Wirtschaft

"Zeitbomben ticken" in Österreichs Kontrollbank

Heute Redaktion
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Aufdeckerjournalist Ashwien Sankholkar beschreibt brisante Korruptionsfälle in seinem Buch „Der geplünderte Staat und seine Profiteure". Heute: Die "tickenden Zeitbomben" in der Kontrollbank.

Wer durchschaut noch den Dschungel der jüngsten Wirtschaftsskandale Österreichs? Was waren die Ursachen, wer spann welche Fäden und wer verdiente daran? Nach jahrelangen Recherchen dokumentiert Sankholkar die brisantesten Korruptionsfälle der Republik.

Mit freundlicher Genehmigung des Residenz-Verlages bringt „Heute" einige Ausschnitte aus Sankholkars Buch „Der geplünderte Staat und seine Profiteure". Hier einige Details aus dem Kapitel „Tickende Zeitbomben", das sich mit der Staatsbanken-Krise beschäftigt:

Die Kontrollbank (OeKB) könnte zum nächsten Sundenfall fur den Steuerzahler mutieren. Auf dem Papier sind die Bilanzen zwar makellos. Doch blickt man hinter die Kulissen, wird einem ubel. Denn das Finanzmanagement der Kontrollbanker erinnert weniger an smarte Finanzexperten, sondern eher an unerfahrene Häuslbauer. Im Rahmen des altbewährten Exportfinanzierungsverfahrens (EFV) einigten sich Finanzministerium und OeKB, der Exportwirtschaft gunstige Refinanzierungen zur Verfugung zu stellen.

Schweizer-Franken-Kredite waren wegen des niedrigen Zinsniveaus auch bei der Kontrollbank beliebt. „Die Garantie des Bundes gemäß Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetz ermöglichte die Aufnahme von Fremdwährungen ohne Risiko, da der Bund fur etwaige Wechselkursdifferenzen (Kursrisiko) haftete", stellte der Rechnungshof in einem Prufbericht aus dem Jahr 2016 fest. Ein Freibrief zur Spekulation. Ohne das Risiko unter Kontrolle zu haben, forderte die Kontrollbank Fremdwährungskredite im Rahmen des Exportfinanzierungsverfahrens.

"Der Schweizer-Franken-Anteil am EFV-Portfolio per 30. Juni 2015 betrug rund 18,451 Milliarden Schweizer Franken", heißt es im Rechnungshofbericht 2016. „Der Gegenwert in Euro belief sich auf rund 17,719 Milliarden Euro". Der historische Kurs hingegen lag bei 11,839 Milliarden Euro. Die OeKB sitzt seither auf Wechselkursverlusten von rund 5,9 Milliarden Euro.

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Die Kontrollbank ist eine tickende Zeitbombe. Der maximale Haftungsrahmen nach dem Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetz (AFFG) liegt bei 50 Milliarden Euro. Neben den milliardenschweren Fremdwährungsrisiken schlummern auch noch die Kreditrisiken aus Exportgarantien und Wechselburgschaften in den Buchern. Hier liegt das Haftungsobligo bei mehr als 20 Milliarden Euro und der Maximalrahmen nach dem Ausfuhrförderungsgesetz (AusfFG) bei 45 Milliarden Euro. Dazu stellte der Rechnungshof fest, dass das Finanzministerium der Kontrollbank de facto kaum Grenzen setzte und die Arbeit unzureichend uberwachte.

„Entgegen der Empfehlung des Rechnungshofes legten das Finanzministerium und die Kontrollbank keine Limite zur weiteren Begrenzung des Ausfallsrisikos im Rahmen des Ausfuhrförderungsverfahrens fest", schreiben die Rechnungshofprufer. Auf Kreditausfälle in heiklen Ausfuhrländern in Zentralafrika, Sudamerika oder im arabischen Raum kann so nur unzureichend reagiert werden.

Die Kontrollbank bedient sich eines veralteten Länderrisikomodells, meint der Rechnungshof. Wenn bisher kein politisches Risiko schlagend geworden war, dann bezieht das Modell auch weiterhin keine Ausfallswahrscheinlichkeiten in die Berechnung ein.

Kreditrisiken, die aufgrund aktueller Ereignisse plötzlich entstehen, bleiben im OeKB-Modell bis 2016 unberucksichtigt. Mit anderen Worten: Obwohl die Republik fur mehr als 20 Milliarden Euro an Krediten haftet, sind die Risiken schwer uberschaubar. Der Rechnungshof kritisierte, dass die von der Kontrollbank erstellten Auswertungen dem Finanzministerium vorwiegend als Information dienten und dass weder die Kontrollbank noch das Finanzministerium diese systematisch zu Steuerungszwecken heranzog. Die Republik setzt sich somit freiwillig einem Milliardenrisiko aus.

Doch es kommt noch besser. Fur die gigantischen Risiken, die die Republik eingeht, leitet die OeKB ein vergleichsweise mickriges Entgelt von rund 200 Millionen Euro jährlich weiter. Abgesehen davon, dass die Prämien niedrig angesetzt sind, konnten die Ruckflusse ans Budget mehr als doppelt so hoch sein. Statt dessen werden Überschusse bei der Kontrollbank gehortet.

Grundsätzlich erfolgt die Verrechnung sämtlicher Einnahmen und Ausgaben aus dem Ausfuhrförderungsgesetz auf einem Kontrollbank-Konto. Der Saldo aus Haftungsentgelten und Schadenszahlungen war in den letzten Jahren positiv. Etwa von 2012 bis 2014 wurden in Summe 206 Millionen Euro an die Bundeskasse abgefuhrt. Trotz dieser Abschöpfungen stieg im selben Zeitraum der Kontrollbank-Verrechnungskontostand von 392 auf 536 Millionen Euro.

Zwischen 400 und 590 Millionen Euro hätten locker an die Republik abgefuhrt werden können, meint der Rechnungshof. Warum das nicht geschah? Das gesetzliche Ruckstellungserfordernis wurde mit einem Prozent des Haftungsrahmens festgelegt.

Deshalb durfte erst ab einem Guthaben von 500 Millionen Euro ausgeschuttet werden, was prohibitiv hoch angesetzt ist. Gegen eine Senkung der Ausschuttungsgrenzen wehren sich die Banken als Miteigentumer der Kontrollbank. Immerhin wurde der OeKB nicht nur Vermögen entzogen, sondern auch Mittel fur die Förderung von Exporten, was eigenen Geschäftsinteressen entgegenstehen wurde.

"Der geplünderte Staat und seine Profiteure" des mit dem Alfred Worm-Preis ausgezeichneten Aufdeckerjournalisten Ashwien Sankholkar erscheint im Residenz Verlag. Das 240 Seiten starke Hardcover gibt es um 22,00 Euro beim Buchhändler ihres Vertrauens.

ISBN: 9783 7017 34269

ISBN ebook: 9783 7017 45616