Österreich

Ärmelloses T-Shirt – Wiener (36) fliegt aus Szene-Lokal

Ein Wiener wurde in der Leopoldstadt zum Fall für die Modepolizei: Weil seine Schultern nicht bedeckt waren, wurde er mit Lokalverbot belegt.

Christine Ziechert
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In die "Spelunke" dürfen nur Männer, deren Schultern bedeckt sind. Anwalt Michael Dohr vertritt einen Betroffenen.
In die "Spelunke" dürfen nur Männer, deren Schultern bedeckt sind. Anwalt Michael Dohr vertritt einen Betroffenen.
Denise Auer/picturedesk.com

Sexismus-Eklat der anderen Art in einem Wiener Szene-Lokal: Alex W. (Name geändert) wollte am 10. September einen gemütlichen Abend mit seinem Lebensgefährten verbringen. Für 21 Uhr hatte er einen Tisch für zwei in der "Spelunke" in der Taborstraße (Leopoldstadt) reserviert. Doch aus dem romantischen Date wurde leider nichts: "Ich hatte ein schlichtes, schwarzes T-Shirt ohne Ärmel an, das den gesamten Brustbereich bis zum Hals bedeckt hat. Der Restaurantleiter verwehrte mir aber den Zutritt mit der Begründung, dass Männer bei ihnen prinzipiell Kleidung tragen müssen, die die Schultern bedeckt", ist der 36-Jährige verärgert.

Das Paar musste unverrichteter Dinge wieder gehen, buchte aber gleich für den nächsten Abend wieder einen Tisch – diesmal erschienen die beiden Männer in "angemessener" Kleidung: "Als wir im Lokal waren, war ich total erstaunt, dass Frauen mit legeren Tanktops oder Shirts mit Spaghetti-Trägern ohne Probleme ins Lokal gelassen wurden – obwohl die Shirts viel mehr vom Schulter- und Brustbereich gezeigt haben, als bei mir am Tag zuvor", meint Alex W. Beim Verlassen des Restaurants sprachen er und sein Begleiter den Restaurantleiter darauf an: "Dieser meinte sinngemäß 'unter uns Männern', dass sich ja niemand daran stören könne, wenn bei Frauen mehr Haut zu sehen sei", so der 36-Jährige. 

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    EXPA / APA / picturedesk.com
    "Ich will mit dem Antrag bei der Gleichbehandlungskommission ein Zeichen gegen Diskriminierung setzen" - Alex W.

    Alex W. fühlte sich diskriminiert, eine außergerichtliche Lösung mit dem Lokal scheiterte. Sein Anwalt Michael Dohr stellte daher nun bei der Gleichbehandlungskommission einen Antrag auf Prüfung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes, da "der Betroffene beim Zugang zu Gütern, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, wegen seines Geschlechts zu seinem Nachteil (durch Verwehrung des Zutritts zum Lokal) anders behandelt wurde als Frauen. Diese Diskriminierung und Ungleichbehandlung ist sachlich nicht gerechtfertigt, da das Lokal nicht geschlechtsneutral auf elegante Kleidung abgestellt hat", heißt es in dem Antrag. Zudem sei weder auf der Homepage des Lokals noch sonst wo eine Kleiderordnung angeführt.

    "Ich wende mich an die Kommission, da ich die Geschlechter als ebenbürtig erachte und ein Zeichen gegen Diskriminierung setzen möchte", erklärt Alex W. diesen Schritt. Und Rechtsanwalt Michael Dohr ergänzt: "Es ist bedauerlich, dass im Jahr 2021 immer noch Diskriminierungen vorherrschen. Dass das Restaurant es begünstigt, wenn Frauen mehr Haut zeigen und dies Männern verwehrt, ist ein Produkt der Objektifizierung von Frauen. Es soll begünstigt werden, wenn Frauen das männliche Auge erfreuen. Dies ist ein Phänomen, welches in Teilen der Gesellschaft leider noch besteht."

    Gleichbehandlungskommission prüft den Fall

    Neben der Diskriminierung geht es Alex W. aber auch um die Unannehmlichkeiten und die Erstattung der Kosten eines Fahrtendienstes an jenem Abend. Diese will er – falls nötig – zivilrechtlich einklagen. Doch zuerst muss die Gleichbehandlungskommission den Fall prüfen und eine Stellungnahme des Lokalbetreibers anfordern. Danach wird entschieden, ob es zum Verfahren kommt oder nicht.

    "Heute" fragte beim Rechtsanwalt des Lokals um eine Stellungnahme an: "Die 'Spelunke' und ich haben uns natürlich um eine amikale Lösung bemüht, weil es sich um Stammgäste gehandelt hat. Meine Mandantschaft wollte die Herren auf einen Cocktail einladen. Seitens der Herren wurde jedoch der Ersatz von Fahrtkosten und die Zusage verlangt, dass die von uns dargestellten Bekleidungsvorschriften nicht mehr in Kraft seien und Männer und Frauen in Zukunft gleichermaßen behandelt werden. Meine Mandantschaft lehnte dies ab." Zudem sei dem Betroffenen gratis ein Leih-Hemd angeboten worden – Alex W. bestreitet dies.

    Bekleidungsvorschrift aus Sicht des Lokals rechtlich gedeckt

    Weiters erklärte der Jurist anhand eines ähnlichen Falles, dass aus rein rechtlicher Sicht das Vorgehen seines Mandanten rechtlich voll abgedeckt sei: "Die für derartige Beschwerden zuständige Gleichbehandlungskommission führte zu einer Ungleichbehandlung von Männern durch Bekleidungsvorschriften kürzlich aus, dass in einer derartigen Regelung einer Bekleidungsordnung kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot wegen des Geschlechts gemäß § 32 Abs 1 Gleichbehandlungsgesetz zu erkennen ist, weil in derartigen Fällen keine weniger günstige Behandlung des Betroffenen vorliegt." Frei übersetzt bedeutet dies: Eine Differenzierung zwischen Männern und Frauen (sofern sie sachlich begründet ist) führt nicht automatisch zu einer Schlechterstellung eines Geschlechts.