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Ab 2.000 Euro für den Uhrmacher

Heute Redaktion
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Uhrmachermeister Hans Mikl verkauft, repariert und restauriert mechanische Zeitmesser. Mit uns spricht er über Beruf, Branche und die Faszination Uhr.

Herr Mikl, wie hat sich das Interesse an mechanischen Uhren seit der Quarzkrise in den 1980ern entwickelt?

Die Quarzkrise ist zum Glück schon seit 20 Jahren überwunden und wir merken, dass das Interesse an mechanischen Uhren von Jahr zu Jahr größer wird. Es gibt natürlich verschiedene Bereiche – für Fashion-Juweliere sind (modische) Quarzuhren natürlich neben Schmuck der wichtigste Umsatzbringer, aber hochwertige Markenuhren in hochwertigen Geschäften sind in der Regel mit mechanischen Uhrwerken ausgestattet.

Es kaufen also wieder mehr Menschen mechanische Uhren ohne Batterie. Aber wie sieht die Situation für die Uhrmacher aus?

Leider nicht sehr rosig. Für die Gesellschaft sind Uhrmacher eher stille, etwas sonderbare, und introvertierte Menschen. Schon bei den Eignungstests in den Schulen werden junge Menschen, die diesem Klischee entsprechen, in diese Richtung gerückt und das ist leider keine gute Entwicklung. Daraus resultiert, dass es leider immer weniger junge Menschen gibt, die den Beruf des Uhrmachers erlernen möchten und es zusätzlich für Betriebe sehr schwer ist, geeignete Lehrlinge zu finden.

Die einzige österreichische Uhrmacherschule ist vom Lehrplan und der Struktur leider veraltet (4 Jahre Fachschule, ohne Matura....) und von ihrer Lage im nördlichsten Waldviertel (Karlstein) auch nicht besonders attraktiv. Insgesamt sind das leider keine guten Voraussetzungen für den Fortbestand unseres tollen Berufes.

Warum haben Sie sich für den Beruf entschieden?

Ich war technisch schon immer sehr interessiert und habe mich nach der Schulzeit zur Ausbildung zum Uhrmacher entschlossen. Meine Eltern waren nicht sehr erfreut, weil der Beruf des Uhrmachers in den 1980ern auszusterben drohte, aber ich habe meinen Kopf durchgesetzt. Als sich 1994 die Gelegenheit ergab ein Uhrenfachgeschäft in der Alserstraße zu übernehmen, habe ich ohne große Angst (und mit noch weniger Geld) den Schritt in die Selbständigkeit gewagt.

Wie viel verdient man als Uhrmacher?

Das ist pauschal ganz schwierig zu sagen – je nachdem, worauf man sich spezialisiert und für wen man arbeitet.

Der AMS-Gehaltskompass gibt ein Einstiegsgehalt um etwa 2.000 Euro an, ist das realistisch?

Ja, das kommt hin.

Was fasziniert Menschen an mechanischen Uhren und warum sollte sich jemand eine mechanische Uhr kaufen, wenn es billige und präzise Quarzuhren gibt – oder man einfach aufs Handy schauen kann?

Die Qualität und die Handwerkskunst – beziehungsweise den schönen Dingen des Lebens zu frönen. Ein ganz einfach und verständliches Beispiel ist der Genuss eines guten Glas Weines. Natürlich kann man im Supermarkt im Tetrapack Wein kaufen und diesen aus einem Plastikbecher trinken, aber ich denke, dass diese Form von Genuss für die wenigsten Menschen "Leidenschaft" bedeutet. Mit den Uhren verhält es sich sehr ähnlich. Auch hier kann man eine leblose Smartwatch oder eine billige Quarzuhr tragen. Die Funktion erfüllen auch diese "Uhren", aber auch hier gilt – will man das wirklich?

Mechanische Uhren gibt es seit Jahrhunderten. Wohin kann sich die Uhrmacherkunst noch entwickeln?

Grundsätzlich geht es nicht mehr um noch genauere Uhren, sondern um ästhetische Konstruktionen. Den Zenith an Genauigkeit hat man mit der Funkuhr erreicht und jetzt geht es um aufregende simple, aber auch komplizierte Konstruktionen. Für mich persönlich ist es wichtig, dass Uhrwerke (und natürlich Uhren) nachhaltig gebaut sind. Ein guter Uhrmacher sollte in 50 Jahren Uhren, die heute gebaut werden, reparieren können. Genau so wie wir das heute machen.

Allerdings gibt es zurzeit eine Entwicklung die mir persönlich Sorgen bereitet, nämlich den Einsatz von High-Tech Materialen, wie etwa Silizium und Kunststoff. Große Marken stellen wichtige Bauteile nicht mehr konventionell mit Fräsen und Drehmaschinen her, sondern züchten auf Wavern Siliziumteile. Abgesehen davon, dass diese Vorstellung sehr "unromatisch" ist, sind die Preise nicht mehr gerechtfertigt bzw können kaputte Teile in Jahrzehnten nicht einfach "nachgezüchtet" werden. Auch hier gibt es von mir wieder einen Vergleich. Heute sieht man bei schönem Wetter wunderschöne Oldtimer fahren. 50, 60... Jahre alte Autos, die Ästhetik und Charakter vereinen und die von handwerklich ausgezeichneten Mechanikern nach wie vor im Schuss gehalten werden. Ich glaube allerdings nicht, dass ein einziges dieser heute durch die Gegend fahrenden Plastik-Autos mit unendlich viel Elektronik in 50 Jahren noch fahrbereit sein wird...

Es gibt Uhren, die Hunderttausende Euro kosten. Wie sind diese Preise gerechtfertigt?

Wenn die Uhr mit Diamanten besetzt und in Edelmaterialien gefertigt ist, dann ist natürlich klar, dass die Uhren teuer sind. Wird etwa von einem Hersteller eine komplizierte Kleinserie hergestellt, dann sind diese Uhren zwangsläufig auch sehr teuer. Insgesamt orientieren sich die Hersteller aber einfach daran, wie weit sie mit dem eigenen Image gehen können und wie teuer die Uhren sein dürfen. Marke A investiert Unsummen in Marketing und deswegen kann der Durchschnittspreis der verkauften Uhren höher sein, als bei einer Marke, die weniger investiert. Wird der Markenname zur Ikone (Rolex, Patek...) geht es einfach nur darum, dass es irgendwo auf der Welt immer jemanden gibt, der den verlangten Preis für die Uhr bezahlt.

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