Österreich

AK-Chef Wieser: "Lohnraub durch 12-Stunden-Tag"

Arbeiterkammer Niederösterreich-Präsident Markus Wieser über den 12-Stunden-Tag, Mindesteinkommen, Lehre für Asylwerber und den Zustand der SPÖ.

Heute Redaktion
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Heute": In einem halben Jahr (Anm.: 20. März bis 2. April 2019) sind schon wieder AK-Wahlen in NÖ. Warum ist die FSG in NÖ und in sechs weiteren Bundesländern stärkste Kraft?

Markus Wieser: Weil die sozialdemokratische Gewerkschaft die Interessen der Arbeitnehmer seit Jahrzehnten spürbar und glaubwürdig vertritt. Das beginnt schon in den Firmen beim Betriebsrat, sofern es einen gibt.

Heute": 12-Stunden-Tag. Was halten Sie vom neuen Gesetz?

Wieser: Zuerst muss man festhalten, dass ein 12-Stunden schon davor möglich war. Anders ist jetzt, dass die Mitbestimmung des Betriebsrates und der Arbeitsmedizin wegfällt und das ist schlecht. Und den Arbeitnehmern wird auch Lohn geraubt.

Heute": Konkret - was verstehen Sie unter „Lohnraub"?

Wieser: Nehmen wir Gleitzeit her, rund eine Million Arbeitnehmer arbeiten Gleitzeit. Jetzt sind es zwölf statt zehn Stunden, das heißt der Zuschlag für die elfte und zwölfte Stunde entfällt. Rechnet man das auf ein Jahr hoch, erhalten die Arbeitnehmer 1,5 Milliarden Euro weniger - und das ist Lohnraub.

Heute": Unternehmer, Industrie sehen aber viele Vorteile im 12-Stunden-Tag ...

Wieser: Na klar, die Industrie hat viel in die mündelsichere Aktie (Anm.: Kanzler Kurz) investiert und fährt jetzt die Dividende ein.

Heute": Krankenkassa, AUVA - was glauben Sie wird kommen?

Wieser: So wie es aussieht kommt eine österreichische Gesundheitskassa.

„Heute": Bedingungsloses Grundeinkommen ja oder nein?

Wieser: In Zukunft könnte für eine bestimmte Bevölkerungsgruppe das Grundeinkommen sinnvoll sein – denn die Menschen werden mehr und älter. Und auch von dieser Gruppe muss Geld in die Wirtschaft fließen. Noch wichtiger wäre ein Mindeseinkommen von 1.700 Euro laut Kollektivvertrag und zwar sofort.

Heute": Lehre für Asylwerber und subsidär Schutzberechtigte - sind Sie dafür oder nicht?

Wieser: Ja, eine Lehre sollte auf jeden Fall beendet werden, alles andere ist menschlich und betrieblich ein Wahnsinn. In NÖ gibt es 43 asylansuchende Lehrlinge unter 25 Jahren. Wichtig ist vor allem, dass Rechtssicherheit geschaffen wird und die Asylverfahren beschleunigt werden.

Heute": Die Welt im digitalen Wandel, die Welt wird immer schneller. Wie sehen Sie diese Entwicklung?

Wieser: Ich merke es bei den Menschen, viele haben Ängste, Furcht nicht mitzukommen oder durch den Rost zu fallen. Mir geht es darum den Menschen die Ängste zu nehmen.

Heute": Wie beurteilen Sie den Zustand der SP in Österreich, sind Sie zufrieden mit der Gesamtsituation?

Wieser: Nein, mit der Situation bin ich sicher nicht glücklich. Man muss aber einwerfen, dass die Menschen, ob SP-Wähler oder nicht, eine hohe Erwartungshaltung an die SP haben. Die SP wird dann oft zu Unrecht abgestraft. Und: Die guten Ratschläge von außen sind entbehrlich.

Heute": Und was sagen Sie zu den jüngsten Rücktrittsforderungen der VP in Richtung NÖ-Parteichef Franz Schnabl?

Wieser: Man merkt durch die Person Schnabl, dass die SPNÖ wieder aktiv ist. (Lie)

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