Klimaschutz

Wissenschafter fordern mehr Ambition beim Klimaschutz

Anlässlich des Klimastreiks kritisieren "Scientists For Future" die unzureichende politische Performance: "Nichts tun ist teuer, wird immer teurer."

Heute For Future
Friday For Future Klimastreik in Wien am 15.09.2023.
Friday For Future Klimastreik in Wien am 15.09.2023.
Sabine Hertel/Heute"

Anlässlich des globalen Klimastreiks haben Vertreter der "Scientists For Future" klare Worte an die Politik gerichtet: Seit 1990 gebe es "keinen Strukturwandel", die Emissionen sind auf gleichem Niveau wie damals und die meisten Impulse in der heimischen Klimapolitik kamen seither von der EU, betonte etwa der Klimaforscher Daniel Huppmann im Rahmen einer Pressekonferenz am Freitag in Wien.

"Nichts tun ist teuer und wird immer teurer", sagte die Umwelthistorikerin Verena Winiwarter.

Die Wissenschafter machten bei der Pressekonferenz in Wien klar, dass man "keine Meinungen, sondern Fakten" präsentiere. Aus wissenschaftlicher Sicht sei seit langem glasklar, was sich weltweit tut, und dass menschliche Aktivitäten der Hauptantreiber der Erderhitzung ist.

Der heurige "Katastrophensommer" mit großflächigen Waldbränden, auch in Regionen, die dafür sonst kaum bekannt sind, mit den jüngsten verheerenden Wirbelstürmen im Mittelmeerraum, aber auch mit den Flutkatastrophen im Süden Österreichs, gefolgt von einer Unzahl an Hangrutschungen, mache die Dringlichkeit umso sichtbarer. Für die Politik gebe es eigentlich "keinen Grund, nichts zu tun", betonte Winiwarter: "Klimaschutz ist menschenfreundlich", denn Ökosysteme können mit den beispiellos rasant fortschreitenden Veränderungen ebenso wenig mithalten wie Menschen.

Heimische Klimapolitik "zartes Pflänzchen"

Tatsächlich drohe man an finanzielle und physiologische Grenzen zu kommen, was Möglichkeiten zur Anpassung an die sich erwärmende Welt betrifft. Momentan beträgt das durchschnittliche Temperatur-Plus in Österreich im Jahresschnitt rund 1,5 Grad Celsius. Wird der Zuwachs noch größer, würden sich die drohenden Schäden nicht linear, sondern exponentiell auf das drei- bis sechsfache der aktuellen Summen erhöhen, betonte Birgit Bednar-Friedl von der Universität Graz und koordinierende Leitautorin des 2022 veröffentlichten 6. Sachstandsberichts des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) zum Thema Klimawandelfolgen und Anpassung in Europa.

Erst in den vergangenen Jahren habe sich "das zarte Pflänzchen der österreichischen Klimapolitik ein wenig weiter entwickelt", betonte der am Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien tätige Klimaforscher Daniel Huppmann. So etwa mit dem Ansatz der CO2-Bepreisung im Kombination mit dem Klimabonus, dem "Erneuerbaren-Ausbaugesetz" oder dem "Klimaticket", so Huppmann: "Auf der anderen Seite reicht das aber nicht. Wir haben noch immer kein Klimaschutzgesetz."

Das bräuchte man aber, um die Pläne zum Erreichen der Klimaneutralität bis 2040 auch umsetzen zu können. Leider habe die ÖVP vor wenigen Tagen auch das eigentlich bereits paktierte "Erneuerbare-Wärme-Gesetz" (EWG) wieder auf die lange Bank geschoben. Das wäre aber "ein wahnsinnig wichtiger Schritt zur Dekarbonisierung unserer Heizungen", kritisierte Huppmann: "Wir müssen Öl und Gas aus unseren Wohnungen herauskriegen."

Der politischen Performance kein gutes Zeugnis stellte auch der Leiter des Wegener Center für Klima und Globalen Wandel der Universität Graz, Karl Steininger, aus. Dabei gehe es bei Klimaschutz letztlich darum, das Wohlbefinden der Menschen zu erhöhen: Weniger Fahren mit dem Pkw führt zu mehr Bewegung, mehr Platz in den Städten und weniger Ausgaben für die ohnehin vielfach belasteten Haushalte. Ein investierter Euro in dem Bereich rechne sich in der Regel 20-fach.

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    Am Freitag versammelten sich tausende Wiener zum Klimastreik von Fridays For Future.
    Am Freitag versammelten sich tausende Wiener zum Klimastreik von Fridays For Future.
    Sabine Hertel