Andreas Jäger
ORF-Meteorologe: Jetzt ist's "genug mit dem Kleben"
Wetter-Experte Andreas Jäger lässt mit einer klaren Ansage sowohl an Klimawandel-Skeptiker als auch die Klimakleber der Letzten Generation aufhorchen.
Lange Jahre war Andreas Jäger (58) das Gesicht der Wettervorhersage bei ServusTV, seit Herbst 2016 arbeitet er (wieder) beim ORF. In einem Interview mit der "Kleinen Zeitung" gibt der Meteorologe und Moderator einen Ausblick darauf, was auf die Süd(ost)steiermark speziell und Österreich generell zukommt.
Gerade der Süden der Steiermark war im Unwetter-Sommer 2023 heftig getroffen worden, es gab massive Überflutungen und Murenabgänge. Die Bilder von damals schockten das ganze Land – doch die Region wird auch in Zukunft nicht zur Ruhe kommen, sagt Jäger (58).
BILDSTRECKE: Sintflut-Unwetter in der Steiermark (5. August 2023)
Ursache sei die ganz spezielle geografische Lage der Süd- und Südoststeiermark. Kalte Luft aus Norden werde durch die Alpen über die von Süden heraufströmende warme und feuchte Luft geschoben, was schwere Gewitter auslöst. "Man ist an einer Luftmassengrenze, deshalb hat man hier am meisten Unwetter in ganz Europa."
Die aktuellen Modelle rechnen ihm zufolge auch in Zukunft mit einer gleichbleibenden Summe an Niederschlägen im Sommer. Was sich ändert: extreme Regenereignisse werden noch extremer und die Trockenzeit dazwischen länger. "Weil wenn es einmal mehr regnet als normal, muss es eine längere Strecke nicht regnen, damit der Mittelwert gleich bleibt", erklärt der TV-Wetter-Experte.
Weil eine wärmere Atmosphäre auch mehr Wasserdampf aufnehmen kann, dürften Gewitterstürme häufiger werden. Jäger warnt: "Das ist der Treibstoff für Gewitter. Stürme machen am Ende auch das Hagelkorn groß. Sturm und Hagel, Hochwasser und Trockenheit – diese Dinge muss man jeden Sommer auf der Rechnung haben."
Botschaften an Klima-Kritiker ...
Dass diese Veränderung, die wir alle zu sehen und spüren bekommen, rein Teil eines natürlichen Zyklus des Planeten sein können, verneint der erfahrene Meteorologe. "Ich weiß, dass da viel gezweifelt wird", sagt er mit Blick auf diejenigen, die dem Klimawandel die menschliche Ursache absprechen, "aber es ist trotzdem ganz genau anders."
Seit den 1980ern gebe es einen auf viele Arten nachgewiesenen starken Temperaturanstieg. "Der menschliche Teil dieses Forcings ist größer als der natürliche Teil. Es sind am Ende einfach die Treibhausgase, die wir in die Luft gesetzt haben."
Zur Reduktion der CO₂-Emissionen könne jeder einzelne sehr viel tun, konstatiert der gebürtige Vorarlberger. Es sei ja mittlerweile "cool" eine Photovoltaik-Anlage am Dach zu haben – "das ist eine ganz, ganz tolle Entwicklung".
Auch der eigene Fleischkonsum sei ein "Riesenhebel", sagt er. Würden Herr und Frau Österreicher nur die 300 Gramm Fleisch pro Woche essen, die alleine schon aus gesundheitlichen Gründen empfohlen werden, könnten die heimischen Nutztiere auch vollständig mit in Österreich angebautem Futtermittel versorgt werden. Ein Import von Soja aus extra dafür abgeholzten Regenwaldregionen wäre überflüssig.
... und Klima-Kleber
Auch auf den Straßen könne man durch die Reduktion der Geschwindigkeit viel und vor allem schnell erreichen. "Ich spare mir nicht nur langfristig CO₂, ich spare mir jetzt Dreck, Geld und Unfälle", so Jäger. Er beklagt, dass Politik und Gesellschaft überhören würden, worum es den Klima-Klebern eigentlich gehe. Er plädiert auf ein Umdenken auf beiden Seiten:
"Auf der einen Seite haben sie wahnsinnig viel Aufmerksamkeit gebracht, auf der anderen Seite haben sie auch viele Widerstände ausgelöst. Vielleicht ist es jetzt einfach genug mit Kleben. Wir müssen schauen, dass wir die Mitte kriegen."
Die Letzte Generation Deutschland hatte diese Erkenntnis bereits, vollzog einen Strategiewechsel. Seit Jänner wird nicht mehr geklebt, stattdessen setzt man jetzt auf "ungehorsame Versammlungen". Auch der Österreich-Ableger sorgte zuletzt mit kreativeren Aktionen als reinen Verkehrsblockaden für Aufsehen.
"Die nahe Zukunft ist determiniert"
Der 58-Jährige warnt vor dem Nichtstun im Kampf gegen den Klimawandel: "Es ist wichtig zu verstehen, dass egal welche Aktion ich setze, die nächsten 20, 30 Jahre nicht viel passieren wird – die sind vorbestimmt. Das System ist so träge, die nahe Zukunft ist determiniert."
Gerade deshalb müssten sofort Maßnahmen gesetzt werden. Diese werden dann in wenigen Jahrzehnten entscheiden, auf welchem Pfad wir uns befinden: "Wenn wir jetzt nichts machen, steigt die Temperatur sehr stark an und es wird bedenklich."
Auf den Punkt gebracht
- Andreas Jäger, ein renommierter ORF-Meteorologe, warnt vor den Auswirkungen des Klimawandels auf die Südoststeiermark und Österreich im Allgemeinen
- Er betont, dass die verheerenden Unwetter in der Region aufgrund der geografischen Lage weiterhin eine Bedrohung darstellen und dass extreme Regenfälle zunehmen werden
- Jäger hebt hervor, dass der menschengemachte Klimawandel real ist und ruft dazu auf, Maßnahmen zu ergreifen, um die CO₂-Emissionen zu reduzieren und den Klimawandel zu bekämpfen