Wirtschaft
Airlines bieten wegen Corona "Flüge nach nirgendwo" an
Hauptsache im Flugzeug: Manche Airlines bieten aufgrund der Corona-Pandemie nun Flüge, die am gleichen Ort abfliegen und landen, an.
Drei Stunden im Flugzeug sitzen, nur um dann am gleichen Ort auszusteigen, wo man abgeflogen ist – solche "Flüge nach nirgendwo"will Singapore Airlines nächsten Monat lancieren, wie lokale Medien berichten. Das Angebot soll Passagieren, die wegen der Pandemie das Fliegen vermissen, die Möglichkeit geben, die Welt mal wieder von oben zu sehen.
Sollte das Angebot Anklang finden, wäre das eine Möglichkeit, Flugzeuge und Crew einzusetzen, ohne dabei Geld zu verlieren. Andere Airlines haben bereits gezeigt, dass es Nachfrage gibt: Royal Brunei Airlines lancierte im August "Dine & Fly", ein Flugzeugbrunch, währenddessen der Pilot wie ein Tourguide über die Sehenswürdigkeiten der unten vorbeiziehenden Landschaft erzählt. Laut der Airline waren die Tickets innerhalb von 48 Stunden ausverkauft.
In Australien nutzt Qantas neuerdings den Boeing 787 Dreamliner für Flüge in die Antarktis – ebenfalls ohne Landung. Der Tagesausflug über den weißen Kontinent kostet zwischen 750 und 5000 Euro. Laut Website sind für die Saison 2020/2021 bereits nur noch wenige Tickets übrig, und einige der Flüge sind komplett ausgebucht.
"Menschen vermissen die Aufregung"
Für die Beliebtheit solcher Angebote gibt es laut William Agius, Aviatik-Experte an der ZHAW, verschiedene Gründe. "Einige Menschen vermissen sicher die Aufregung, die mit einer Flugreise verbunden ist." Andere seien darauf aus, trotz der Krise Flugmeilen zu sammeln, ohne im Ankunftsland in Quarantäne gehen zu müssen.
Denn wer viel mit einer Airline fliegt, erhält als Vielflieger verschiedene kleine Vorteile, auf die manche Passagiere nicht verzichten wollen. Diesen Vielfliegerstatus muss man allerdings erhalten, indem man weiterhin regelmäßig fliegt, sonst verliert man auch die Vorteile.
Viele weitere Airlines haben nun begonnen, ähnliche Flüge nach nirgends durchzuführen – hauptsächlich in Asien. Das liegt laut Agius wohl daran, dass man dort noch wesentlich weniger auf das Umwelt-Thema sensibilisiert sei als etwa in Europa.
"Blanker Unsinn"
Auch Priska Seiler Graf, SP-Nationalrätin und Co-Präsidentin der Koalition Luftverkehr, Umwelt und Gesundheit, kann sich nicht vorstellen, dass etwa in der Schweiz mal derartige Flüge eingeführt werden könnten: "Diese Rundflüge mit Großraumflugzeugen sind blanker Unsinn." Gerade in einer Zeit, in der Hitze und Brände viele Menschen bedrohen, seien solche Angebote, die viel CO₂-Ausstoß verursachen, ohne einen Mobilitätsbedarf zu decken, völlig unverständlich.
Bei der Swiss werden solche Flüge denn auch gar nicht in Erwägung gezogen, wie Swiss-Sprecherin Meike Fuhlrott auf Anfrage sagt: "Auch aus ökologischen Gesichtspunkten kommt es in keinster Weise infrage." Die Swiss konzentriere sich derzeit darauf, einen nachfragegerechten und stabilen Flugplan anzubieten.
Ein- und Aussteigen, ohne Abheben
Es gibt aber auch umweltfreundlichere Varianten solcher Flüge: Einige Flugzeuge heben dabei gar nie ab. Der Songshan-Flughafen in Taipei lancierte diesen Sommer eine "tu so, als ob du das Land verlässt"-Tour. In diesem Rahmen können Passagiere den Flughafen besichtigen, ein Flugzeug boarden und dann durch die Zollabfertigung wieder zurückkehren, ohne je abgeflogen zu sein.
Songshan bietet diese halbtägigen Fake-Reisen unter anderem deswegen an, weil der Flughafen erst kürzlich ausgebaut worden war. Auch wenn man derzeit nicht ins Ausland kann, sollen Interessierte trotzdem den neuen Flughafen kennen lernen. Und das Interesse war groß: 7.000 Personen meldeten sich an, 180 nahmen an den drei Fake-Flügen im Juli teil. Mittlerweile wurden weitere Touren angekündigt.
Flugzeug-Restaurant
Noch einmal etwas anders macht es Thai Airways: Die Airline hat in Bangkok ein Restaurant eröffnet – das Erlebnis ist dem an Bord eines Flugzeugs der Airline nachempfunden: Man nimmt Platz auf Flugzeugsitzen, zu essen gibts Flugzeugmahlzeiten, und man erhält auch noch einen Boarding Pass als Souvenir.
Für Thai Airways dürfte das eine Art Verzweiflungstat sein: Denn die Flugzeuge des Unternehmens sind seit Mai am Boden, und die Airline hat bei den Behörden Insolvenzschutz beantragt.