Oberösterreich

Experte: "Hunde sind für Kinder gefährlicher als Wölfe"

Nach der Sichtung eines Wolfes in der Nähe von Linz fordert die ÖVP nun eine Abschusserlaubnis in OÖ. Ein Experte sieht darin ein reines Polittheater. 

Wolfsexperte Kurt Kotrschal sieht in den ÖVP-Forderungen nichts anderes als ein "reines Polittheater".
Wolfsexperte Kurt Kotrschal sieht in den ÖVP-Forderungen nichts anderes als ein "reines Polittheater".
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Die einen lieben ihn, die anderen hassen ihn: Seit der Wolf nach Österreich zurückgekehrt ist, wird heftig über seine Präsenz im Lande diskutiert. Vor allem Bauern und die ÖVP wollen, dass das Abschussverbot innerhalb der Europäischen Union fällt.

Nach Tirol und Kärnten wird nun auch in Oberösterreich über mögliche Abschüsse diskutiert. Der Grund: "Die Sichtungen von Wölfen, vor allem im Siedlungsgebiet und bei helllichtem Tag, nehmen zu", ist Agrar-Landesrätin Michaela Langer-Weninger (ÖVP) besorgt. Zuletzt wurde ein Wolf in Oberösterreich in Leonding (Bezirk Linz-Land) nahe der Stadtgrenze zu Linz gesichtet.

Für die Landesrätin ist auch klar: "Der Wolf ist weder selten noch ein Kuscheltier. Vielmehr ist er ein Raubtier, das neben Nahrung – vorzugsweise Fleisch – auch ein entsprechend großes Revier als Lebensraum braucht", sagt Langer-Weninger.

Mit Unbehagen verfolge sie die Entwicklung der Wolfspopulation in Oberösterreich und die steigende Zahl der Sichtungen. "Beinahe täglich taucht der Wolf nun in Oberösterreich auf. Zu oft als es den Menschen recht ist, und zu oft als dass man den Wolf noch als gefährdete Tierart bezeichnen könnte", meint die Agrar-Landesrätin.

"Beinahe täglich taucht der Wolf nun in Oberösterreich auf", ist die die Agrar-Landesrätin besorgt.

Geht es nach ihr, hätte die EU die FFH-Richtlinien bereits überarbeiten sollen. Der Wolf ist gemeinsam mit den beiden anderen "großen Beutegreifern" Bär und Luchs in der sogenannten FFH-Richtlinie (Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der EU) geschützt. Die Bejagung ist ganzjährig untersagt.

Deshalb will Langer-Weninger die Sache nun selber in die Hand nehmen: "Ich lasse gerade konkrete Maßnahmen erarbeiten, die uns eine Handhabe für den Umgang mit Problemwölfen geben", kündigt Langer-Weninger an.

"Ich lasse gerade konkrete Maßnahmen erarbeiten, die uns eine Handhabe für den Umgang mit Problemwölfen geben", sagt Langer-Weninger.

Die Ergebnisse erwartet sie bis Ende März.

Ziel sei es jedenfalls, die Sicherheit für Weide- und Almtiere, insbesondere aber auch der Bevölkerung in den Siedlungsräumen zu gewährleisten.

Wolfs-Experte sieht darin Polittheater

Der renommierte Wolfs-Experte Kurt Kotrschal sieht in dem Ansinnen ein "reines Polittheater". "Der Wolf steht unter Schutz und  wird bleiben. Es geht also nicht darum, ob wir die Tiere wollen, sondern wie wir möglichst konfliktarm mit ihnen zusammenleben können. Verordnungen auf Landesebene bringen überhaupt nichts", erklärt der Experte.

"Der Wolf steht unter Schutz und wird bleiben", sagt Wolfs-Experte Kurt Kotrschal.

Der Biologe hat gemeinsam mit anderen Forschern das Wolfsforschungszentrum im Wildpark Ernstbrunn (Bezirk Korneuburg) gegründet.

Dass Wölfe in Siedlungsgebieten auftauchen, hält er für normal, "wo sollen sie auch sonst hingehen, wenn alles besiedelt ist", sagt Kotrschal. Die Gefährlichkeit der Tiere werde laut dem Verhaltensbiologen vollkommen überschätzt. "Im wesentlichen sind sie scheu. Wenn ein Mensch auftaucht, sind sie zumeist weg", erklärt der Experte gegenüber "Heute". "Wer sich nicht mit den Wölfen arrangiert, wird in naher Zukunft ein Problem haben."

Weltweit werden pro Jahr fünf bis sechs Menschen von Wölfen getötet. Viel gefährlicher sind hingegen Haushunde. Sie seien dafür verantwortlich, dass jährlich bis zu 20.000 Menschen sterben.

Der Wolfs-Kenner räumt allerdings ein, dass es durchaus auch möglich sei, dass Wölfe Menschen angreifen. Das passiere vor allem dann, wenn die Tiere angefüttert werden. In Oberösterreich seien zurzeit aber nur zwei bis drei Wölfe unterwegs. 

Der Experte plädiert für besseren Herdenschutz

Geht es um Weidetiere, plädiert Kotrschal für einen besseren Herdenschutz. "Im flachen Land genügt ein rund 1,50 hoher Zaun. Auf den Almen braucht es aber Herdenschutzhunde und Hirten", sagt der Experte.

Einzelne Wölfe abzuschießen, ist für Kotrschal keine Lösung. "Wird ein Wolf abgeschossen, kommt der nächste nach", sagt der Experte. Ob ein Problemwolf getötet werden kann, werde innerhalb der FFH-Richtlinien im Einzelfall geprüft.  "Wenn man nicht auf Herdenschutz setzt, wird keine Ruhe einkehren", ist Kotrschal überzeugt. 

Für den Herdenschutz gebe es innerhalb der Europäischen Union Unterstützung. "In Österreich greift aber niemand auf den Topf zu", kritisiert der Experte. Politiker würden Bauern bewusst im Regen stehen lassen.

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