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Schlangenplage bringt Feuerwehr ans Limit

Heute Redaktion
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Auf der Toilette von einer Schlange gebissen zu werden – eine furchtbare Vorstellung. In Bangkok sind die Kriechtiere zum Hauptproblem der Feuerwehr geworden.

Die Zeiten, in denen sich Panarat Chaiyapoon seelenruhig auf die Toilette setzen konnte, sind vorbei. Seit Juli schaut die Thailänderin jedes Mal genau in die Schüssel, bevor sie sich niederlässt – egal wo. In ihrem Haus in Bangkok, auf der Toilette im Erdgeschoss, erschrak sie wie nie zuvor, als sie von unten in den Po gebissen wurde: von einem zweieinhalb Meter langen Python.

Die Schlange wurde geschnappt, Panarat musste blutend ins Krankenhaus. Die Ärzte stellten Abdrücke von acht Schlangenzähnen fest, einige anderthalb Zentimeter tief. Eine Woche später fand Panarats 15-jährige Tochter in derselben Toilette einen weiteren Python.

Zehntausende Einsätze

Auch viele andere Bewohner in Thailands Hauptstadt machten unfreiwillige Bekanntschaft mit Schlangen, und die Feuerwehr ist am Anschlag: Bis Anfang Dezember musste sie in der Neun-Millionen-Stadt mehr als 32.000 Mal ausrücken, um Kriechtiere einzusammeln. So schlimm war es in einem einzigen Jahr noch nie.

Kürzlich gingen an einem einzigen Tag 173 Anrufe wegen Schlangen-Sichtungen ein. Feueralarm gab es dagegen nur fünfmal. Der Vizechef der Hauptstadt-Feuerwehr, Prayul Krongyos, klagt, dass der Kampf gegen die Schlangenplage inzwischen Hauptaufgabe seiner Leute sei. "Wenn wir ähnlich viele Feuer hätten wie Schlangen, würden wir nicht überleben."

Ein Paradies für Schlangen

Bangkok wurde auf Wasser, Sand und Lehm gebaut. Bis heute durchziehen viele Kanäle die Metropole, die sogenannten Klongs. Manche sichtbar, viele unterhalb der Straßen, aber alle mit schmutziger, braun-grauer Brühe gefüllt. Am Rand finden sich immer noch viele unbebaute Grundstücke – für Schlangen ein Paradies.

Von den mehr als 200 Arten, die in Thailand zu Hause sind, kommt gut die Hälfte auch in der Hauptstadt vor. Pythons sogar im Zentrum, nicht nur am Tempel Wat Arun, wo sich Touristen die Tiere gegen etwas Geld um den Hals legen lassen können, sondern auch in freier Wildbahn. Dass man die Türen geschlossen hält, ist in Bangkok selbstverständlich.

Manchen Besucher aus Europa muss man darüber aufklären, dass es sich bei dem dünnen grünen Ding unter dem Baum keinesfalls um eine Gummischlange handelt, sondern um eine echte Viper.

Viel Regen, viele Baustellen

Dass es jetzt besonders viele Schlangen gibt, liegt zum einen daran, dass 2017 ein ungewöhnlich regenreiches Jahr war. Die Überflutungen zwangen die Tiere dazu, sich höher gelegene Reviere zu suchen.

Zudem wird vor allem an den Rändern der Stadt viel auf Schlangengebiet gebaut. Auch Bangkoks chronisches Abfallproblem ist schuld an der Entwicklung: Der oft offen herumliegende Abfall lockt Mäuse, Ratten und Vögel an. Um die kümmern sich dann die Schlangen.

Hilfe übers Smartphone

Der Tierschützer Nonn Panitvong meint deshalb, dass man nicht von einer "Schlangenplage" sprechen sollte, weil die Reptilien auch viel Gutes tun. "Schlangen sind die am meisten missverstandenen Tiere der Welt", sagte Nonn kürzlich der "New York Times". "Solange sie nicht provoziert werden, verletzen sie nicht."

Auf der Messaging-App Line hat Nonn nun die Gruppe "Snake at Home" ("Schlange im Haus") gegründet. Dort kann man sich sofort informieren, ob eine Schlange gefährlich ist oder nicht. Die Gruppe hat schon 30.000 Mitglieder, pro Tag gehen 30 Anfragen ein. Für die Idee bekam Nonn eine Auszeichnung als Thailands erster "Held der Biodiversität". (mlr/20 Minuten)

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