Wien

Wiener Polizist soll Bub (15) geprügelt haben – Urteil

Im Juni wurde in Wien-Favoriten ein schmächtiger, 15-jähriger Passant von der Polizei verprügelt. Nun hat das Landesverwaltungsgericht entschieden.

30.01.2021, 13:08
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Themenbild: Polizisten bei einer der Demos am 25. Juni in Favoriten
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Am Rande einer Demonstration von Kurden in Wien wurde ein junger Bursche von der Polizei zu Boden gebracht, festgenommen und wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt angezeigt. Er wirft den Beamten vor, ihn verprügelt zu haben. Das Landesverwaltungsgericht hat nun entschieden: Die Gewaltanwendung war rechtswidrig. 

Nach Bombenangriffen auf zivile Gebiete der autonomen Region Kurdistan war es im Juni zu Demonstrationen in Favoriten gekommen. Teilnehmer wurden von türkischen Faschisten ("Graue Wölfe") umgehend attackiert und regelrecht durch den Bezirk gejagt. Der Innenminister sprach von Straßenschlachten und kündigte härteres Vorgehen (gegen beide Seiten) an.

Am Rande der Proteste war auch der 15-Jährige Arif Martin G., über dessen Erlebnisse der "Kurier" berichtet. An jenem 25. Juni war er am Heimweg vom Sport-Training und kam an den Demonstrationen vorbei. Obwohl er nicht beteiligt war und sich abseits aufhielt, wurde er immer wieder von Polizisten weggedrängt. Einer der Beamten habe ihn mehrere Male angerempelt.

Mittelfinger gezeigt

Als er sich daraufhin von der Szene entfernte, zeigte er dem Beamten im Weggehen den Mittelfinger. Daraufhin wurde er sofort von mehreren Polizisten umzingelt, wobei ein Beamter ihn mit Fußtritten zu Fall brachte. Der Vorwurf: Als er am Boden lag, habe der Beamte noch weiter mit der Faust auf ihn eingeschlagen. Arif Martin G. habe deswegen schützend die Hände vors Gesicht gehalten und geschrien, er wolle nur nach Hause gehen.

Der Vorfall wurde sogar von einem Anwohner auf einem Handyvideo festgehalten. Das Gericht bestätigte, dass auf diesem keine Gegenwehr des schmächtigen Burschen zu erkennen ist. Zudem wäre sie "angesichts der Situation und der Statur des Beschwerdeführers im Vergleich zu jener des Beamten auch (...) uneffektiv gewesen", zitiert der "Kurier" aus dem Gerichtsakt.

Anzeige gegen den Burschen

Der Bursche wurde daraufhin zu einem Dienstfahrzeug gebracht, wo seine Identität festgestellt wurde. Dabei gab der prügelnde Beamte auch an, sein Daumen sei verletzt worden, weswegen Arif G. wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt festgenommen wurde.

Obwohl er auch in diesem Moment keinen Widerstand leistete, wurden dem Verletzten die Hände an den Rücken gefesselt. Nach der Befragung auf der Polizeiinspektion durfte die Mutter ihren Sohn abholen und ins UKH Meidling fahren, wo mehrere Prellungen und Blutergüsse festgestellt wurden. Zur gleichen Zeit war auch der prügelnde Polizist dort, welcher versuchte, den Burschen weiter einzuschüchtern. Ein Securitymitarbeiter musste einschreiten.

    Bei einer Demonstration von Kurden und linken Gruppen ist es am Freitagabend in Wien-Favoriten erneut zu Ausschreitungen und Festnahmen gekommen.
    picturedesk.com

    Polizei ermittelt gegen den Polizisten

    Der Richter des Landesverwaltungsgerichts Wien erkannte nun die Rechtswidrigkeit der Gewaltanwendung. Die Entscheidung ist allerdings noch nicht rechtskräftig, weil die Polizei noch am Verfassungsgerichtshof Beschwerde einlegen kann. Erhebungen betreffend des involvierten Beamten wurden durch das Referat für besondere Ermittlungen durchgeführt und an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet.

    Diese ermittelt nun gegen den prügelnden Polizisten (Verdachts einer strafbaren Handlung unter Ausnützung einer Amtsstellung), aber auch immer noch gegen den 15-Jährigen. Allerdings konnte nicht einmal der Polizist selbst erklären, wie ihm der schmächtige Junge den Daumen derart verdrehen hätte können. Bis zur Rechtskraft gilt für beide die Unschuldsvermutung. Erst nach der strafrechtlichen Entscheidung will die Polizei etwaige disziplinäre Konsequenzen ziehen.