Wirtschaft

AK warnt nach Urteil vor "Teilkrankenstand"

Heute Redaktion
Teilen
Picture
Bild: Fotolia

Wirbel um ein Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH) zum Thema Erreichbarkeit von Arbeitnehmern im Krankenstand: Arbeiterkammer und Gewerkschaft kritisieren die höchstgerichtliche Entscheidung: "Der OGH stößt hier die Tür zum Teilkrankenstand auf", so der steirische AK-Präsident Josef Pesserl.

Arbeiterkammer und Gewerkschaft kritisieren die höchstgerichtliche Entscheidung: "Der OGH stößt hier die Tür zum Teilkrankenstand auf", so der steirische AK-Präsident Josef Pesserl.

Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) erklärte am Dienstag, dass Arbeitnehmer auch krank sein dürfen. Kranke brauchen einen Schutz und eine Freistellung sei im Krankheitsfall "sinnvoll", so Stöger. Die Grenzziehung sei immer im Einzelfall zu treffen. Es sei grundsätzlich auch nicht gut für Unternehmen, wenn Kranke in den Betrieb geholt würden, meinte der Gesundheitsminister: "Arbeitnehmer müssen auch krank sein dürfen."

Hundstorfer: "Grenzfälle"

Für Hundstorfer zeigt das Urteil "Grenzfälle" auf: "Die Frage ist, was ist wichtig, geht es nicht anders? Kann nicht der Chef zum Mitarbeiter kommen?" Seiner Meinung nach werde es weiterhin Grenzfälle, was die Erreichbarkeit von kranken Mitarbeitern betrifft, geben.

Für AK-Pesserl ist die Entscheidung unverständlich, weil hier keine Rechtslücke bestanden habe, die geschlossen werden hätte müssen: "Die einzige Verpflichtung bisher war, dass man im Krankenstand alles tun muss, um gesund zu werden." Dieses jahrzehntelange Prinzip sei nun durchbrochen worden: "Entweder ist jemand arbeitsfähig oder nicht. Darüber kann nur ein Arzt entscheiden." Pesserl fordert, dass das Urteil durch den Gesetzgeber repariert wird.

"Wer krank ist, muss nicht ständig erreichbar sein"

Die Gewerkschaft pocht auf eine Klarstellung: "Wer immer dieses Urteil als Freibrief dafür versteht, ArbeitnehmerInnen im Krankenstand zu kontaktieren, der hat es offensichtlich falsch verstanden", kommentiert Wolfgang Katzian, Vorsitzender der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier (GPA-djp), in einer Aussendung. "Wer krank ist, muss natürlich nicht für den Chef ständig erreichbar sein, wie das einige vorschnelle Reaktionen auf ein aktuelles OGH-Urteil interpretieren."

"Gilt nur bei möglichem wirtschaftlichen Schaden"

Davon sei im Spruch der Höchstrichter auch nicht die Rede: Der OGH vertrete die Meinung, dass Arbeitnehmer erreichbar sein müssen, wenn es um unbedingt erforderliche Informationen geht, deren Vorenthaltung zu einem wirtschaftlichen Schaden des Arbeitgebers führen würde, in einem Ausmaß - etwa telefonisch - das ihren Genesungsprozess nicht beeinträchtige. Davon seien nur sehr wenige Arbeitnehmer in gehobenen Positionen betroffen.

Appell an Arbeitgeber

Katzian setzt auf die Verantwortung der Arbeitgeber, Arbeitnehmer im Krankenstand nicht unnötig zu kontaktieren. Vor allem in größeren Unternehmen sei die Frage der generellen Erreichbarkeit ohnehin durch Betriebsvereinbarungen geklärt. "In diesem Sinne sind auch die zahlreichen rechtlichen Empfehlungen, im Zweifelsfall das Handy abzuheben, wenn der Chef anruft, beziehungsweise seine Mails zu beantworten, hinfällig. Dienstliche Telefonate im Krankenstand werden daher weiterhin die Ausnahme bleiben, so Katzian. Für rechtlichen Rat stünde die GPA-djp zur Verfügung.