Politik

Die Republik der Platzwarte

14.09.2021, 13:01
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Als ich 1982 nach Wien kam, wohnte ich in einem Studentenheim im 20. Bezirk. Eines Tages wollte ich am Fußballplatz dahinter laufen gehen. Ich zog mir die Schuhe aus und joggte barfuß zwischen Outlinie und Laufbahn. Da kam der Platzwart herbeigestürmt.

"Sofort aufhearn", prustete er. "Sie mochn den Plotz kaputt." "Warum" erwiderte ich. "Den Grünstreifen benutzen maximal Fußballer beim Einwerfen". Da lief der Platzwart rot an. "Wenn des jeder mocht, is des bold a Gatschwüstn. Des geht ned". Daran musste ich denken, als ich mir gestern die Kanzlerrede ansah. Wie Steve Jobs ging er auf und ab, redete wie früher die TV-Prediger, die uns Jesus nahebringen wollten, sagte aber allerlei kluge Sachen dabei. Nur: Er sprach zu einer Republik der Platzwarte. 34 Jahre, nachdem ich nicht joggen durfte, haben sie längst die Macht übernommen, lauern an jeder Ecke, in allen Berufen (auch meinem), sind Frau, Mann, vom Land, Städter, alt oder jung. Wenn Kern es nicht schafft, den "Des geht nicht"-Platzwarten Platzverbot zu erteilen, steht nächstes Jahr halt der Nächste da, benennt Probleme (die wir kennen), verspricht Reformen und macht uns schöne Augen dabei. Was ist dann Plan B?