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Der letzte echte Mercedes

Vor 34 Jahren wurde die neue mittlere Baureihe von Mercedes, intern W 124 genannt, vorgestellt. Sie hatte kaum noch etwas mit dem Vorgänger zu tun.

Heute Redaktion
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Der W 124 trat ein gewaltiges Erbe an: Die Vorgänger-Baureihe W 123 war ein Besteller gewesen. Fast 2,7 Millionen Limousinen, Coupés und Kombis wurden von 1975 bis 1986 gebaut. Die Fahrzeuge, optisch konservativ gestaltet, waren so beliebt, dass Käufer teilweise mehrere Jahre zwischen Bestellung und Übernahme warten mussten. Die Ablösung dieses Erfolgsmobils war nicht einfach. Entsprechend bereitete man die Baureihe 124 mit langer Hand vor. Bereits im Herbst 1976 begann die Vorentwicklung. Acht Jahre vergingen bis zum Serienstart im Herbst 1984.

Der Mercedes-Benz der Baureihe 124 war ein komplett neu konstruiertes Auto, sogar die Motorenpalette wurde neu konzipiert. Auch optisch war der Fortschritt enorm. Natürlich gab sich auch der von Bruno Sacco und seinem Team eingekleidete W 124 mit seinem stattlichen Kühlergrill sofort als Mercedes zu erkennen, aber die Linien wirkten runder und vor allem aerodynamischer.

Im Windkanal war die neue Limousine mit cw-Wert 0,29 gemessen worden, ein damals sensationell tiefer Luftwiderstand, zumal er kaum negative Auswirkung auf die Funktionalität und die Übersichtlichkeit des Wagens hatte.

Komplett neue Sechszylinder

Das Gewicht des neuen Mercedes-Benz 200 konnte im Vergleich zu seinem Vorgänger bei kaum veränderten Außenmassen (plus 1,5 cm in der Länge, minus 4,5 cm in der Breite) um 100 kg reduziert werden – und dies trotz maßgeblicher Steigerung der Sicherheit, die derjenigen der größeren und schwereren S-Klasse in nichts nachstand.

In der Baureihe W 124 kamen neue Sechszylindermotoren zum Einsatz, welche die 2,5- und 2,8-Liter-Varianten, deren Wurzeln bis in die Fünfzigerjahre zurückgingen, ablösten. Der neue Motor war trotz Beibehaltung der Reihenanordnung der Zylinder nicht nur kleiner, sondern vor allem deutlich leichter, was sich in einer Gewichtseinsparung von 42 Kilogramm äußerste.

Geburt der E-Klasse

1992 erschien der 280 E mit Vierventilzylinderköpfen und zwei Nockenwellen. Dieses Aggregat löste zusammen mit dem 320 E die 2,6- und die 3-Liter-Versionen ab. Am Heck wies die Bezeichnung 280 E auf den neuen Antrieb hin, dies allerdings nur bis zur Modellpflege 1993, denn ab jenem Zeitpunkt hieß die mittlere Baureihe von Mercedes offiziell E-Klasse und das E wurde der Hubraumbezeichnung vorausgestellt, womit am Heck nun E 280 stand.

Solid und irgendwie wie ein alter Freund, den man gut kennt, auch wenn man ihn über Jahre nicht mehr gesehen hat, wirkt der 280 E, wenn man sich heute hineinsetzt. Alles ist dort, wo es zumindest Mercedes-Kenner erwarten, sprich der Lichtschalter sitzt links vom Lenkrad, die Feststellbremse wird (auch beim Handschalter) mit dem linken Fuß bedient und mit der linken Hand gelöst.

Holzverkleidungen und freundliche Polsterstoffe machen den Innenraum heimelig, die übersichtlichen Armaturen und die deutlich beschrifteten Schalter sind funktionell.

Mehr Mercedes braucht niemand

Mehr Mercedes braucht kein Mensch, könnte man sagen und irgendwie stimmt es. Der gefahrene 25-jährige 280 E mit drei Erdumrundungen auf der Uhr jedenfalls meistert den modernen Autoalltag kaum schlechter als die semiautonom fahrenden Nachfolger. Und er dürfte deutlich besser altern über die nächsten Jahrzehnte. Nicht umsonst gilt die Baureihe 124, produziert von 1984 bis 1995, heute für viele Fans als der letzte richtige Mercedes – stabil, zuverlässig und (fast) für die Ewigkeit gebaut.

Weitere Informationen und viele aktuelle und historische Bilder zum Mercedes-Benz 280 E gibt es auf Zwischengas.com.

(red)