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Ultrarechter Bolsonaro zum Präsidenten gewählt

Der 63-jährige Jair Bolsonaro hat seinen Kontrahenten Fernando Haddad im Rennen um die Präsidentschaft Brasiliens ausgestochen.

13.09.2021, 19:07
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Der ultrarechte Populist Jair Bolsonaro ist zum neuen brasilianischen Präsidenten gewählt worden. Bolsonaro, der häufig als "Donald Trump Brasiliens" bezeichnet wird, hatte schon die erste Wahlrunde am 7. Oktober klar für sich entschieden. Von Gewalt geprägter Wahlkampf Nach einem von Gewalt und Beschimpfungen geprägten Wahlkampf waren rund 147 Millionen Wähler aufgerufen, ein neues Staatsoberhaupt für Lateinamerikas größtes und bevölkerungsreichstes Land zu bestimmen. Haddads Rückstand gegenüber Bolsonaro von 18 Prozentpunkten vor zwei Wochen verkleinerte sich zuletzt auf acht bis zehn Prozentpunkte. Die meisten politischen Beobachter rechneten dennoch mit einem Sieg Bolsonaras, einige verwiesen allerdings darauf, dass es in Brasiliens Wahlgeschichte auch früher schon Überraschungen gegeben habe.

(Quelle: Tamedia/AFP) "Zum ersten Mal in 32 Jahren macht mir ein Kandidat Angst" Viele Wähler waren bis zuletzt unentschlossen. Der ehemalige Richter am Obersten Gerichtshof, Joaquim Barbosa, stellte sich buchstäblich in letzter Minute hinter Haddad. Der landesweit geachtete erste schwarze Richter am höchsten Gericht schrieb am Samstag im Kurzbotschaftendienst Twitter: "Zum ersten Mal in 32 Jahren, in denen ich mein Wahlrecht ausübe, macht mir ein Kandidat Angst. Deshalb werde ich für Fernando Haddad stimmen." Aber der Drittplatzierte in der ersten Wahlrunde am 7. Oktober, Ciro Gomes von der Demokratischen Arbeitspartei (PDT), lehnte es ab, eine Wahlempfehlung zugunsten von Haddad abzugeben. Dieser war im ersten Durchgang auf 29 Prozent der Stimmen gekommen, Bolsonaro auf 46 Prozent. "Donald Trump Brasiliens" Brasilien steckt in einer schweren Krise. Zahlreiche Bestechungsskandale haben die politische Klasse des Landes erschüttert. Nach einer schweren Rezession erholt sich die Wirtschaft nur langsam, zugleich grassieren Kriminalität und Gewalt. Bolsanaro, der die Militärdiktatur von 1964 bis 1985 bewundert und verherrlicht, empfiehlt sich als "Saubermann". Der ehemalige Fallschirmjäger und Hauptmann der Reserve wird häufig als "Donald Trump Brasiliens" bezeichnet. Er sorgt immer wieder mit rassistischen, frauenfeindlichen und homophoben Äußerungen für Empörung. Den "guten Brasilianern" will Bolsanaro das Tragen von Waffen erlauben, damit sie sich gegen die Kriminellen verteidigen können. Seine künftige Regierung soll zu einem Drittel aus Generälen bestehen. Der Katholik hält die traditionellen Familienwerte hoch und wird von den mächtigen evangelikalen Kirchen in Brasilien unterstützt. Zuletzt gab sich der langjährige Abgeordnete konzilianter und versprach, dass er als Präsident Verfassung und Gesetze einhalten wolle. Verbreitung von falschen Informationen Der 55-jährige Haddad, ehemaliger Bürgermeister von São Paulo, trat als Ersatzkandidat der Arbeiterpartei für den wegen Korruption inhaftierten ehemaligen Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva an. Dieser hatte ursprünglich als aussichtsreichster Präsidentschaftskandidat gegolten. Haddad warnte während des Wahlkampfs vor dem mit Bolsonaro drohenden "Faschismus". Er warf dem Lager seines Gegenspielers vor, während des Wahlkampfs unter anderem über Whatsapp massiv Falschinformationen zu Lasten der Arbeiterpartei und zugunsten Bolsonaros verbreitet zu haben. Die Mission der lateinamerikanischen Wahlbeobachter erklärte, die Verbreitung falscher Informationen habe ein "nie gesehenes Ausmaß" angenommen. Der Sieger der Stichwahl tritt am 1. Januar die Nachfolge von Michel Temer von der rechtskonservativen Partei der demokratischen Bewegung (PMDB) an. Temer gilt wegen seiner Verwicklung in Intrigen und Korruptionsaffären als unpopulärster Staatschef der modernen brasilianischen Demokratie. (red)