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8 Exekutionen in 10 Tagen - weil Medikament abläuft

Heute Redaktion
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Bild: AP

Arkansas hat seit 2005 keine Hinrichtungen mehr durchgeführt. Jetzt soll es gleich Schlag auf Schlag gehen. Doch Häftlinge wehren sich, und ein Ex-Wärter ist besorgt.

Der südliche US-Bundesstaat Arkansas will einen Rekord brechen – im Töten. Im April plant Gouverneur Asa Hutchinson, innerhalb von zehn Tagen nicht weniger als acht zum Tode Verurteilte hinrichten zu lassen. Er will die Exekutionen durchführen, bevor ein zur Betäubung eingesetztes Medikament Ende des Monats sein Ablaufdatum erreicht.

Nun haben die acht Häftlinge aber gegen ihre Hinrichtungen geklagt. Am Montag kritisierten sie vor dem Bundesgericht, der verkürzte Zeitplan gebe ihnen nicht genügend Zeit, Einsprachen vorzubereiten. Zudem werde dadurch geltendes Recht des Bundesstaates gebrochen.

Missachtet die Würde der Häftlinge

Der "wilde Hinrichtungs-Zeitplan" füge jedem Kläger "irreparables Leid" zu, schrieben sechs der acht betroffenen Männer. Der Staat untergrabe zudem das Recht jedes einzelnen Klägers, um Gnade zu bitten. Die Dichte der Hinrichtungen "liegt ausserhalb des im modernen Strafvollzug üblichen Rahmens und missachtet die fundamentale Würde" der Häftlinge, heißt es in der Klageschrift.

Das widerspreche dem im achten Zusatz zur US-Verfassung festgeschriebenen Verbot von grausamen und unüblichen Strafen. Gouverneur Hutchinson besteht auf dem schnellen Rhythmus der Hinrichtungen wegen der schwierigen Beschaffung von Midazolam. Dieses Medikament wird vor der eigentlichen Hinrichtung zur Betäubung der Todeskandidaten verwendet. Midazolam und andere Arzneien sind knapp geworden, weil viele europäische Pharmafirmen sich weigern, den US-Behörden Nachschub zu liefern.

Betäubungsmittel wirkt schlecht

Midazolam steht zudem in der Kritik, weil es offenbar nicht stark genug ist, um Schmerzen der Todeskandidaten in allen Fällen zu vermeiden. Zu einem extremen Fall kam es 2014 in Oklahoma: Der Häftling Clayton Lockett wand sich nach der Verabreichung von Midazolam 43 Minuten lang stöhnend auf seiner Todespritsche, bevor er schließlich starb.

Gouverneur Hutchinson will jeweils zwei der Verurteilten am 17., 20., 24. und 27. April hinrichten lassen. Die geplante Exekutionsserie ist umso erstaunlicher, als dass Arkansas seit 2005 kein Todesurteil mehr vollstreckt hat. Sie käme einem Rekord gleich: Seit der Wiedereinführung der Todesstrafe in den USA 1976 wurden in keinem US-Bundesstaat acht Menschen binnen zehn Tagen hingerichtet.

Albträume für Hinrichtungsbeamte

Der "Guardian" weist zudem darauf hin, dass die hohe Zahl von Exekutionen in kürzester Zeit auch für die beteiligten Beamten eine extreme Belastung darstelle. Die Zeitung zitiert den früheren Gefängnisvorsteher Allen Ault aus Georgia, der in den Jahren 1994 und 1995 mit seinem Tastendruck bei fünf Exekutionen den elektrischen Stuhl in Betrieb setzte.

"Ich erinnere mich nicht mehr an die Namen der Hingerichteten", sagt Ault, "aber ich sehe sie immer noch in meinen Albträumen." Der von Schuldgefühlen geplagte Ex-Beamte sagt, er komme sich "niedriger vor als die verachtenswerteste Person". Weil er ein ausführliches Protokoll zu beachten hatte, habe er "mit mehr Absichtlichkeit gehandelt als alle Mörder, die ich exekutierte". Hinzu komme die Wehrlosigkeit der auf der Pritsche festgeschnallten Todeskandidaten.

"Man nimmt eine völlig schutzlose Person und plant, ja übt sogar, sie zu töten", sagt Ault dem "Guardian". Dass der Gouverneur von Arkansas seinen Gefängnismitarbeitern eine so schnelle Hinrichtungsserie zumuten will, hält Ault für arrogante Nachlässigkeit. "Wenn er das so unbedingt will, soll er doch in die Todeskammer gehen und es selber tun", sagt er. "Aber das tun Politiker nie."