Politik

"Es ist neu, dass 12-Jährige vergewaltigen"

Kinder und Jugendliche sollen im deutschen Mülheim eine Frau vergewaltigt haben. Ist das Gesetz mit den minderjährigen Kriminellen überfordert?

Heute Redaktion
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Fünf Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 12 und 14 Jahren sollen im deutschen Mülheim eine 18-Jährige vergewaltigt haben (Heute berichtete). Ein 14-Jähriger wurde wegen Wiederholungsgefahr festgenommen. Doch die Behörden sind machtlos: Strafrechtlich können unter 14-Jährige in Deutschland nicht zur Verantwortung gezogen werden. Die Verdächtigen könnten bereits wieder in die Schule gehen.

Auch in der Österreich werden jedes Jahr Dutzende Kinder angezeigt, einige auch weil sie andere vergewaltigten oder nötigten. Insgesamt bei allen Delikten waren 2018 7.231 Verdächtige unter 14 Jahre alt, 990 davon sogar unter zehn Jahre. Verurteilt können sie nicht werden, ins Gefängnis gesteckt ebenso wenig.

Herabsetzung der Strafmündigkeit

Was bleibt, sind die Verhängungen von Erziehungsmaßnahmen, etwa die Unterbringung in einer betreuten Wohngemeinschaft. FPÖ-Politiker Dominik Nepp etwa fordert deswegen angepasste Gestze: "Wer mit 12 oder 13 raubt, vergewaltigt oder tätlich angreift, darf vor dem Gesetz nicht als unmündiges Kind gelten", sagt er. "Die Herabsetzung der Strafmündigkeit von 14 auf 12 Jahre wäre eine richtige und abschreckende Maßnahme", so Nepp, auch in Hinsicht auf kriminelle Jugendbanden in Wien.

Auch in der Schweiz läuft nach einer sexuellen Attacke – ein 9-Jähriger soll einen 7-Jährigen zum Oralsex gezwungen haben – eine ähnliche Debatte. Rechtsanwalt und SVP-Politiker Valentin Landmann sagt, das Gesetz müsse angepasst werden. "Es ist ein neues Phänomen, dass schon 12-Jährige ein Messer dabeihaben und bereit sind, Gewalt einzusetzen oder zu vergewaltigen." Bei Schwerstdelikten sei eine Behandlung nach dem Erwachsenenstrafrecht sinnvoll. Auch eine Erhöhung des Strafrahmens im Jugendstrafrecht sei eine sinnvolle Option.

"Das Alter verschiebt sich"

Es gehe nicht darum, Kinder und Jugendliche generell zu behandeln wie Erwachsene, sagt Landmann. Neuen Entwicklungen müsse aber Rechnung getragen werden. "Es ist eine Tatsache, dass sich einige Kinder heute früher verhalten wie junge Männer." Es gebe bei groben Delikten eine altersmäßige Verschiebung nach vorn. "Die Debatte um eine Flexibilisierung des Jugendstrafrechts muss geführt werden", so Landmann. Einen Einfluss habe auch die Einwanderung von Menschen aus anderen Kulturen und Religionen: "Wenn Frauen in einer Gesellschaft anders behandelt werden als in unserer, hat das einen Einfluss auf die Kinder und ihr Verhalten."

Unter 15-Jährige müssen bisher in der Schweiz nur mit einem Verweis oder einer persönlichen Leistung von zehn Tagen als Strafe rechnen. Einschneidender sind allerdings die Maßnahmen, die verhängt werden können. So können Kinder etwa bei Privaten oder in entsprechende Einrichtungen untergebracht werden, letzteres gleich wie in Österreich.

Was ist möglich?

Im Jugendstrafrecht gilt, dass der Schwerpunkt auf resozialisierende und erzieherische Maßnahmen gelegt werden muss. Das steht in der Kinderrechtskonvention, die sämtliche Staaten außer den USA unterschrieben haben. Die UNO empfiehlt ein Strafmündigkeitsalter von 12 Jahren oder höher. In Deutschland liegt es wie in Österreich bei 14 Jahren, in der Schweiz bei 10 Jahren.

In Österreich kommen allerdings noch "Spezialfälle" hinzu. So ist eine Sonderbestimmung, dass Jugendliche, die zur Tatzeit das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, eine Freiheitsstrafe für eine Verwaltungsübertretung nicht verhängt werden darf. Und: War ein Täter bei der Tat zwar über 14 Jahre alt, wird er aber als nicht reif genug angesehen, das Unrecht seiner Tat einzusehen, kann er auch nicht verurteilt werden. Die Höchststrafe im Jugendgerichtsgesetz (14 bis 18 Jahre) beträgt zehn Jahre Haft. (ehs/rfi)