine Schussabgabe von D. festgestellt".

"Will ich nicht beantworten"

Vor Gericht zeigte sich der Angeklagte beinahe schon philosophisch, seinen Anwälten will er gesagt haben: "Vielleicht war ich es – vielleicht auch nicht." Auf Fragen des Richters Georg Olschak gab er sich wortkarg, sagte Dutzende Male: "Will ich nicht beantworten."

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Komisch auch: Weder am Gewand noch an den Händen des Angeklagten wurden Schmauchspuren sichergestellt. Doch wenn die Spurenlage und das Gutachten eines rennommierten Sachverständigen davon ausgehen, dass Shkelzen D. nicht geschossen hat, stellt sich die Frage: Wer hat wirklich abgedrückt? Ein Mister X? Und warum deckt der Angeklagte ihn? Im grauen Haus räumte er Montagvormittag zumindest ein: "Ich habe einen Schuss gehört, ja."

Der Freispruch

Der auf zwei Tage anberaumte Prozess endete schließlich mörderisch spannend. Der erfahrene Richter Georg Olschak hatte 16 Zeugen und drei Sachverständige (ein Gerichtsmediziner, ein Chemiker, ein Ballistiker) geladen. Die Geschworenen sprachen Shkelzen D. frei.

Shkelzen D. bekommt einen neuen Prozess. Vorerst muss er hinter Gittern bleiben. Ob er freikommt, entscheidet sich erst in den nächsten Tagen. (coi)