Politik

"Handy ist kein Spielzeug für die Parlamentarier"

Heute Redaktion
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Wolfgang Sobotka (ÖVP) spricht im Interview mit "Heute" über das Überparteiliche am Amt, Handys in der Politik und Scharfmacher als Innenminister.

Am 20. Dezember wurde Wolfgang Sobotka zum Ersten Nationalratspräsidenten gewählt - Proteste der Opposition inklusive. In "Heute" spricht er unter anderem über seine neue Funktion, Pläne, Vorgängerin Doris Bures und seine Wünsche für 2018.

"Heute": Sie wurden oft als "Sprengmeister der Koalition" tituliert. Haben Sie sich selbst aus der Regierung gesprengt?

Wolfgang Sobotka: Es ist eine große Ehre, mit der Aufgabe des Nationalratspräsidenten betraut zu werden. Daher muss ich sagen: Aus der Regierung gesprengt zu sein, kann ich so nicht nachvollziehen.

Was werden Sie am Ministerjob vermissen?

Ich bin in alle Funktionen so hineingegangen, dass ich mich voll und ganz auf die Arbeit, die ich jetzt zu tun habe, konzentriere. Als Minister ist es mir gelungen, das Thema Sicherheit als umfassendes Thema in den Fokus zu rücken. Das Sicherheitsvertrauen der Bevölkerung ist wieder gestiegen. Das nehme ich auch mit in meine neue Funktion.

War Nationalratspräsident Ihr Wunschjob?

In der Politik spielt man nicht „Wünsch dir was". Wenn man für ein Amt vorgeschlagen wird, muss man prüfen: Kann ich das, will ich das, mach ich das? Wenn man ja gesagt hat, soll man sich freuen. Wenn ich einmal ja zu einem Job gesagt habe, dann erfüll ich ihn zu hundert Prozent.

Bei der Wahl zum Nationalratspräsidenten haben Sie 61,3 % der Stimmen bekommen. Enttäuscht?

Bei Wahlen muss man sich immer über ein positives Votum freuen. Keine Frage: Die Situation war sicher nicht ganz alltäglich. Der Wechsel von der einen Regierung zur anderen ist nicht ganz friktionsfrei vonstatten gegangen. Es gab noch sehr viel Emotion. Auch der Wechsel meiner Vorgängerin ins Ministeramt hat sicher zum Ergebnis beigetragen.

Wie wollen Sie im Amt Vertrauen gewinnen?

Auf der einen Seite ist es ganz wesentlich, das Ansehen der Parlamentarier ins richtige Licht zu rücken. Kaum jemand kennt die Arbeit der Parlamentarier wirklich: der enge Terminkalender, die inhaltliche und repräsentative Arbeit. Es geht um eine umfassende Darstellung ihrer Arbeit.

Bei TV-Übertragungen sieht man Parlamentarier, die am Handy herumspielen, und schütter besetzte Abgeordnetenbänke. Werden Sie auf die Abgeordneten einwirken, dass das Bild in der Öffentlichkeit ein anderes wird?

Ich habe noch keinen Parlamentarier gesehen, der am Handy spielt. Da geht's darum, ein Bewusstsein zu schaffen: Das Handy ist kein Spielzeug für den Parlamentarier. Der Parlamentarier ist auch draußen keiner, der sich nur die Beine vertritt, sondern Termine mit Kollegen hat, in Besprechungen, Ausschüssen sitzt. Das Handy ist für Abgeordnete heute die wesentlichste Kommunikationsform geworden. Und Zeitung liest er nicht, weil er einen Zeitvertreib sucht, sondern weil Information in der Politik nun mal wesentlich ist. Das heißt: Für ihn gehört das zum Beruf dazu.

Ihre Schwerpunkte?

Ganz wesentlich: Ich möchte das Parlament öffnen. Für Künstler, Wissenschaftler, für die Bevölkerung insgesamt. Künstler und Wissenschaftler sind immer auch Vordenker. Und die Bevölkerung gibt dem Parlament seinen Rückhalt. Es ist auch wichtig, dass wir Themen diskutieren, die Österreich langfristig beeinflussen: Demografie, Digitalisierung, Verhältnis zur EU und anderen europäischen Regionen. Drittes Anliegen: den jungen Demokratien Begleiter sein, als eine Art Sparringpartner, insbesondere dort, wo wir große Erfahrung haben, etwa am Balkan. Und vor allem das große Gedenkjahr. Es gibt eine Reihe von Veranstaltungen, die uns einmal mehr bewusst sein lassen sollen, wie wichtig ein starker Parlamentarismus ist.

Ist Ihre rote Brille schon ein Zeichen der Überparteilichkeit?

Ich verwende Farben weder beim Gewand, noch bei sonstigen Utensilien als Hinweise. Für mich ist es ganz selbstverständlich, dass ein Präsidenten Äquidistanz zu allen Parteien haben muss.

Was kann man von Doris Bures lernen?

Sie hat das Amt mit sehr viel Umsicht und sehr viel menschlicher Wärme geleitet. Und dieses Haus immer mit Würde repräsentiert.

Und von Norbert Hofer?

Norbert Hofer ist ein exzellenter Politiker mit Sinn für Humor, der immer für eine pointierte Formulierung zu haben ist.

Die Stimmung im Parlament ist aufgrund der neuen Konstellation nicht die beste. Können wir uns auf Ordnungsruf-Rekorde einstellen?

Das ist keine Frage der Stimmung. Eine lebendige Demokratie braucht Rede, Wechselrede und Gegenrede. Mein Bestreben ist, dass wir die Diskussion im Parlament und nicht irgendwo anders führen. Wichtig ist, dass man sich zu Wort meldet und die parlamentarischen Usancen auch respektiert. Da habe ich gute Hoffnung, dass wir das gemeinsam umsetzen.

Zur Koalition: Wie zufrieden sind Sie mit den neuen Ministern?

Der Parlamentspräsident ist keiner, der richtet oder Noten vergibt. Es ist erfreulich, dass die Regierung im gesamten sehr schnell das Arbeitstempo aufgenommen hat. Die guten Verhandlungen zeigen auch, gemessen an übrigen Regierungsbildungen – sehen Sie nach Deutschland –, dass man hier mit großer Verantwortung agiert hat. Jetzt geht's darum, das schnell in die Umsetzung zu bringen. Da wird das Parlament Partner, aber auch Kontrollor sein.



Ihr Nachfolger heißt Herbert Kickl: Braucht es Scharfmacher für das Amt des Innenministers?

Ich urteile als Nationalratspräsident hier nicht. Herbert Kickl ist einer, der das politische Handwerk gelernt hat. Er wird seine Aufgaben als Innenminister gut erfüllen.

Tipps in Sachen Amtsführung für ihn?

Jeder Ratschlag ist auch ein Schlag. Ich werde daher mit Sicherheit keine Tipps geben. Im Gegenteil: Ich nehme das, was ich aus diesem Amt mitgenommen habe, auch in meine neue Funktion mit. Was mich wesentlich geprägt hat in meiner Amtszeit, war die Frage: Wie setzt man die Rechtsstaatlichkeit um?

In vier Tagen ist Silvester. Ihr Wunsch für 2018?

Dass es meiner Familie möglichst gut geht und sie gesund bleibt.

Werden Sie ein Feuerwerk abschießen?

Im Vorjahr habe ich keines abgeschossen. Ich weiß aber nicht, ob meine Kinder heuer irgendwas vorhaben. (bob)