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Ab 50 Minuten macht Pendeln krank

Für ihren Job nehmen Pendler überfüllte Züge und Staus auf sich. Dabei riskieren besonders Langstrecken-Pendler ihre Gesundheit.

Heute Redaktion
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Bild: Reuters

Für ihren Job nehmen Millionen Pendler überfüllte Züge und Staus auf sich. Besonders Langstrecken-Pendler riskieren ihre Gesundheit.
Dabei kann ein langer Arbeitsweg negative soziale und psychische Auswirkungen haben. Eine Studie des Schweizer Ökonomen Bruno Frey weist darauf hin, dass Langstrecken-Pendler mit ihren Lebensumständen unzufriedener sind als Angestellte mit einem kurzen Arbeitsweg. Besonders, dass ihnen weniger Zeit bleibt, Freunde zu treffen und sich der Familie zu widmen, sorgt für Frust.

Bluthochdruck, Rückenschmerzen, Schlafstörungen

"Ein Arbeitsweg von 15 Minuten ist noch kein Problem, aber die Reisedauer von einer Stunde pro Weg und mehr kann zur Belastung werden", sagt Frey. Laut einer amerikanischen Studie reduziert sich bei einem Arbeitsweg von insgesamt 90 Minuten die verfügbare Zeit um 2 bis 3 Stunden pro Tag – weil sich Pendler daheim erst noch vom Arbeitsweg erholen müssen.

Der Stress, den überfüllte Züge oder Staukolonnen auf der Autobahn auslösen, kann auch gesundheitliche Schäden verursachen: Dazu gehören Bluthochdruck, Magen-Darm-Probleme, Kopf- und Rückenschmerzen oder Schlafstörungen. Einige Studien vermuten gar ein höheres Scheidungsrisiko oder den Hang zu Fettleibigkeit.

Dass bei einer längeren Pendeldistanz die Zufriedenheit abnimmt, erklärt Psychologe Christian Fichter damit, dass die negativen Aspekte wie das Warten in der Autokolonne oder im überfüllten Zug stärker ins Gewicht fallen. Laut einer Studie, in der Fichter 1.600 Pendler befragt hatte, ist die Mehrheit der Pendler mit ihrem Arbeitsweg aber zufrieden.

Pendeln wegen Traumjob und Einfamilienhaus

"Die meisten Leute pendeln auch große Distanzen, weil sie persönlich daraus einen Nutzen ziehen: Sie können ihren Traumjob zu einem guten Lohn ausüben und gleichzeitig in einem Einfamilienhaus auf dem Land wohnen", sagt Fichter. Die Leute seien sich bewusst, dass dies ohne das Pendeln wegen der explodierenden Mieten in den Städten unmöglich wäre.

Aber auch Fichter sieht die Probleme, die langes Pendeln auslösen kann. Denn bei zu großer Distanz und dem entsprechenden Zeitverlust kann das Pendeln die Vorteile vom Eigenheim und vom guten Job nicht mehr aufwiegen. Laut Fichter liegt die Grenze etwa bei 50 Minuten für einen Weg. Dann könne das "Ausgeliefertsein", das sich im Zug oder Auto einstelle, weil man nicht mehr über seine Zeit bestimmen könne, Stress auslösen: "Hält die Situation an, können Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Schlaflosigkeit die Folge sein."

Home-Office könnte Pendlermassen reduzieren

Fichter geht deshalb davon aus, dass die meisten Pendler, die unter ihrem langen Weg leiden, den Arbeits- oder Wohnort wechseln wollen. "Kurzfristig wird die Notwendigkeit des Pendelns für Angestellte nicht abnehmen", sagt Fichter. Erst in etwa zehn Jahren sei damit zu rechnen, dass neue Arbeitsformen wie Home-Office oder virtuelle Zusammenarbeit die Pendlerspitzen brechen könnten. Auch Bruno Frey glaubt daran, dass Pendeln weiterhin beliebt sein wird: "Bereits heute ist es für junge Menschen kaum möglich, in der Stadt zu arbeiten und nahe an ihrem Arbeitsplatz zu wohnen." Und dieser Trend werde sich in Zukunft noch zuspitzen.