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Richter straft Klimakleber, weil er "anderen was aufzwi

Ein prominenter Klima-Aktivist wurde in der Schweiz wegen Sachbeschädigung und Nötigung verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Max Voegtli, Sprecher der Klimabewegung Renovate Switzerland, auf dem Weg ins Zürcher Bezirksgericht.
Max Voegtli, Sprecher der Klimabewegung Renovate Switzerland, auf dem Weg ins Zürcher Bezirksgericht.
ENNIO LEANZA / Keystone / picturedesk.com

Kurz nach 15.20 Uhr sprach Richter Rudolf Hug in Zürich ein bemerkenswertes Urteil gegen Max Voegtli, Mediensprecher der Klimabewegung Renovate Switzerland. "Sie haben einen zentralen Verkehrspunkt blockiert und dabei den Leuten ein anderes Verhalten aufgezwungen. Sie wollten den Verkehr stören und nicht nur Ihre Meinung äußern", so der Richter zu einer Klebe-Aktion des Klima-Aktivisten. Und: Sie haben die Beschädigung in Kauf genommen. Es ist keine Rechtfertigung, fremdes Eigentum zu beschädigen, um auf den Klimawandel aufmerksam zu machen."

Was war passiert? Die Staatsanwaltschaft hatte Voegtli für seine Aktion vom 11. September 2022 schuldig der Sachbeschädigung befunden. Damals klebte der 30-Jährige im Kunsthaus Zürich seine Hand an den Gemälderahmen eines Bildes des Künstlers Giovanni Segantini fest. Als man den Klima-Aktivisten vom Holzrahmen befreite, entstand daran ein Sachschaden in Höhe von umgerechnet 2.200 Euro. Nötigung sowie Störung von Betrieben, die der Allgemeinheit dienen, wurde dem Aktivisten für eine weitere Aktion, die sich am 14. Oktober zugetragen hat, vorgeworfen.

Reiste selbst mit Freundin durch die Welt

Laut Strafbefehl blockierte der 30-Jährige im Rahmen einer zuvor zwar angekündigten, aber auch unbewilligten Protest-Aktion von "Renovate Switzerland" zusammen mit sechs weiteren Personen das fünfspurige Utoquai. Dadurch blockierte die Gruppe den Auto- und Busverkehr für rund 35 Minuten. Die Polizei musste Voegtli sowie die anderen Klima-Aktivisten und -Aktivistinnen von der Straße wegtragen. Und im Frühling 2023 sorgte der 30-Jährige am Gotthard für rote Köpfe: So war er einer der Aktivistinnen und Aktivisten, die an Ostern mit einer Blockade am Gotthard Aufmerksamkeit erhielten.

Für Schlagzeilen sorgte Voegtli aber auch dieses Jahr Ende Juni, als eine Person den Klima-Aktivisten am Flughafen Zürich sichtete, den 30-Jährigen fotografierte und das Bild an die Medien schickte. Wie sich herausstellte, ging die Reise des 30-Jährigen nach Mexiko. Pikant: Der Renovate-Switzerland-Sprecher war die letzten zwei Monate mit seiner Partnerin in Mittelamerika unterwegs. Mit dem Flugzeug reiste er nach London, von dort kam er am Dienstag mit dem Zug angereist – direkt zum Gerichtstermin und vollbepackt mit zwei Rucksäcken.

Der Klima-Aktivist und Mediensprecher Max Voegtli wurde am Flughafen Zürich gesichtet – am Weg in den Mexiko-Urlaub.
Der Klima-Aktivist und Mediensprecher Max Voegtli wurde am Flughafen Zürich gesichtet – am Weg in den Mexiko-Urlaub.
20Min/ZueriToday

"Aufgrund dieser Notsituation" mitgemacht

"Ich bin eine Person, die nicht gerne Regeln bricht", so Voegtli vor Gericht. "Das liegt nicht im Wesen meiner Person, aber ich habe aufgrund dieser Notsituation an diesen Aktionen mitgemacht." Derzeit sei er Vollzeit für Renovate Switzerland tätig. Er habe deshalb derzeit kein Einkommen. Er lebe von seinem Vermögen und habe keine Schulden. Über Renovate Switzerland sagt er: "Wir wollen die Schweizer Bevölkerung durch gewaltfreie Proteste mobilisieren, bis der Bund und die Gesellschaft handeln." Und: "Ich akzeptiere die Konsequenzen meines Handelns."

Richter Rudolf Hug zeigte sich trotz der Verteidigung des Aktivisten, die aus einer Aufzählung von Klimakatastrophen bestand, knallhart – und sprach Voegtli schuldig laut dem Strafbefehl. Er wurde zu einer bedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 30 Franken (insgesamt rund 1.886 Euro) verurteilt. Zudem muss er die Vorverfahrenskosten von rund 1.571 Euro tragen. Sollte Voegtli in den nächsten zwei Jahren nicht straffällig werden, muss er die Geldstrafe nicht bezahlen. Das Sprichwort "der Zweck heilige die Mittel" sei in diesem Fall nicht angebracht, betonte der Richter.

Klima-Aktivist will trotzdem weitermachen

Noch nie sei es so einfach gewesen, mit Menschen zu kommunizieren wie heute, so der Richter. Voegtli solle sich in Zukunft auf diese legalen Möglichkeiten konzentrieren. Die Verhandlung wurde damit geschlossen. Wie Voegtli vor dem Gerichtsgebäude sagte, will er das Urteil akzeptieren. In Berufung wolle er nicht gehen. "Es ist, wie es ist. Das Gericht hat sich positioniert, ich habe mich positioniert", so der Klima-Aktivist. Gleichzeitig wolle er aber auch in Zukunft nicht auf zivilen Widerstand und illegale Aktionen verzichten: "Ich werde weitermachen, bis unsere Regierung handelt."

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