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"Grüne Mieselsucht geht mir auf den Wecker"

Heute Redaktion
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Bild: Sabine Hertel

Von Umweltorganisationen verlangt er mehr Transparenz, den Grünen rät er mehr Spaß am Umweltschutz: Im "Heute"-Gespräch deutet Umweltminister Rupprechter (VP) Boni für E-Autos an.

Von Umweltorganisationen verlangt er mehr Transparenz, den Grünen rät er mehr Spaß am Umweltschutz: Im "Heute"-Gespräch deutet Umweltminister Rupprechter (VP) Boni für E-Autos an.

"Heute": Umweltschutz für daheim: Welche Waschmaschine empfiehlt der Umweltminister?

Andrä Rupprechter: Ich glaube, die Menschen sind viel weiter, als manche Politiker ihnen zutrauen. Ihnen sind AAA-effiziente Geräte, die sparsam mit Wasser und Strom operieren, wichtig. Umweltpolitik muss Informieren, Anreize setzen und Menschen bei ihrer eigenen Verantwortung packen.

"Heute": Das ist eine Geldfrage. Eine Familie mit 2.000 Haushaltseinkommen kann eine Waschmaschine um mehr als 500 oder gar ein E-Auto kaum finanzieren. Den Markt hingegen könnten Sie politisch steuern.

A.R.: Das ist nicht mein Ansatz. Die Grünen sind die Verbotspartei, wo Klimaschutz als Belastung verkauft wird. Die grüne Mieselsucht, das Schlechtreden, geht mir auf den Wecker. Denn Umweltschutz macht Spaß. Das erlebe ich bei meinen Söhnen, die noch in den Kindergarten gehen. Die kommen heim und erklären mir, wie Mülltrennung funktioniert. Das bereitet uns allen Freude.

 


"Heute": Ein Verbot von Neuzulassungen von Autos mit Verbrennungsmotoren, z.B. ab 2030, würde die Entwicklung günstiger E-Autos forcieren.

A.R.: Wir brauchen mehr Anreizsysteme. Die steuerliche Besserstellung von E-Autos hat einen Boom bei Neuzulassungen gebracht – von 2015 auf 2016 haben sie sich mehr als verdoppelt. 



"Heute": Aber auf niedrigem Niveau: Von heuer 334.759 zugelassenen Pkw waren 6.581 E-Autos

A.R.: Sie müssen billiger werden. Ich arbeite mit Jörg Leichtfried (Verkehrsminister, Anm.) an einem E-Paket für 2017.

 

"Heute": Worum geht’s da?

A.R.: Die Importeure sind wahrscheinlich bereit, einen Beitrag zu leisten. Details möchte ich noch nicht sagen.



"Heute": Ein Malus für Benzin und Diesel, ein Bonus für E-Autos?

A.R.: Wir arbeiten derzeit an der Klimastrategie. Details herauszugreifen, wäre kontraproduktiv. Nur so viel: Anreize für klimapositives Handeln wird es geben. Boni und Malus sind denkbar.



"Heute": Auch im Wohnbau gibt es umweltpolitischen Spielraum.

A.R.: Für Neubauten wird klar sein müssen, dass der Einbau eines Öl- Heizkessels nicht rentabel ist.



"Heute": Ohne Verbot?

A.R.: Die Länder haben jetzt schon die Möglichkeit, das zu verbieten.



"Heute": Im TV taucht immer wieder Werbung für Ölkessel auf.

A.R.: Da müssen wir raus.



"Heute": Die Strecke Wien-Berlin und retour kostet mit der AUA 90 Euro. mit den ÖBB im günstigsten Fall 122 Euro (Februar 2017, laut jeweiliger Online-Präsenz). Da müsste doch der Umweltminister aufschreien.

A.R.: Die EU könnte sehr viel tun, wie bei den Roaminggebühren. Bahnen könnte man Kooperationen vorschreiben. Es ist absurd, dass wir am Brenner eine andere Lok vorspannen müssen. Da ist die deutsch-französische Zusammenarbeit deutlich weiter.



"Heute": Die Regierung will deregulieren. Wo wird sich ihr Ministerium künftig zurückhalten?

A.R.: 50 Bundesgesetze fallen in meinem Zuständigkeitsbereich. 18 Gesetze sollen geändert werden, sieben abgeschafft.

 

"Heute": Bitte um ein Beispiel für den konkreten Nutzen.

A.R.: Bei der Umweltverträglichkeitsprüfung haben wir als Bund die Möglichkeit, zu Beginn des Verfahrens eine Stellungnahme abzugeben, auch wenn das Land eigentlich zuständig ist. Das schaffen wir ab und das beschleunigt die Verfahren. Außerdem schaffen wir Doppelgleisigkeiten ab, wo mehrere Ministerien zuständig sind. Wir streichen etwa Bewilligungsverfahren für Wasserprojekte. Wer in Zukunft eine Kläranlage baut, braucht nur eine Anmeldung. Sagt die Behörde nichts, ist das Projekt automatisch bewilligt.

 

"Heute": Wie steht es um das Klima in der Koalition. Wie verliefen die Verhandlungen mit der SPÖ.

A.R.: Wir haben drei Monate gebraucht. Jörg Leichtfried ist ja mein vierter Spiegelminister in drei Jahren. (Bures, Klug, Stöger, Leichtfried, Anm.). Ich habe einen ziemlichen Verschleiß, aber das liegt nicht an mir. Die Zusammenarbeit war stets konstruktiv.

 

"Heute": Wo werden die Aufschreie herkommen?

A.R.: Ich höre noch keine.

"Heute": Aber Sie rechnen damit… 

A.R.: Wenn wir etwas deregulieren, und Kompetenzen streichen, wird es immer jemanden geben, der seinen Besitzstand wahren will. In diesem Fall haben wir das aber etwa mit den Bundesländern abgestimmt.



"Heute": Und die NGOs?

A.R.: Die haben die kurze Begutachtungsfrist kritisiert. Darauf bin ich eingegangen und konnte das zeitliche enge Korsett, das vom BKA vorgegeben war lockern. Wir gehen jetzt vier Wochen in Begutachtung. 

"Heute": NGOs müssen laut Entwurf alle Spenden offenlegen?

A.R.: Ja.



"Heute": Ab welcher Spendenhöhe?

A.R.: Ab 1 Cent. Transparenz muss für alle gelten, auch für Vereine und Stiftungen.  



"Heute": Wie oft melden sich Lobbyisten, bitten um Ihre Intervention?

A.R.: Was wir tun, ist, Firmen im Ausland unterstützen. Mit Umweltorganisationen führen wir einen intensiven Dialog.



"Heute": Wird CETA unterzeichnet?

A.R.: Ich gehe davon aus. Der Vertrag wurde seit 2007 verhandelt, und unsere drei zentralen Forderungen im Agrarbereich wurden eingearbeitet: Lebensmittelsicherheit (Right to regulate), Vorsorgeprinzip (Zulassung von Produktionsmethoden): In den USA ist bei der Rinderzucht der Einsatz von wachstumssteigernden Hormonen zulässig, in Europa nicht. CETA sieht vor, dass kein Fleisch nach Europa kommen darf, dass so behandelt wurde. Die zweite Forderung betrifft die Herkunftsbezeichnung. Tiroler Speck oder Parmaschinken kann nicht aus Kanada kommen – das ist fixiert. Und drittens: Bei den sensiblen Produkte gibt es nur eine schrittweise Marktöffnung. Das gibt es bei CETA, aber nicht bei TTIP.



"Heute": Sorge vieler Bauern und Händler ist doch der Preiskampf und die Überschwemmung mit billigen Nahrungsmitteln.

A.R.: Bei Kanada reden wir über ein Land mit 35 Millionen Einwohnern, fast so ein großes BIP wie Russland mit 148 Millionen Einwohnern. Wir haben schon die Hoffnung, dass wir diesen Markt erobern, den wir dringend brauchen nachdem uns Russland weggebrochen ist. Wir haben jetzt schon – trotz Marktschranken – ein positives Agrarhandelssaldo mit Kanada. Und wenn die Schranken fallen, erwarten wir uns bei den verarbeiteten Produkten, dass wir mehr exportieren als aus Kanada nach Österreich kommt.



"Heute": US-Produkte können nicht über Kanada in die EU gelangen.

A.R.: Das ist ausgeschlossen. Da gibt es die Ursprungsregeln und die Rückverfolgung. Die Umgehungsapokalypse einiger Kritiker hält einer Überprüfung nicht stand.

 

"Heute": Essen Sie lieber ein "Chlorhuhn" oder eines mit Antiobiotika?

A.R.: Am liebsten steirische Maishenderl von Biobauern.

 

"Heute": Reden wir über die Koalition.

A.R.: Na. [lacht]

 

"Heute": Rechnen Sie mit Neuwahlen im Frühjahr 2017 oder Herbst 2017?

A.R.: Gebucht bin ich bis Oktober 2018.

 

"Heute": Sie kennen Christian Kern schon lange. Hat er sich durch die Kanzlerschaft geändert

A.R.: Ich verstehe nicht ganz, wieso er sich so links positioniert. In der Wirtschaft gibt es viele, die enttäuscht sind über Maschinensteuer und die CETA-Position.