Gesundheit

Affenpocken durch AstraZeneca? Irre Theorie geht viral

Der Ursprung des weltweiten Affenpocken-Ausbruchs soll im Vakzin von AstraZeneca begründet sein. Warum die Theorie nicht aufgeht.

10.06.2022, 22:51
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Die falsche Theorie der Impfgegner kann klar widerlegt werden. 
Science Photo Library / picturedesk.com; Berkay Ataseven/iStock/Collage: heute.at

Im Internet kursiert aktuell eine brisante Verschwörungstheorie: Der Corona-Impfstoff von AstraZeneca soll Schuld an dem weltweiten Affenpocken-Ausbruch sein. Impfgegner stellen in den sozialen Medien einen falschen Zusammenhang zwischen dem Vakzin und dem Affenpockenvirus her. Demnach sollen jene, die mit AstraZeneca geimpft wurden, Affenpocken bekommen. 

Ein britischer Abgeordneter twitterte am 20. Mai: "Wen wundert es, dass es jetzt zu einem Ausbruch von Affenpocken kommt, nachdem Millionen von Menschen gentechnisch veränderte Schimpansenviren injiziert wurden?" Über 6.000 Mal wurde der Beitrag geliked. 

Schimpansen-Adenoviren in AstraZeneca-Impfstoff

Ausschlaggebend ist ein in den sozialen Medien kursierendes Foto über die Inhaltsstoffe des Astra-Vakzins. Es stimmt zwar, dass der AstraZeneca-Impfstoff einen Schimpansen-Adenovirus-Vektor in seiner Formel verwendet (siehe Liste der Inhaltsstoffe hier), aber er steht nicht mit Affenpocken in Verbindung. Adenoviren und Pockenviren sind nicht miteinander verwandt und Affen und Schimpansen sind unterschiedliche Arten.

Während der Impfstoff von AstraZeneca ein harmloses, abgeschwächtes Schimpansen-Adenovirus verwendet, um eine Immunantwort auszulösen, wurde der Stamm so verändert, dass er weder Menschen mit einem Adenovirus infizieren noch Affenpocken verursachen kann.

Ian Jones, Professor für Virologie an der University of Reading zur Nachrichtenagentur Reuters: "Das im AstraZeneca-Impfstoff verwendete Virus ist ein Adenovirus, das mutiert wurde, um zu verhindern, dass es sich in menschlichen Zellen verbreitet. Da es beim Menschen kaum oder gar keine Immunität dagegen gibt, kann es als Impfstoffvektor verwendet werden. Der Vektor transportiert lediglich die Impfstoffkomponente in menschliche Zellen, er verursacht selbst keine Art von Infektion."

    Affenpocken sind ein Pockenvirus, das 1958 bei Cynomolgus-Affen und 1970 beim Menschen nachgewiesen wurde. Das Virus besteht aus einem DNA-Kern in einer Proteinhülle, das von einer Hülle umgeben ist. Affenpocken sind zoonotisch, d.h. sie werden von Tieren (z. B. Nagetieren) auf den Menschen übertragen und umgekehrt. Infektionen beim Menschen werden häufig durch Tierbisse oder durch direkten Kontakt mit infizierten Körperflüssigkeiten verursacht. (im Bild: Partikel des Affenpockenvirus)
    Science Photo Library / picturedesk.com

    Andere Virusfamilie

    Während Adenoviren zu den Erkältungsviren zählen, gehören Affenpocken laut Robert Koch Institut zur Gattung der Orthopoxviren. Diese sind mit den Pockenviren, die wir vom Menschen kennen, verwandt. "Bei Adenoviren handelt sich im Vergleich zu den Affenpocken um eine andere Virusfamilie. Beide befinden sich in unterschiedlichen Teilen der infizierten Zellen. Das Adenovirus geht in den Zellkern, das Affenpockenvirus vermehrt sich im Zytosol (flüssige Bestandteile des Zytoplasmas) der Zellen", bestätigt Stephan Becker, stellvertretender Koordinator für neu auftretende Infektionskrankheiten beim Deutschen Zentrum für Infektionskrankheiten (DZIF), gegenüber "correctiv.org".

    Affenpocken haben nichts mit Affen zu tun

    Affenpocken wurden zum ersten Mal 1958 in Affenkolonien in Dänemark entdeckt. Daher kommt ihr Name. Wie Forscher später nachweisen konnten, sind Affenpocken keine affenspezifische Krankheit. Daher ist der Name leider ziemlich irreführend. Als Hauptüberträger gelten afrikanische Nagetierarten.

    Faktor Zeit

    Ein weiterer Faktor, weshalb diese Verschwörungstheorie jeglicher Grundlage entbehrt, ist der Faktor Zeit. Wäre tatsächlich die Corona-Impfung an den Affenpocken-Ausbrüchen schuld, hätten diese schon im Frühjahr 2021 – als die ersten AstraZeneca-Impfungen durchgeführt wurden – auftreten müssen und nicht erst ein Jahr später.