Politik

Österreich zahlt "Blutgeld" an Putin – EU-Mann regt auf

EU-Vertreter Selmayr kritisiert den fortlaufenden Bezug von russischem Erdgas scharf als "Blutgeld"-Zahlung Österreichs. Jetzt muss er zum Rapport.

Roman Palman
Martin Selmayr ist Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich.
Martin Selmayr ist Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich.
Michael Indra / SEPA.Media / picturedesk.com

Russisches Gas fließt weiter Richtung Österreich, wird hierzulande gegen monetäres Entgelt nur zu gerne verfeuert. Das sorgte für aufgeheizte Stimmung bei Martin Selmayr, dem wichtigsten Mann der EU-Kommission in Österreich. Diese aufgestaute Energie entlud der offizielle Vertreter Brüssels am Mittwoch im Rahmen einer Diskussionsveranstaltung der Kunstmesse viennacontemporary.

"55 Prozent des österreichischen Gases kommen weiterhin aus Russland", beklagte Selmayr laut ORF. Österreich würde dadurch Putins Krieg gegen die Ukraine finanzieren, doch dagegen würde niemand auf der Wiener Ringstraße protestieren. "Das verwundert mich, denn Blutgeld wird jeden Tag mit der Gasrechnung nach Russland geschickt." Wie andere reiche Staaten könne Österreich, so es denn wollte, nämlich auch ohne Russen-Gas auskommen, mutmaßte der EU-Vertreter.

1/4
Gehe zur Galerie
    Die drei Bundeskanzler dieser Legislaturperiode – Sebastian Kurz, Alexander Schallenberg, Karl Nehammer.
    Die drei Bundeskanzler dieser Legislaturperiode – Sebastian Kurz, Alexander Schallenberg, Karl Nehammer.
    zVg

    Der "Blutgeld"-Sager sorgte umgehend für dicke Luft in der Regierung. Jetzt muss der EU-Mann zum Rapport! "Herr Selmayr wurde zu einem Gespräch mit dem Generalsekretär ins Außenministerium zitiert. Dieses Gespräch wird unmittelbar nach der Rückkehr Selmayrs nach Österreich stattfinden", heißt es am Donnerstag aus dem Büro von Alexander Schallenberg gegenüber "Heute"

    Auch Europaministerin Karoline Edtstadler, die sich wie Schallenberg am Vortag noch prächtig bei der Premiere des Films über und mit Ex-Kanzler Sebastian Kurz amüsiert hatte, tobt: "Es ist bedauerlich, dass offenbar auch einem EU-Beamten gewisse Fakten nicht vertraut zu sein scheinen. [...] Man sollte sich daher vor Aussagen hüten, die völlig einseitig sind und die vielseitigen österreichischen Bemühungen unerwähnt lassen."

    Entscheidend sei laut Edtstadler hingegen die Geschlossenheit und der Zusammenhalt der Europäischen Union im Umgang mit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. "Die vor uns liegenden Herausforderungen können wir nur im engen Schulterschluss bewältigen – unbedachte Kommentare, wie die medial kolportierten, tragen nicht nur nicht dazu bei, sondern sind unseriös und kontraproduktiv."

    Update 20:15 Uhr: Die EU-Kommission reagiert

    Auch vor der EU muss Selmayr nun zum Rapport antreten. "Die Kommission distanziert sich von den bedauerlichen und unangemessenen Aussagen des Leiters ihrer Repräsentanz in Österreich. Die Kommission hat den Leiter der Repräsentanz aufgefordert, unverzüglich in Brüssel über den Vorfall Bericht zu erstatten", heißt es aus Brüssel gegenüber österreichischen Medien.

    1/15
    Gehe zur Galerie
      Am Mittwoch feierte "Kurz – Der Film" Premiere im Artis-Kino in Wien. 
      Am Mittwoch feierte "Kurz – Der Film" Premiere im Artis-Kino in Wien.
      Helmut Graf