Österreich

Wien Energie stößt auf Centurio-Wohnzimmer

Heute Redaktion
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Direkt zwischen zwei Luxus-Modemarken stießen Arbeiter der Wiener Netze auf einen rund 2.000 Jahre alten Terrazzo-Boden. Es sind die Reste eines Wohnhauses eines römischen Centurio.

Tag für Tag passieren tausende Menschen die Ecke Bognergasse, Seilergasse in der Wiener Innenstadt. Doch wer hier in die Schaufenster von Louis Vuitton oder Chanel blickt, ahnt nicht, welche Schätze sich unter ihren Füßen befinden.

Im Auftrag der Wien Energie wird hier eine Verbindungsleitung zwischen den Fernkältezentralen Rennweg und Stubentor (beides City) verlegt. Am Mittwoch stießen Arbeiter der Wiener Netze hier auf die Überreste des ehemaligen römischen Militärlagers. Die Überraschung lauert in einer Tiefe von etwa zweieinhalb Metern: der Bagger legte Reste eines Terrazzo-Bodens frei.

Centurio-Wohnzimmer hinter ehemaliger Porta de Cumana

"Der Fundort liegt direkt hinter der ehemaligen Porta de Cumana in der heutigen Naglergasse, eines von vier Eingangstoren zum Militärlager", erklärt Martin Mosser (54), Archäologe und Experte für das römische Wien bei der Stadtarchäologie Wien gegenüber "Heute". Der Terrazzo-Boden befand sich in einem Wohnhaus von einem von 60 Centuriones, "wir stehen hier also quasi in dessen Wohnzimmer".

Im vorderen Teil der Kaserne lebte auf rund 200 Quadratmeter der Centurio – ein Hauptmann von je 100 Legionären – mit seiner Familie. Im Anschluss daran fanden je acht Soldaten auf rund 50 Quadratmetern Platz. "Im Durchschnitt verdiente ein Centurio das 15-fache von einem einfachen Soldaten, im Grund ist das ja auch heute noch so", lacht Mosser.

Terrazzo-Boden rund 2.000 Jahre alt

Laut Mosser wurde das Centurio-Lager samt dahinter liegender Soldatenkaserne Ende des 1. Jahrhunderts errichtet. "Es gab aber mehrere Bauphasen, etwa eine in Stein am Ende des 2. Jahrhunderts. Demnach ist der nun gefundene Bodenbelag also rund 2.000 Jahre alt.

Nun bleibt den Archäologen bis Ende Juli Zeit, die wertvollen Funde zu kartografieren, fotografieren und zu dokumentieren, danach starten die Verfüllarbeiten und die Baugrube wird wieder zugeschüttet. Die Arbeiten laufen parallel zur Verlegung der Fernkälte-Rohre. "Wir arbeiten jeweils rund 30 Minuten, lassen dann wieder die Kollegen arbeiten. Wenn die was finden, das verdächtig aussieht, rufen wir Stopp und sehen uns das genauer an", so der Archäologe.

Einige Stücke des Terrazzo-Bodens wurden dem Fundort entnommen und werden weiter untersucht. Künftig sollen diese im Wien Museum der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

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