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Austro-Türken wettern gegen Hagia Sophia als Moschee

"Die Hagia-Sophia-Entscheidung ist mit unserem Gewissen und Religionsverständnis nicht zu vereinbaren", so die Türkische Kulturgemeinde in Österreich.

Roman Palman
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Gläubige beten vor der Hagia Sophia. (23. Juli 2020)
Gläubige beten vor der Hagia Sophia. (23. Juli 2020)
picturedesk.com/AFP/Ozan Kose

Die weltberühmte Hagia Sophia in Istanbul wird künftig nur als Moschee genutzt und am Freitag wurde darin das erste muslimische Freitagsgebet abgehalten. Das ist für die Türkische Kulturgemeinde in Österreich (TKG) der Stein des Anstoßes, öffentlich Kritik an Erdogans Umwandlung des historischen Bauwerks zu üben.

"Für uns als Anhänger und Unterstützer der modernen Türkei ist es mit unserem Gewissen und Religionsverständnis nicht zu vereinbaren, dass das Hagia Sophia Museum im 21. Jahrhundert, wo man eigentlich viel mehr christlich-muslimische Brückenbauprojekte bräuchte und dringend sucht, durch das Missbrauchen und Politisieren der Religion wieder in eine Moschee umwandelt wird. Wir erheben hier Einspruch", schreibt die TKG in einer Aussendung am Freitag.

Massenansturm auf das erste Freitagsgebet am Gelände der Hagia Sophia nach ihrer Umwandlung in eine Moschee. (24. Juli 2020)
Massenansturm auf das erste Freitagsgebet am Gelände der Hagia Sophia nach ihrer Umwandlung in eine Moschee. (24. Juli 2020)
picturedesk.com/AP/Yasin Akgul

➤ 1935 wurde die Hagia Sophia unter Mustafa Kemal Atatürk, dem Gründer der säkularen Republik Türkei, von einer Moschee zu einem Museum umfunktioniert, das jährlich Hunderttausende Besucher anzieht. Vor der Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen vor über 570 Jahren war die Hagia Sophia das größte Gotteshaus der (orthodoxen) Christenheit.

"Brauchen Feuerlöscher, keine Brandstifter"

Über Jahrzehnte hinweg sei das Museum ein Symbol für Völkerverständigung und religiöse Toleranz in der modernen Türkei gewesen. "Im Herzen haben wir bei jedem Besuch der Hagia Sophia etwas gelernt: Wir sind alle Brüder und Schwestern, wir können voneinander vieles lernen und wünschen uns Friede daheim und Friede in der Welt", so Obmann Birol Kilic und betont: "Wir wollen im 21. Jahrhundert Frieden und keinen Hass oder Vorurteile. Wir brauchen daheim und in der Welt mehr Feuerlöscher als Brandstifter."

Obmann der Türkischen Kulturgemeinde in Österreich, Birol Kilic
Obmann der Türkischen Kulturgemeinde in Österreich, Birol Kilic
picturedesk.com/APA

Was sagt der Koran?

Die Türkische Kulturgemeinde stützt sich dabei auf den Koran. In der Sure Hac – Vers 40 heißt es demnach, dass es verboten ist, alte Gotteshäuser in Moscheen umzuwandeln. Die Begründung trage einen deutlichen Internationalen Charakter, der an die Menschheit gerichtet sei: nämlich "den Schutz von Klöstern, Kirchen, Synagogen und Moscheen, in denen der Name Gottes oft genannt wird".

Mit diesen Worten bestätigt der Koran, dass die Moschee nicht der einzige Platz ist, der im Namen des einen Gottes gewählt wird. "Wir verstehen das so, dass allen religiösen Gemeinschaften die Unversehrtheit ihrer Gotteshäuser zusteht", so Kilic weiter." Mit der Umwandlung der Hagia Sophia in eine Moschee sende die Türkei nicht nur ein falsches Signal an alle Muslime und Christen, sondern setze auch ihre Funktion als Brückenbauerin zwischen Orient und Okzident aufs Spiel.

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