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"Was wir nicht sehen": Doku über Handy-Strahlung

Heute Redaktion
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Wie schädlich ist Handy-Strahlung und kann man ihr entgehen? Mit diesem Thema befasst sich Anna Katharina Wohlgenannt in ihrer Doku "Was wir nicht sehen".

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Weltweit wurden bisher sieben Milliarden Mobiltelefone verkauft. Der moderne Mensch ist praktisch niemals ohne Empfang und den elektromagnetischen Wellen und Feldern schutzlos ausgeliefert. Über die dadurch entstehenden Langzeitschäden gibt es bislang keinen wissenschaftlichen Konsens.

Fest steht jedoch, dass manchen Menschen die Handystrahlung besonders zusetzt. Ihr Zustand wird als Elektrohypersensitivität (EHS) bezeichnet. In der westlichen Welt sind laut Regisseurin Wohlgenannt drei bis sechs Prozent der Bevölkerung betroffen. Elektrohypersensitive Menschen leiden unter anderem an Schlafstörungen, Kopfschmerzen und hohem Blutdruck. "Was wir nicht sehen" zeigt, wie einige von ihnen mit der Belastung umgehen.

Abschirmung, Flucht und Jagd

Ergotherapeutin Clarissa verbringt täglich mehrere Stunden unter einem Baldachin, der die Strahlen abhalten soll. Verlässt sie für Einkäufe ihre Wohnung, trägt sie ein Überkleid aus einem speziellen Abschirmstoff. Für eine Familie ist in ihrem von Handystrahlung überschatteten Alltag kein Platz.

Die Architektin Jennifer und die Naturwissenschaftlerin Diane suchen Schutz in West Virginia. Sie sind in die "National Radio Quiet Zone" gezogen, in der Handys und WLAN verboten sind, um die empfindlichen Radioteleskope in Green Bank und Sugar Grove nicht zu behindern.

Anders als Clarissa, Jennifer und Diane ist die deutsche Klangkünstlerin Christina Kubisch nicht elektrohypersensitiv. Sie "jagt" und "sammelt" elektromagnetische Felder mit einem eigens entwickelten Equipment. Kubisch meint: "Die elektromagnetische Welt soll gar nicht erst bewusst werden. Da wird eine Desinformation betrieben. Man sagt: Es ist natürlich, dass alles kabellos ist, das alles aus der Wolke kommt. Aber das ist doch absurd! Was da dahintersteckt - das will ich hörbar machen."

Connected

Die Idee zu "Was wir nicht sehen" kam Regisseurin Anna Katharina Wohlgenannt durch ihren persönlichen Umgang mit Mobiltelefonie und WLAN: "Ich habe mich lange gegen den Besitz eines Handys gesträubt. Ich wollte das einfach nicht, weil ich mich damit überwacht und unfrei gefühlt habe. Irgendwann ging es aber nicht mehr ohne. Auch andere kabellose Technologien, wie WLAN nütze ich inzwischen und schätze sie sogar, weil ich sie praktisch finde."

"Und dann kam der Moment, in dem ich realisiert habe, dass ich mich unwohl zu fühlen begann, wenn ich nicht 'connected' war - wenn ich also keinen Handy-Empfang hatte oder keinen Internet-Zugang. Das gefiel mir gar nicht. Ich begann mir daher Gedanken darüber zu machen, was eigentlich genau hinter diesen Technologien steckt."

Individuelle Blickwinkel, keine Paranoia

Der individuelle Blickwinkel stand für Wohlgenannt im Vordergrund: "Von Anfang an wollte ich keine investigative Reportage über das Thema machen, sondern einen Dokumentarfilm, der aus einem anderen, individuellen Blickwinkel erzählt."

"Trotzdem habe ich im Zuge meiner Recherche auch viele Interviews mit Experten (Physikern, Medizinern, Juristen) geführt und überlegt, in wie weit ich 'Gegenstimmen' einbauen kann. Dabei wurde mir klar, dass es auf dem Gebiet so gut wie unmöglich ist, einen wirklich 'objektiven', über fremde Interessen erhabenen Experten zu finden."

Wichtig war der Regisseurin aber auch, "Was wir nicht sehen" zu keinem "Paranoia-Film" zu machen - "solche gibt es nämlich zum Thema elektromagnetischen Wellen wirklich schon genug."

"Was wir nicht sehen" ist ab 12. Februar 2016 in den österreichischen Kinos zu sehen.