Wien
Experte sieht keinen Bedarf an Wiener Seilbahn
"Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich die Anrainer das gefallen lassen, dass ihnen im dritten Stock wer in die Wohnung schaut."
Als Ergänzung zum öffentlichen Verkehrsnetz in Wien soll eine Seilbahn her. Zumindest wenn es nach den NEOS geht, die diese Pläne in ihr Regierungsprogramm geschrieben haben. So will man den Weg zwischen dem Bahnhöfen Ottakring und Hütteldorf über das Otto-Wagner-Areal vereinfachen.
Auch soll dadurch die Central European University (CEU), an der ab 2025 2.000 Studierende lernen sollen, an den Rest der Stadt angebunden werden. Bisher gibt es nur zwei Buslinien dorthin, vom Bahnhof Hütteldorf zur Otto-Wagner-Kirche braucht man 30 Minuten. Eine Seilbahn soll die 4,6 Kilometer von Ottakring über das Wilhelminen Spital, drei Haltestellen am Otto-Wagner-Areal und der Linzer Straße bis nach Hütteldorf deswegen in 17 Minuten schaffen.
Erfahrung fehlt
Verkehrsplaner Günter Emberger von der Technischen Universität Wien äußert dahingehend mehrere starke Einwände dem ORF Wien gegenüber. Dabei muss er sich offensichtlich bemühen, die richtige Wortwahl zu treffen. Das bestehende Netz aus U-, S-, Straßenbahn und Bussen um eine Seilbahn zu ergänzen, "ist wirklich kritisch zu hinterfragen und unbedingt zu prüfen, um es diplomatisch auszudrücken".
Dichtere Busintervalle oder Express-Linien würden den Bedarf genau so gut decken, wenn es einen geben würden. Zumal den Wiener Linien das ganze Know-how fehle, diese haben schließlich keinerlei Erfahrungen im Betrieb einer Seilbahn. All das müsste teuer dazugekauft werden, so Emberger. Bereits ohne jene ausgebildete Mechaniker und Dienstleister würde das Projekt bis zu 70 Millionen Euro kosten, errechneten die NEOS.
Fahrgäste schauen in Wohnung
Ein weiteres Problem sieht der Verkehrsexperte in der dichten Bebauung des Gebiets. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich die Anrainer das gefallen lassen, dass ihnen im dritten Stock wer in die Wohnung schaut", sagt er. Das weniger dicht bebaute Otto-Wagner-Areal ist hingegen denkmalgeschützt.
In Europa gibt es Seilbahnen in London und Lissabon, selbst dort wurden sie nur im Rahmen von Großveranstaltungen gebaut und dienen heute eher touristischen Zwecken. Auch, wenn "es schon einen gewissen Sinn haben wird, dass das in Europa noch nirgends gebaut worden ist", prüft die Stadt die Machbarkeit ebenjener und weiterer Seilbahnprojekte in Wien.
Eine weitere Option wäre entlang der Süd-Ost-Tangente, vom Hauptbahnhof über das Arsenal zum Busterminal. Durch Landschaftsschutzgebiete wird es allerdings keine Seilbahnen geben, so also etwa nicht auf den Kahlenberg hinauf.