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Weniger ist eben manchmal doch mehr

14.09.2021, 00:18
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1991 stellte Porsche die RS-Variante des 964 vor: Die meisterte zwar die Fahrt zum Shopping-Center, fühlte sich aber auf der Rennstrecke deutlich wohler.

Sternrubin – was für eine Farbe! Wer seinen Wagen in dieser Lackierung bestellte, wollte auffallen. Das passte. Schliesslich wollten diejenigen, die einen Porsche 964 RS kauften, auch kein komfortables Inkognito-Dasein geniessen. Schliesslich kostete der Wagen fast ein Viertel mehr als ein normaler 911 jener Zeit und er entbehrte jeglichen Luxus – und leise war er schon gar nicht. Hohe Erwartungen Vorgestellt wurde der vierradangetriebene Porsche 964 erstmals 1988. Und obwohl er weitgehend so aussah wie die 911-Modelle vorher, hatte man dafür 87 Prozent der Teile verändert. In kurzer Folge wurden die heckgetriebene 964-Variante und ein Turbo nachgereicht. Doch man hatte noch mehr im Sinn.

Man erinnerte sich in Zuffenhausen nur zu gern an die frühen 1970er-Jahre zurück, als man den 911 Carrera RS in der Hoffnung lancierte, die für die Homologierung nötigen 500 Exemplare an den Mann – oder die Frau – bringen zu können. Es wurden dann deutlich mehr. Trotzdem liess man das Kürzel RS, das für Rennsport stand, nach wenigen Jahren wieder fallen. Rückkehr der Buchstaben-Kombination RS Auf dem Genfer Autosalon 1991 aber waren die beiden magischen Buchstaben zurück, und zwar am Heck eines schlicht aussehenden 964-Hecktrieblers, abgeleitet vom Porsche-Cup-Wettbewerbsfahrzeug. Nur wer am Salon genauer hinschaute, erkannte die durchaus umfangreichen Unterschiede zwischen dem RS und dem Normalmodell. Die hinteren Sitze fehlten genauso wie die elektrischen Fensterheber, eine Klimaanlage und das Radio. Auch auf Dämmmaterial wurde weitgehend verzichtet, die Verglasung war dünn gehalten und die Sitze für Fahrer und Beifahrer entpuppten sich als knapp gepolsterte Kunststoffschalen. Die Lenkung musste ohne die Unterstützung einer Servopumpe auskommen, die Besatzung öffnete die Türen mit schlichten Schlaufen. Auch einen Airbag gab es nicht, der Unterbodenschutz wurde auf ein Minimum reduziert, die Hauben aus Aluminium anstatt aus Stahlblech gefertigt. 1225 Kilogramm brachte ein so vereinfachter 964 auf die Waage, immerhin 175 Kilogramm weniger als das Seriencoupé. Fast ein Projektil auf Rädern Dem Motor verhalf man durch eine andere Abstimmung der Motronic zu 10 zusätzlichen PS, ansonsten blieb es bei 3,6 Litern Hubraum, der nun aber mit 98-Oktan-Benzin geflutet werden wollte. Die 260 PS reichten locker, um in 5,4 Sekunden von 0 auf 100 km/h zu beschleunigen. Bei 263 km/h Spitzengeschwindigkeit bremste die Elektronik den weiteren Vortrieb. Damit liess sich ein heckgetriebener 964 knapp auf Distanz halten, nicht aber ein noch etwas teurerer Turbo. 124.000 Euro musste bezahlen, wer sich den 964 RS – gern in knalligen Farben – in die Garage stellen wollte. Dafür erhielt er aber immerhin verstärkte Bremsen (vorne vom Turbo, hinten vom Cup Carrera), ein serienmässiges ABS, etwas Leder im Interieur, 17-Zoll-Magnesium-Cupfelgen und jede Menge Fahrspass. Einige Entbehrungen waren allerdings auch nötig, denn vom Federungskomfort war wenig übrig geblieben, und ein Leisetreter wollte der RS nicht sein. Auf der Rennstrecke spielte dies keine Rolle, doch auf täglichen Einkaufsfahrten bewährte sich der leichte 964 nur beschränkt, weshalb die meisten der knapp über 2000 produzierten Exemplare denn auch nur wenig gefahren wurden und heute deutlich mehr Geld wert sind als ihre schwereren Brüder. Als Investition jedenfalls hat der RS seine Nase vorn. Weitere Informationen, viele Bilder und ein eindrückliches Tonmuster sind auf www.zwischengas.com zu finden.