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"Ich hasse die Rundungen an meinem Körper!"

13.09.2021, 20:13
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Bild: iStock

Nicoles Hüften sind breit, ihre Beine kräftig und der BH hat Größee 75D. Sieht sie dünne Frauen, hat sie einen emotionalen Absturz. Was kann sie dagegen tun?

Frage von Nicole (19) an Doktor Sex: Zwar bin ich nicht dick, aber Rundungen habe ich schon: Mein BH hat Größee 75D, meine Hüften sind breit, ich habe sogenannte Reiterhosen und zudem auch noch kräftige Beine. Manchmal geht es mir gar nicht so schlecht dabei, aber wenn ich dann in einer Zeitschrift ganz dünne Frauen sehe, ist meine Stimmung im Keller und ich hasse meinen Körper und dessen Rundungen. Was kann ich gegen diese emotionalen Abstürze tun? Antwort von Doktor Sex Liebe Nicole Es ist eine Herausforderung, in einer von manipulierten Bildern geprägten Zeit erwachsen zu werden und den eigenen Körper so annehmen zu lernen, wie er sich – dem genetischen Plan folgend – im Lauf der Pubertät entwickelt und geformt hat. Man kann, ja, man darf seinen Augen nicht mehr trauen, seit in den Neunzigerjahren des letzten Jahrhunderts das Bildbearbeitungsprogramm Photoshop seinen Siegeszug angetreten hat. Kein noch so unscheinbares Privatporträt, das nicht damit aufgepeppt wird, ganz zu schweigen von den unzähligen Werbemodels, die uns täglich aus Zeitschriften, Zeitungen, von Plakatwänden und Onlineplattformen herunter anlächeln und mit denen uns das Bild vom perfekten Körper eingeimpft wird. Das alles ist umso erschreckender, wenn man bedenkt, dass, wie eine wissenschaftliche Untersuchung gezeigt hat, das Körperwunschbild von Frauen mmaßgeblich davon beeinflusst wird, wie die Körper sind, die sie um sich herum wahrnehmen: je schlanker, sportlicher und wohlgeformter sich diese präsentieren, umso schlanker, sportlicher und wohlgeformter wollen sie selber sein. Man darf annehmen, dass es sich bei Männern ähnlich verhält. Dass, so die Studie weiter, der Umkehrschluss auch gilt, gibt zu Hoffnung Anlass. Mit einer bunt durchmischten und der Vielfalt des menschlichen Körpers angemesseneren Bildsprache könnten wohl manches Leid und einige Essstörungen vermieden werden. Hier sind die Werberinnen, Journalisten und Bildredaktionen in die Verantwortung gerufen.

Was kannst du tun? Vor dem Hintergrund meiner Ausführungen müsste ich dir eigentlich raten, keine dünnen Frauen mehr anzuschauen – egal ob im realen Leben oder auf Fotos. Vielleicht magst du das ja auch versuchen. Viel lieber aber möchte ich dich dazu einladen, dich mit Frauenkörpern auseinanderzusetzen, die anders sind und nicht einem wie auch immer gearteten Perfektionsanspruch oder Gesellschaftsbild zu genügen versuchen. Du darfst dabei ruhig auch einen Ausflug in andere Zeitepochen machen. Dabei wirst du feststellen: Schönheitsideale sind vergänglich. Allein schon was noch vor 50 Jahren als schön galt, ist in den folgenden Jahrzehnten am anderen Ende der Skala gelandet.

Schau mit dem Herzen und lass die Bilder auf dich wirken, ohne das, was du siehst, zu be- oder verurteilen. Es gibt keine "richtigen" oder "falschen", "schönen" oder "hässlichen" Körper. Das alles sind Kategorien des menschlichen Denkens, Erscheinungen in der Zeit und Modeströmungen – Hirngespinste. Es geht auf dieser Reise um nichts anderes als darum, dein Denken und deine Haltung in Bezug auf deinen Körper zu relativieren und dir bewusst zu werden, dass letztlich immer du als Betrachterin darüber entscheidest, was schön ist und was nicht. (wer) (mp)