Welt

Uruguay legalisiert Anbau und Verkauf von Cannabis

14.09.2021, 15:28
Teilen

Uruguay legalisiert als erstes Land der Welt den Anbau und Verkauf von Cannabis - und zieht sich damit den Unmut der UNO zu. Nach dem Unterhaus verabschiedete am Dienstagabend auch der Senat mit knapper Mehrheit ein entsprechendes Gesetz. Während hunderte Cannabis-Fans das Abstimmungsergebnis mit einem Feuerwerk feierten, kritisierte die UNO die Reform als Verstoß gegen Völkerrecht.

Registrierte Konsumenten über 18 Jahren dürfen dem Gesetz zufolge künftig bis zu sechs Cannabis-Pflanzen zum Eigenverbrauch anbauen oder bis zu 40 Gramm Marihuana pro Monat in lizenzierten Apotheken kaufen. Das Gesetz geht auf eine Initiative von Präsident Jose Mujica zurück. Dieser räumte zwar ein, dass es viele Zweifel an der Legalisierung gebe und sein Land nicht "vollständig darauf vorbereitet" sei. Im Kampf gegen den grassierenden Drogenkonsum müssten jedoch "neue Wege" beschritten werden. Bisher war in dem kleinen lateinamerikanischen Land lediglich der Konsum von Marihuana, nicht aber der Verkauf erlaubt. Das neue Gesetz räumt dem Staat das Recht auf "Kontrolle und Regulierung von Import, Export, Anbau, Ernte, Produktion, Erwerb, Lagerung und kommerziellen Vertrieb von Cannabis und seinen Nebenprodukten" ein. Die Regierung hatte das Vorhaben mit einer Aufklärungskampagne unter dem Motto "Jeder Drogenkonsum birgt Risiken" begleitet. Lukratives Geschäft für den Staat Nach Angaben des Nationalen Drogenrats konsumieren 120.000 der 3,2 Millionen Uruguayer regelmäßig Cannabis, jeder sechste davon täglich. Alljährlich werden demnach mehr als 20 Tonnen des Rauschmittels auf den Markt gebracht, was einem Gegenwert von 30 bis 40 Millionen Dollar (etwa 23 bis 30 Millionen Euro) entspricht. Alle Oppositionsparteien in Uruguay und eine Mehrheit der Bevölkerung waren gegen die Legalisierung. Alfredo Solari von der oppositionellen Colorado-Partei warnte, nunmehr gerieten die Risiken des Cannabis-Konsums aus dem Blickfeld, vor allem Kinder und Jugendliche seien gefährdet. UNO ortet Verstoß gegen Völkerrecht Nach Ansicht zweier UNO-Behörden verstößt das neue Gesetz sogar gegen Völkerrecht. Dadurch würden gleich mehrere Abkommen zur Kontrolle des weltweiten Drogenhandels gebrochen, kritisierte der für die Umsetzung derartiger Abkommen zuständige Internationale Suchtstoffkontrollrat (INCB). Uruguay habe dies sehenden Auges in Kauf genommen und wissenschaftliche Erkenntnisse zu den Gesundheitsrisiken durch Marihuana-Konsum ignoriert. Der Beschluss werde "junge Leute nicht schützen, sondern vielmehr den perversen Effekt haben, dass er zu frühen Experimenten ermutigt", erklärte INCB-Präsident Raymond Yans. "Suchtverhalten und anderen Störungen" werde so Vorschub geleistet. Das Wiener UNO-Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) schloss sich der INCB-Einschätzung an. Der uruguayische Beschluss sei "unglücklich", teilte ein UNODC-Sprecher am Mittwochabend in einer Aussendung mit. Montevideo hätte nämlich die Sondersitzung der UNO-Generalversammlung im Jahr 2016 abwarten sollen, bei der über globale Lösungen für das Drogenproblem gesucht werden soll. Der amerikanische Kontinent leidet stärker als jede andere Weltregion unter Drogengewalt: Auf 100.000 Einwohner kommen pro Jahr 16 Morde, die zweithöchste Rate nach Afrika. Hauptursache ist der Verteilungskampf um das Milliardengeschäft mit Kokain, Marihuana und anderen Rauschmitteln. Über geeignete Gegenstrategien wird seit langem gestritten.