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Asylsuchende muss 18 Jahre ins Gefängnis

Heute Redaktion
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Die Frau musste sich vor dem Obergericht Zürich verantworten.
Die Frau musste sich vor dem Obergericht Zürich verantworten.
Bild: Reuters

Eine abgewiesene Asylsuchende, die fast ihre Betreuerin getötet haben soll, stand in der Schweiz vor Gericht. Dieses verurteilte die Frau wegen versuchten Mordes.

Schädeldurchstich, vollständige Erblindung eines Auges, Entstellung des Gesichts – das ist eine Auswahl der Verletzungen, die eine Betreuerin im Durchgangszentrum Embrach in der Schweiz im November 2015 erlitt. Rund 20-mal schlug eine 34-jährige Frau aus der Elfenbeinküste mit einer 43 Zentimeter langen machetenartigen Stichwaffe, als "Praxe" bekannt, auf sie ein. Erst als sich das Opfer totstellte, hörten die Schläge auf.

Dann spritzte die abgewiesene Asylsuchende das schwerverletzte Opfer laut Anklageschrift mit Brennspiritus an, ohne diesen zu entfachen. Anschließend flüchtete sie mit einer Perücke und sauberer Kleidung durchs Fenster. Die Polizei konnte die Täterin noch am gleichen Tag in Kloten verhaften. Nun stand sie vor Gericht, nachdem sie Berufung gegen ein früheres Urteil wegen versuchten Mordes eingelegt hatte.

Verteidigung plädierte auf Tötung

Die Beschuldigte gab an, dass es ihr sehr schlecht geht. "Ich bin unglücklich, im Gefängnis zu sein." Sie nehme ab und zu Medikamente und werde von einer Psychologin betreut. Sie erhält aber laut eigenen Angaben auch Besuch von mehreren Personen. Der Richter fasst das psychologische Gutachten zusammen: Es sei festgestellt worden, dass die Beschuldigte keine schwere psychische Störung im engeren Sinne habe. Sie leide an einer Anpassungsstörung, nehme ihre Umwelt als feindlich wahr und sehe sich als Opfer.

Es fehle der Tat der nötigen Grausamkeit, erklärte die Verteidigung: Es sei nie das Ziel der Beschuldigten gewesen, dem Opfer für die Tötung unnötiges Leid zuzufügen. Sie hätte etwa durchaus Zeit und Mittel gehabt, um das mit Brennspiritus angespritzte Opfer anzuzünden. Das hat sie aber nicht getan. Deshalb plädiert der Verteidiger auf Tötung. Ebenso führt er an, dass die Erklärung für die Tat in der wachsenden Ohnmacht zu finden sei. "Die psychische Belastung hatte sich wegen des bevorstehenden Umzugs verstärkt." Umzug bedeutet, dass die Asylsuchende ihre Unterkunft hätte wechseln sollen.

"Wie durch ein Wunder überlebt"

Die Beschuldigte habe inständig gebeten zu erwähnen, dass sie baldmöglichst in ihr Heimatland wolle, hieß es vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft verlangte dagegen die Bestätigung des Ersturteils vom Bezirksgericht Bülach. Perfider und skrupelloser könne eine solche Tat nicht sein. Die Qualen des Opfers seien unvorstellbar und nicht in Worte zu fassen: "Wie durch ein Wunder überlebte das Opfer das Massaker."

Der vorsitzende Richter verkündete schließlich Dienstagnachmittag das Urteil: Die Beschuldigte muss wegen versuchten Mordes 18 Jahre ins Gefängnis. Die Strafe ist damit gleich hoch wie im Urteil des Bezirksgerichts Bülach zuvor. Für das Gericht stehe ohne Zweifel fest, dass die Beschuldigte mit direktem Tötungsvorsatz gehandelt hat: "Sie hat mit großer Wucht und völlig unkontrolliert auf den Schädel eingehackt." Die vielen Verletzungen würden die ungeheure Brachialgewalt zeigen. Von Reue sei nichts zu sehen. Vielmehr habe sich die Angeklagte vor Gericht selbst bemitleidet. (tam)