Politik

Warum der "Skandal" um das Haider-Blut keiner ist

13.09.2021, 16:30
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Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ortet wegen "verschwundener" Blutproben von Jörg Haider einen "Skandal" – doch diesen gibt es nicht. Das ist der Grund.

Obwohl aufgeklärt, ist Jörg Haiders Unfalltod im Oktober 2008 immer noch Thema zahlreicher Verschwörungstheorien. Mit einem reißerischen Facebook-Beitrag ("+++EILT+++") lieferte der über die Ibiza-Affäre gestolperte Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache diesen Donnerstag neuen Zündstoff – "Heute.at" berichtete. Im Oktober des Vorjahres hatte die Familie Haiders nun die Herausgabe von Blut- und Gewebeproben des früheren Kärntner Landeshauptmannes gefordert, die während der Ermittlungen sichergestellt worden waren. "Fristgerecht nach zehn Jahren", wie Strache betont. Doch die Staatsanwaltschaft Klagenfurt lehnte dieses Gesuch ab. Die Proben seien "verschwunden", tobt jetzt Strache und fragt, was mit diesen passiert ist: "Warum wurden sie nicht aufgehoben, wie dies eigentlich rechtlich notwendig gewesen wäre?" Der frühere Vizekanzler ortet einen "unfassbaren Skandal" – der aber keiner ist.

Jörg Haider war von 1986 bis 2000 Vorsitzender der FPÖ, 2005 verließ er zusammen mit anderen Funktionären die Partei und gründete das BZÖ, mit dem er in Kärnten große Erfolge feiern konnte. Von 1989 bis 1991 und von 1999 bis zu seinem Tod am 11. Oktober 2008 war er Landeshauptmann von Kärnten.

Die Erklärung ist eigentlich ganz einfach: Laut Markus Kitz, Sprecher der Klagenfurter Staatsanwaltschaft, gibt es die Proben nämlich gar nicht mehr. Die Blutproben wurden nach ihrer Analyse in Innsbruck und München nur kurze Zeit aufgehoben und danach vernichtet, wie auch in den Gutachten vermerkt. Proben sind nicht "verschwunden" Warum sich Strache nun über eine Zehnjahresfrist echauffiere, wisse er nicht, so Kitz gegenüber der "Kronen Zeitung": "Eine solche gibt es nicht". Der Sprecher der Staatsanwaltschaft mutmaßt, dass sie Strache vielleicht auf jene Verordnung beziehe, die vorsieht, dass Urkunden, Akten und Schriftstücke für ein Jahrzehnt archiviert werden müssen. Das gelte allerdings nicht für Blut- und Gewebeproben, betont Kitz. Von "verschwunden" könne also keine Rede sein. Man könne aber auch nicht herausgeben, was nicht mehr existiere. Deshalb musste das offenbar ziemlich unübliche Gesuch von Haiders Familie am 11. Jänner auch abgelehnt werden. Gegenüber der "Krone" fügt Staatsanwalt Kitz noch hinzu: Es sei ihm auch kein einziger Fall bekannt, in dem Angehörige die Herausgabe von gesicherten Blut-, Harn- oder Gewebeproben gefordert hätten. BZÖ wettert gegen Strache nach Haider-Posting Selbst das BZÖ Kärnten, dessen Mitglieder selbst immer von "mysteriösen" Todesumständen sprechen und sich in Verschwörungstheorien ergehen, wettert nun gegen Strache. Vor allem, weil die Akten weiterhin als "Geheime Verschlusssache" geführt würden: "Wenn es der FPÖ wirklich daran gelegen hätte, den Haider-Tod aufzuklären, hätte ein Innenminister Kickl diese öffnen lassen können", schreibt die Partei in einer Aussendung. "Wenn nun Strache und seine Gefährten auf Haiders Tod und die Blutproben zurückgreifen, ist das offensichtlich nicht das ehrliche Bemühen um Aufklärung, sondern pietätlose Wahlwerbung", ergänzt Landesparteiobmann Helmut Nikel. 11. Oktober 2008: So starb Jörg Haider Für die Justiz ist die Causa Haider eigentlich schon lange ein Fall für die Akten. Bei den Untersuchungen kamen die Gerichtsmediziner damals immer zum selben Ergebnis: Haider stand zum Zeitpunkt des Unfalls am 11. Oktober 2008 unter Alkoholeinfluss, hatte 1,8 Promille im Blut. In einer 70er-Zone in der kleinen Ortschaft Lambichl verlor er bei einem Überholmanöver mit 142 km/h die Kontrolle über seinen Wagen und raste gegen eine Gartenmauer. Der Landeshauptmann erlag noch am Weg ins Krankenhaus seinen schweren Verletzungen. (rcp)