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"Meinem Freund sind nur Äußerlichkeiten wichtig"

Heute Redaktion
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Bild: Pixabay

Miris Freund lebt sehr asketisch, weil er sich ein Sixpack antrainieren will. Aber ihr ist Genuss wichtiger als ein paar Kilos mehr oder weniger. Was nun?

Frage von Miri (30) an Doktor Sex: Ich führe mit meinem Freund seit über zwei Jahren eine super Beziehung. Allerdings fokussiert er sich immer häufiger auf sein Aussehen. Er sieht gut aus und ist auch sehr gut trainiert. Und nun will er unbedingt noch ein Sixpack. Momentan isst er nur wenig und fast keine Kohlenhydrate. Wenn er nach fünf Stunden Biken ein Fondue zu sich nimmt, hat er schon das Gefühl, eine "Sünde" begangen zu haben. Ich schaue auch, dass ich mich gesund ernähre, aber was er macht, hat nichts mehr mit gesund zu tun. Und dann ist mir gutes Essen und Genießen in einer Beziehung halt auch sehr wichtig – wichtiger jedenfalls als ein Sickpack oder ein paar Kilos mehr oder weniger. Ich merke, wie ich immer mehr Mühe habe, mit dieser Art von Verzichten um des Aussehens willen. Und ich habe keine Lust, mich dem ebenfalls zu unterziehen. Wenn ich das Problem anspreche und sage, dass es mir egal ist, wie hoch sein Körperfettanteil gerade ist, und dass es mir viel wichtiger wäre, auch mal schön essen zu gehen, findet er, ich übertreibe und unsere Diskussionen finden dann kein Ende mehr. Ich liebe ihn wirklich und dies ist auch der einzige Streitpunkt, den wir haben. Trotzdem weiß ich nicht, ob ich langfristig mit seiner Art zu leben und der damit verbundenen Oberflächlichkeit und Reduzierung auf das Äußere umgehen kann. Irgendwie weiß ich nicht mehr, was tun, obwohl er ja eigentlich perfekt ist. Hast du einen Rat, wie ich am besten damit umgehen könnte?

Antwort von Doktor Sex

Liebe Miri

Was du bei deinem Freund beobachtest, ist kein Einzelphänomen, sondern eine Dynamik, die zunehmend die ganze Gesellschaft erfasst. Allenthalben werden – oft unter dem Label "Gesundheitsförderung" – Gewichte gestemmt, Proteinshakes getrunken, Kilometer abgespult, Diäten erlitten, Beckenböden trainiert, Asanas geübt oder Meditationskissen durchgesessen. Wem die Schinderei zu anstrengend ist oder wer damit nicht das gewünschte Resultat erzielt und genügend finanzielle Mittel zur Verfügung hat, wendet sich an die Schönheitschirurgie: Hier ein bisschen wegschneiden, dort ein wenig absaugen oder aufspritzen – und schon erstrahlt der Körper in neuem Glanz.

Wozu die Bemühungen zur Gestaltung und Perfektionierung des Körpers letztlich gut sein sollen, bleibt schleierhaft. Viele sind überzeugt, dass sie durch einen gestylten Body ihre Chancen auf dem Beziehungsmarkt steigern. Dies mag zwar bis zu einem gewissen Grad stimmen, insbesondere dann, wenn sich zwei Menschen begegnen, die diesbezüglich im gleichen Film sind, und die Trainings Teil der gemeinsamen Freizeitgestaltung sind. Deine Frage und auch meine Erfahrung aus der Beratung von Paaren zeigen aber, dass diese Rechnung auf Dauer nicht aufgeht. Je länger eine Beziehung nämlich dauert, umso wahrscheinlicher wird es, dass eine der beteiligten Personen aussteigt. Beispielsweise, weil man eine Familie gründet und der Aufwand für die regelmäßigen Workouts nicht mehr zu bewältigen ist. Oder weil sich die Einstellung zum Thema ändert.

Ich denke, du solltest deine Zweifel an seiner Haltung und die damit verbundenen Konsequenzen ernst nehmen. Die Wahrscheinlichkeit, dass er in absehbarer Zeit seine Einstellung ändern wird, scheint mir gering. Daran ändern wohl auch weitere Diskussionen nichts. Manchmal sind es unterschiedliche Wertvorstellungen und nicht die Liebe, die über den Verlauf einer Beziehung entscheiden.

Deine Frage an Doktor Sex: [email protected] (wer)