Hirnforschung

Warum wir im Sommer weniger Appetit haben

Bei hohen Temperaturen setzt unser Körper diverse Reaktionen in Gang, um seine Kerntemperatur zu halten. Eine davon ist ein reduziertes Hungergefühl.

Heute Life
Warum wir im Sommer weniger Appetit haben
Das geringere Hungergefühl bei hohen Temperaturen liegt in der Hemmung jener Gehirnzellen, die zur Nahrungssuche und -aufnahme anregen.
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Vielleicht hast du an dir selbst schon wahrgenommen, dass du im Sommer weniger isst als im Winter? Das ist normal und eine überlebenswichtige Reaktion des Körpers, der seine Kerntemperatur zwischen 36,5 und 37,4 Grad halten muss. Deswegen setzt er bei akuter Einwirkung von Hitze oder Kälte verschiedene Reaktionen in Gang. Reduzierte Nahrungs- bzw. Kalorienaufnahme ist eine dieser Bewältigungsstrategien bei hohen Temperaturen. Obwohl wissenschaftlich belegt, waren die Hintergründe dafür bisher unklar. Ein internationales Team unter Leitung der MedUni Wien konnte dies nun erstmals beleuchten.

Neuronaler Signalweg

In ihrer neuen Studie beschreiben die Wissenschaftler jenen neuronalen Signalweg, der die Nahrungsaufnahme bei Hitze drosselt. Wie die Untersuchungen bei Mäusen zeigten, startet die Signalkaskade im sogenannten "Thermostat im Kopf" (Nucleus parabrachialis), der für die Wahrnehmung der Temperatur zuständig ist. "In diesem Areal haben wir im Gehirn von Mäusen, die eine Stunde lang einer Temperatur von 40 Grad Celsius ausgesetzt waren, die Aktivierung spezieller Zellen beobachtet", berichtete Tibor Harkany vom Zentrum für Hirnforschung der MedUni Wien. Diese Zellen strecken ihre Fortsätze in den Hypothalamus aus, wo jene Nervenzellen sitzen, die die Nahrungsaufnahme koordinieren.

Die Signalübertragung auf diese Neurone erfolgt aber nicht direkt, sondern über spezialisierte Zellen namens Tanyzyten. Sie kleiden die Wand des dritten Ventrikels, also eines der vier Hohlräume des Gehirns, aus. Die nach außen ragenden Strukturen der Tanyzyten dringen in das Hirngewebe ein und treten mit jenen Nervenzellen in Kontakt, die zur Nahrungsaufnahme anregen.

Hemmung der Nahrungssuche und -aufnahme

"Der von uns entdeckte Signalweg zeigt also, dass die Einwirkung von Hitze nicht wie bisher angenommen das Sättigungsgefühl beeinflusst. Vielmehr wird (...) die Aktivität jener Gehirnzellen gehemmt, die zur Nahrungssuche und -aufnahme anregen", erläuterte Harkany. Die Ergebnisse könnten Ansatzpunkte für neue Therapien von krankhaftem Über- und Untergewicht liefern, so die Forscher.

Auf den Punkt gebracht

  • Im Sommer haben wir ein geringeres Verlangen nach Essen, was der Körper als Überlebensreaktion auf Hitze einsetzt, um seine Kerntemperatur zu regulieren
  • Eine Studie der MedUni Wien identifizierte einen neuronalen Signalweg, der bei hohen Temperaturen die Nahrungsaufnahme reduziert, indem er bestimmte Gehirnzellen hemmt, die normalerweise das Essen fördern
  • Diese Erkenntnisse könnten neue Therapieansätze für Fälle von übermäßigem oder unzureichendem Körpergewicht bieten
red
Akt.