Neue Ermittlungen

Hundebox: Behörde nahm Bub mit blauen Händen nicht mit

Uringeruch, Verletzungen, kein eigenes Bett: Trotz Hinweisen wurde ein Bub nicht früh genug von seinen Qualen erlöst. Eine Amtshaftungsklage droht.

Österreich Heute
Hundebox: Behörde nahm Bub mit blauen Händen nicht mit
Mutter vor Gericht: Die 33-Jährige wurde zu 20 Jahren Haft verurteilt. 
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Als "Jahrhundertfall" bezeichnete ein Gutachter das Martyrium eines 13-Jährigen in Waidhofen an der Thaya. Der Bub soll von der eigenen Mutter (33) mit Hilfe einer Komplizin (40) fast zu Tode gefoltert worden sein, wir berichteten. Die Waldviertlerin fasste 20 Jahre Haft aus, ihre Helferin (40) wandert für 15 Jahre hinter Gitter. Beide wurden eingewiesen (nicht rechtskräftig). In dem Prozess wurde auch die Rolle der Behörden beleuchtet, die das Leiden des Buben vielleicht früher beenden hätten können. 

Uringeruch in der Wohnung

Denn kurz bevor das Kind am 22.11.2022 ins Koma fiel, gab es nach einer Gefährdungsmeldung der Schule zwei unangekündigte Hausbesuche von der Kinder- und Jugendhilfe des Landes Niederösterreich. Ende Oktober 2022 war ein Sozialarbeiter in der Wohnung, ihm sei "Uringeruch" aufgefallen, so der Mann im Zeugenstand vor Gericht. Die Mutter redete sich auf ihre Hunde aus.

Das Kind habe Verbände an den Armen gehabt, in der Wohnung sei es kalt gewesen. Auch sei in der Wohnung nur das Bett der Mutter gestanden. Die Frau meinte, der Bub würde bei ihr im Bett schlafen. Wahrscheinlich musste er aber in einem Hundekorb übernachten. Beim nächsten unangekündigten Besuch machte den Jugendamt-Mitarbeitern dann niemand auf. 

Bub hatte blaue Hände

Vier Tage bevor der Bub ins Koma fiel, gab es dann den nächsten Besuch nach einer weiteren Gefährdungsmeldung. In der Wohnung war es angeblich eiskalt, der Bub soll gezittert und blaue Hände gehabt haben – wahrscheinlich Erfrierungen. Der Mitarbeiter sprach von einer "auffälligen" Situation, vereinbarte einen Psychologen-Termin. "Gefahr in Verzug" sah der Bedienstete nicht, auch sei er kein Arzt. Dem Vater verwehrte die Frau seit dem Frühjahr 2022 angeblich gekonnt fast jeglichen Kontakt zu seinem Sohn – er hat nun das alleinige Sorgerecht.

Die Mutter des Opfers vor Gericht in Krems: Sie wurde zu 20 Jahren Haft verurteilt. 
Die Mutter des Opfers vor Gericht in Krems: Sie wurde zu 20 Jahren Haft verurteilt. 
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Weitere Prüfung angekündigt

Nach zum Teil widersprüchlichen Aussagen des dokumentierten Falls bei den Behörden und Aussagen von Zeugen vor Gericht werden nun weitere Prüfungsschritte eingeleitet. Wie "Heute"-Recherchen ergaben, prüft nun die Fachaufsicht, angesiedelt bei der Kinder- und Jugendhilfe im Land NÖ, die Akten zu dem Fall und vergleicht diese mit den Gerichtsprotokollen.

Fotos - hier wird der Mutter der Prozess gemacht

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    In der Mitte musste sich die angeklagte Mutter hinsetzen – Fotos der Angeklagten wurden vom Gericht untersagt.
    In der Mitte musste sich die angeklagte Mutter hinsetzen – Fotos der Angeklagten wurden vom Gericht untersagt.
    Sabine Hertel

    Kommission präsentiert Bericht

    Zeitgleich wird auch die zuständige Bezirkshauptmannschaft Waidhofen an der Thaya Prüfungen zu dem schockierenden Fall einleiten. Sollten Verfehlungen passiert sein, könnten dienstrechtliche Konsequenzen drohen. Es gilt die Unschuldsvermutung.

    Indes wird der Bericht der Evaluierungskommission des Landes, die nach dem Aufschlagen des Falls im Vorjahr vom Land eingesetzt worden war, am Dienstagnachmittag präsentiert werden.

    Nun droht Amtshaftungsklage

    Timo Ruisinger, Anwalt des Kindes, schließt jedenfalls laut "ORF NÖ" seinerseits eine Amtshaftungsklage gegen das Land NÖ wegen möglicher Verfehlungen nicht aus: "Das wird dann nicht auf einer strafrechtlichen Ebene zu klären sein, sondern auf einer zivilrechtlichen Ebene, aber ich bin mir sicher, dass da das letzte Wort noch nicht gesprochen wurde und wir werden dran bleiben."

    Die Bilder des Tages

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      Leserreporter

      Auf den Punkt gebracht

      • In Niederösterreich wurde ein 13-jähriger Junge von seiner Mutter und einer Komplizin fast zu Tode gefoltert, während mögliches Behördenversagen dazu führte, dass das Martyrium des Jungen nicht rechtzeitig beendet wurde
      • Trotz unangekündigter Hausbesuche und Gefährdungsmeldungen seitens der Schule konnten die Behörden das Leiden des Jungen nicht früher unterbinden
      • Nun werden weitere Prüfungsschritte eingeleitet und mögliche rechtliche Konsequenzen für die Behörden in Niederösterreich werden diskutiert
      red
      Akt.