USA
"Wählt sie ab": US-TikToker schwören Rache für Verbot
In den USA könnte TikTok bald verboten werden. Jetzt drohen immer mehr User, die verantwortlichen Politiker abzuwählen.
"Ich werde nur wegen diesem einen Ereignis wählen gehen. Wenn Sie für das TikTok-Verbot gestimmt haben, werde ich Sie nicht nur nicht wählen, sondern aktiv gegen Sie wählen." Das sagt die US-TikTokerin degreefree mit knapp einer halben Million Follower. Ihr Video, das über 2,7 Millionen Mal angeschaut wurde, ist eines von vielen mit ähnlichem Inhalt: Immer mehr TikTok-User wehren sich gegen das drohende Verbot der chinesischen Social-Media-Plattform in den USA.
Ein anderer prominenter Gegner des TikTok-Verbots ist der 101-jährige "Papa Jake", ein US-Kriegsveteran, der am D-Day in der Normandie anlandete, um Europa von den Nazis zu befreien. "Dank TikTok erreiche ich mit meinen Botschaften Millionen Menschen auf der ganzen Welt. TikTok hat mein Leben verändert. Dank TikTok können junge Menschen aus meinen Erfahrungen aus dem Zweiten Weltkrieg lernen", sagt er in einem millionenfach geschauten Video.
Argumentation der User: Darum wehren sie sich
Einerseits natürlich, weil viele sich durch TikTok ein Unternehmen aufgebaut haben oder als Influencer Geld verdienen. Für viele der 170 Millionen Userinnen und User ist die App auch schlicht nicht mehr aus dem Alltag wegzudenken. Degreefree nennt aber noch einen anderen Grund: "Ihr wollt eine App sperren, die das halbe Land nutzt, um die Nachrichten zu erfahren. Und das 180 Tage vor den Wahlen."
Der Vorwurf der TikTokerin, das sei "der wahre Grund" für das Verbot, ist allerdings nicht stichhaltig: Ein allfälliges Verbot träte erst nach der Wahl am 5. November in Kraft.
Die Hintergründe: Darum droht ein Verbot
Die USA wollen TikTok verbieten und gibt dafür zwei Gründe an: Die Angst, dass Bytedance, der chinesische Konzern, dem TikTok gehört, Daten von US-Bürgern sammelt. Und aufgrund einer "Gefahr für die nationale Sicherheit": Mit Desinformationen und Manipulation könnte China sich in inneramerikanische Prozesse einmischen.
Die chinesische Firma Bytedance hat neun Monate Zeit, alle Anteile an TikTok an eine nicht-chinesische Firma zu verkaufen. Tut sie das nicht, wird die App in den USA erst aus den App-Stores verschwinden und dann aufgrund fehlender Updates nach und nach auch von den Smartphones der Amerikanerinnen und Amerikaner.
Die Einschätzung: Ist ein Verbot realistisch?
Darüber streiten sich Experten. Das Datenschutz-Argument ziehe kaum, sagt Matthias Kettemann, Professor für Innovationsrecht an der Universität Innsbruck, gegenüber der "TAZ": "Die USA haben nicht einmal ein eigenes Datenschutzgesetz. China könnte persönliche Daten von US-Bürgerinnen und -Bürgern auch ganz legal bei Datenhändlern erwerben."
Auch beim Argument der nationalen Sicherheit ist Kettemann skeptisch, ob ein Gericht es für stichhaltig erklären würde. Seine Einschätzung: "Der Supreme Court wird das Gesetz wahrscheinlich für verfassungswidrig erklären, wenn TikTok sich, wie zu erwarten, vor Gericht dagegen wehren wird."
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Die USA wollen TikTok verbieten, wenn der chinesische Mutterkonzern die Firma nicht verkauft
- Die Amerikaner haben Angst vor Datenklau und Beeinflussung
- Doch der Widerstand der 170 Millionen Userinnen und User in den USA wächst: In Videos auf der Plattform drohen immer mehr User damit, die verantwortlichen Politiker abzuwählen