Politik
Weltklima-Bericht wird zu Polit-Watsche für Nehammer
Der Synthesebericht des Weltklimarats IPCC schockt. Jetzt schießen sich Umweltorganisationen auf Verbrenner-Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) ein.
Der menschengemachte Klimawandel hat bereits jetzt weltweite Auswirkungen in Form von extremen Wetter- und Klimaereignissen. Atmosphäre, Ozeane, Eisflächen sowie tierische und menschliche Lebensräume sind schon großflächigen und rasanten Veränderungen unterworfen – und mit jedem weiteren Schritt der globalen Erwärmung wird alles noch schlimmer. Ohne zusätzliche Anstrengungen wird sich die Welt bis Ende des Jahrhunderts um mehr als drei Grad aufheizen.
Das steht im Synthesebericht der Forschenden des UNO-Weltklimarats IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change), der am 20. März als Bilanz der mehrjährigen Tätigkeit hunderter Experten vorgestellt wurde. Die Worte der Experten sind dramatisch: einige der negativen Veränderungen sind mittlerweile unvermeidlich und unumkehrbar geworden. Nur durch eine schnelle und nachhaltige Reduktion des globalen Treibhausgas-Ausstoßes könnten sie noch in Grenzen gehalten werden.
Dringende Gegenmaßnahmen nötig
Gleichzeitig erteilt das IPCC auch eine Mahnung an die Politik: Dringend seien "ehrgeizigere Maßnahmen" von Nöten, die aktuellen Klimaschutz-Pläne seien unzureichend.
Mit diesem ernüchternden Report konfrontiert, schießen Umweltorganisationen jetzt unverblümt gegen Bundeskanzler Karl Nehammer. Besonders dessen jüngstes Bekenntnis zum Verbrennungsmotor und Blockadehaltung gegenüber einem EU-Verkaufsverbot für fossil angetriebene Neuwagen sorgt für dicke Luft – auch beim grünen Koalitionspartner.
"Zukunft der Menschheit auf Messers Schneide"
"Der Bericht des Weltklimarats macht mehr als deutlich, dass die Zukunft der Menschheit auf Messers Schneide steht. Mit dem Festhalten am klimaschädlichen Verbrenner-Motor hat sich Nehammer als klarer Klimablockierer entlarvt und gezeigt, dass er lieber aufs Gaspedal in Richtung Abgrund steigt, als den wissenschaftlichen Erkenntnissen ins Auge zu sehen", donnert Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace in Österreich, in einer ersten Reaktion auf den IPCC-Bericht gegen den ÖVP-Chef.
“Der Befund des Weltklimarats ist klar: Wir dürfen keine Zeit mehr verlieren. Es braucht entschlossene Maßnahmen zur Senkung der Treibhausgas-Emissionen – auch in Österreich", fordert auch WWF-Klimasprecher Thomas Zehetner. Die viel kritisierte Rede von Nehammer habe einmal mehr belegt, dass die Politik keinen Plan für das Erreichen der Klimaziele habe. "Es ist, als wäre das klimapolitische Wappentier Österreichs der Vogel Strauß, der seinen Kopf bei Bedarf in den Sand stecken kann. Schluss mit der Vogel-Strauß-Politik beim Klimaschutz!"
"Längere Verzögerungen sind nicht tragbar"
Auch die Umweltorganisation Global 2000, deren Geschäftsführerin die amtierende Klimaministerin Leonore Gewessler bis 2019 gewesen war, fordert in einer Stellungnahme den Kanzler aber auch die gesamte Regierung auf, die Gefahr des Klimawandels "nicht länger zu verharmlosen, sondern ihr entschieden entgegenzutreten".
Der IPCC-Bericht zeige, dass die Welt auf eine Klimakatastrophe zusteuere, die nur durch das entschlossene Vorantreiben der Energiewende abgewendet werden könne. "Der nächste Schritt in Österreich ist der Beschluss eines Erneuerbaren-Wärmegesetzes das klimafreundliche Wärmeversorgung für alle Menschen in Österreich ermöglichen soll. Längere Verzögerungen sind nicht tragbar", so Klima- und Energiesprecher Johannes Wahlmüller.
Nehammer ein "Realitätsverweigerer"
Die NEOS steuern dem Rundumschlag gegen Nehammer ebenfalls scharfe Worte bei: "Nur noch völlige Realitätsverweigerer wie unser Bundeskanzler und seine schwarzen und blauen Freunde können das als 'Untergangsirrsinn' verharmlosen", sagt NEOS-Klima- und Umweltsprecher Michael Bernhard zu den Ergebnissen des heute veröffentlichten Weltklimaberichts. "Noch deutlicher können die Menschen, die sich mit dem Klimawandel auskennen, nicht mehr warnen. Wer es immer noch nicht versteht, will es einfach nicht verstehen."
Kogler will "raus aus dem Fossilzeitalter"
Für Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) zeigt der Weltklimarat-Bericht, dass es jetzt einen globalen Kraftakt braucht, um die Eskalation der Klimakrise noch zu verhindern – "aber wir müssen jetzt handeln und die Klimakrise ernst nehmen!"
"Für Österreich bedeutet das noch intensivere Anstrengungen bei der Umsetzung der Energiewende und beim Klimaschutz. Mehr Strom aus Sonne, Wind und Wasser, raus aus der Abhängigkeit von Öl und Gas. Das muss unser oberstes Ziel sein: Raus aus dem Fossilzeitalter, rein ins Solarzeitalter!"
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